Marokko sorgt für die grosse Überraschung und zieht zum ersten Mal in seiner Geschichte in einen WM-Viertelfinal ein. Die Nordafrikaner setzen sich gegen Spanien nach 120 torlosen Minuten im Penaltyschiessen sicher mit 3:0 durch.
Goalie Bono und Achraf Hakimi waren am Ende die grossen Figuren im Team der Marokkaner – ausgerechnet Bono und Hakimi. Ersterer spielt beim FC Sevilla in Spanien und hielt zwei Penaltys; Hakimi ist in Madrid geboren und machte mit dem letzten Versuch den Viertelfinal-Einzug perfekt.
Den Spaniern versagten im Penaltyschiessen nach einer bereits zuvor enttäuschenden Leistung komplett die Nerven. Pablo Sarabia, Carlos Soler und Sergio Busquets verschossen allesamt. Dabei hatte Trainer Luis Enrique im Vorfeld so vehement auf die Bedeutung des Penaltyschiessens aufmerksam gemacht. Schliesslich war Spanien an der letzten EM im Halbfinal in der Kurzentscheidung an Italien gescheitert.
Dass mit Sarabia und Soler zwei Spanier vom Elfmeterpunkt scheiterten, die extra dafür im Verlauf der Verlängerung eingewechselt worden waren, passte zum unglücklichen Auftritt der Iberer. Der Weltmeister von 2010, der mit einem so spektakulären und überzeugenden 7:0 gegen Costa Rica ins Turnier gestartet war, konnte seither nicht mehr überzeugen – auch nicht gegen Marokko. Zwar waren die Spanier wie gewohnt viel öfter am Ball als der Gegner, aber sie machten darauf nichts Zählbares.
Ein Schuss ans Aussennetz von Marco Asensio und ein direkter Freistoss von Dani Olmo war lange Zeit das Beste, das die Spanier zustande brachten. Erst ganz zum Schluss der Verlängerung bot sich Sarabia die Möglichkeit zum Lucky Punch. Sein Schuss traf in der 122. Minute nur den Pfosten, etwas später scheiterte er als erster Penaltyschütze der Spanier noch einmal an der Torumrandung.
Marokko wehrte sich geschickt. Mit zwei dicht gestaffelten Reihen machte die Nordafrikaner die Räume eng und fielen mit viel Einsatz und der nötigen Zweikampfhärte über die flinken Spanier her, wenn diese sich denn Mal in die Nähe des gegnerischen Strafraums spielten. In der Vorwärtsbewegung brillierte auch Marokko nicht. Auch die Marokkaner hatten ihre beste Chance in der Verlängerung durch den eingewechselten Walid Cheddira, der im letzten Frühjahr mit Bari in die zweithöchste italienische Liga aufgestiegen ist. Er scheiterte aus idealer Position an Spaniens Goalie Unai Simon.
Mit viel Geduld warteten die Marokkaner auf ihre Chance und wurden damit der Vorstellung ihres Trainers Walid Regragui gerecht, der schon vor dem Turnier eine europäischere Spielweise von seinem Team gefordert hatte. Durch den Sieg gegen Spanien wurde Regragui zum ersten afrikanischen Trainer, der den Einzug in einen WM-Viertelfinal geschafft hat.
Nachdem Marokko vor 36 Jahren beim ersten Versuch im WM-Achtelfinal an Deutschland gescheitert war, klappte es diesmal mit dem Einzug unter die letzten acht. Marokko ist dort das einzige Team, das nicht aus Südamerika oder Europa kommt.
Das Telegramm
Marokko - Spanien 0:0 n.V., 3:0 i.P.
Education City Stadium, Al-Rayyan. - 44'667 Zuschauer. - SR Rapallini (ARG). Penaltyschiessen (Marokko beginnend): Sabiri 1:0, Sarabia (Pfosten); Ziyech 2:0, Soler (Bono hält); Benoun (Simon hält), Busquets (Bono hält); Hakimi 3:0.
Marokko: Bono; Hakimi, Aguerd (84. El Yamiq), Saïss, Mazraoui (82. Attiyat Allah); Ounahi (120. Benoun), Amrabat, Amallah (82. Cheddira); Ziyech, En-Nesyri (82. Sabiri), Boufal (66. Ezzalzouli).
Spanien: Simon; Llorente, Rodri, Laporte, Alba (98. Balde); Busquets; Gavi (63. Soler), Pedri; Ferran Torres (75. Williams, 118. Sarabia), Asensio (63. Morata), Olmo (98. Fati).
Bemerkungen: Beide Mannschaften komplett. 123. Pfostenschuss Sarabia. Verwarnungen: 77. Laporte. 90. Saïss.