Rückkehr nach Brescia Balotelli am Tiefpunkt – nur Lucien Favre konnte ihn bändigen

Von Tobias Benz

19.8.2019

Mario Balotelli lag die Fussball-Welt einst zu Füssen. Nun kämpft er gegen die Bedeutungslosigkeit.
Mario Balotelli lag die Fussball-Welt einst zu Füssen. Nun kämpft er gegen die Bedeutungslosigkeit.
Bild: Getty

Mit 29 Jahren kehrt Mario Balotelli in seine Heimatstadt Brescia zurück. Es ist der neuste Tiefpunkt einer verrückten Karriere. Der Einzige, der das «Enfant terrible» zu bändigen wusste, war Lucien Favre.

Seine Profikarriere startet Mario Balotelli bei Inter Mailand. Der mit drei Jahren von einer italienischen Familie aufgenommene Sohn ghanaischer Einwanderer durchläuft die Nachwuchsabteilung der «Nerazzurri» im Eiltempo. Er gibt sein Serie-A-Debüt im Dezember 2006.

Nur ein halbes Jahr später zerstreitet er sich mit Inter-Trainer José Mourinho und wird bereits als 17-Jähriger zum ersten Mal aus einem Kader gestrichen. Nach einem halben Jahr findet er den Weg zurück in die Mannschaft und spielt gross auf. Dem Stürmer wird eine beispiellose Karriere prophezeit und 2010 wechselt er – nachdem er im Champions-League-Halbfinale gegen Barcelona sein Trikot demonstrativ zu Boden wirft und daraufhin von Inter-Präsident Massimo Moratti beurlaubt wird – zu Manchester City in die Premier League.

Manchester City

Ab jetzt geht es für den frisch eingebürgerten Italiener eigentlich nur noch abwärts. Bereits nach wenigen Tagen fährt er seinen R8 im britischen Linksverkehr an die Wand und antwortet auf die polizeiliche Frage, weshalb er 5’000 Pfund in bar dabei hätte mit den Worten: «Weil ich reich bin.»

Mario Balotelli holte bei Manchester City in 80 Spielen 22 gelbe und 4 rote Karten.
Mario Balotelli holte bei Manchester City in 80 Spielen 22 gelbe und 4 rote Karten.
Bild: Getty

In der Folgezeit wird Balotelli zum lebendigen Beispiel eines jungen Fussballers, der mit seiner plötzlichen Bekanntheit, dem Druck und dem Geld nicht umgehen kann. Die Bezeichnung: «Zwischen Genie und Wahnsinn» passt wie die Faust auf's Auge. In seinen zweieinhalb Jahren bei den «Citizens» wirft «Super Mario» Dartpfeile nach Jugendspielern, zündet sein Badezimmer mit Feuerwerkskörpern an und verhält sich auf dem Fussballplatz entweder übermässig aggressiv, total arrogant oder einfach nur völlig gelangweilt.

Bei einer Trainingseinheit im Januar 2013 kommt es zu Handgreiflichkeiten zwischen Balotelli und City-Trainer Mancini, die beiden müssen voneinander getrennt werden und der Stürmer kehrt kurz darauf in die Serie A zurück. Nach drei schlechten Jahren bei der AC Milan und dem FC Liverpool wechselt Balotelli im Sommer 2016 zum OGC Nizza. Unterdessen sind Vertragsklauseln, die ein gutes Benehmen des Italieners vorschreiben, völlige Normalität.

Nizza und Favre

In der Ligue 1 erlebt der inzwischen 26-Jährige die beste Zeit seiner Karriere. Unter Lucien Favre kann der 1,89m grosse Angreifer seine Auffälligkeiten auf ein Minimum reduzieren und trifft in 66 Spielen 44 Mal. Der Schweizer Trainer scheint der erste Mentor zu sein, dem es gelingt, den wilden Italiener zu bändigen. «Er ist richtig glücklich. Mario spürt, dass ihn die Leute hier mögen, dass sie ihn akzeptieren. Und er begreift meine Kritik», so der 61-Jährige damals.

Offenbar scheint der Schweizer einen enormen Einfluss auf Balotelli zu haben, denn als Favre Nizza in Richtung Dortmund verlässt, verwandelt sich der Stürmer wieder in das alte Sorgenkind. Unter dem neuen Trainer Patrice Vieira kommt er zu spät und mit Übergewicht aus den Ferien zurück. Daraufhin würde ihn dieser liebend gerne mal «am Kleiderständer aufhängen». Nach nur einem halben Jahr verlässt auch Balotelli den OGC und gibt sich ein halbes Jahr bei Olympique Marseille die Ehre. Auffällig: Der Selfie-Jubel nach einem Tor gegen Saint-Etienne.



Noch ein letzter Schritt?

Fussballerisch kann er nicht an seine Leistungen unter Favre anknüpfen und so zieht es ihn nun im Sommer 2019, im Alter von 29 Jahren zurück in seine Heimat nach Brescia. Der Wechsel kommt einem Rücktritt gleich und trotzdem: Noch ist nicht alles verloren.

In der 200’000-Einwohner-Stadt in der Lombardei ist man von der Rückkehr Balotellis begeistert. Seit Bekanntgabe des Transfers stehen die Fans für Dauerkarten Schlange. Hier, wo er herkommt, könnte es dem italienischen Nationalspieler vielleicht endlich gelingen, sein enormes Potenzial doch noch auszuschöpfen. Ein grosser Transfer ist in diesem Alter zwar nicht mehr zu erwarten, aber Brescia spielt immerhin in der Serie A. Vielleicht noch ein Abstecher zu Juventus Turin?

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