Vertragsverlängerungen für Trainer in Basel sind eine Seltenheit – umso überraschender ist, dass der Kontrakt des vermeintlich angezählten Patrick Rahmen nun verlängert wurde. Das hat nicht einmal Urs Fischer geschafft. Doch ist Rahmen auch wirklich der beste FCB-Coach seit Fischer?
Am letzten Spieltag der Hinrunde schien nicht mehr für einen Verbleib von Patrick Rahmen als FCB-Trainer zu sprechen. Klubboss David Degen verzichtete öffentlich auf Rückendeckung für den Coach und sagte, dass man «in den letzten Spielen den Ansprüchen des FC Basel nicht gerecht geworden» sei.
Gegen GC gab es dann zuhause nur ein 2:2 – das vierte Ligaspiel in Folge, dass der FCB nicht gewinnen konnte. Der Rückstand auf Leader FCZ beträgt nun sieben Punkte und Meister YB, den man zwischenzeitlich etwas abhängen konnte, sitzt dem FCB wieder im Nacken.
Doch Patrick Rahmen erhält am Silvestertag ein verspätetes Weihnachtsgeschenk: Er darf nicht nur bleiben, sein 2022 auslaufender Vertrag wird auch vorzeitig bis im Sommer 2023 verlängert.
Das ist durchaus überraschend, denn seit Christian Gross hat kein Trainer des FC Basel mehr eine Vertragsverlängerung erhalten – mit Ausnahme von Marcel Koller, dessen auslaufender Vertrag in der unterbrochenen Corona-Saison 2019/20 noch bis zum Saisonende im August verlängert wurde.
Doch Rahmen hat sich die Wertschätzung verdient. Er hat es geschafft, Ruhe in einen kriselnden Klub zu bringen und den FCB auch wieder zu einem Meisterkandidaten gemacht. Auch von Führungsspielern, die sich etwa in der Amtszeit von Marcel Koller gegen den Trainer stellten, geniesst Rahmen hohe Anerkennung.
Die Sehnsucht nach Erfolg
Nicht einmal Urs Fischer wurde 2017 eine Vertragsverlängerung angeboten – trotz Double-Gewinn und einem Punkteschnitt von 2,19 Zählern pro Partie musste Fischer im Sommer 2017 gehen. Die Spielweise des Zürchers soll den Bebbi zu unattraktiv gewesen sein. Längst ist in Basel allen klar, dass das damals ein grosser Fehler war.
Während es Fischer nach Deutschland zog, wo er mit Union Berlin die Bundesliga aufmischt, gewann der FCB seither gerade einmal einen Titel: 2019 den Cup. Weder Raphael Wicky noch Marcel Koller oder Ciriaco Sforza wurden den Ansprüchen der Klubführung gerecht. Rahmen scheint nun mehr Vertrauen zu geniessen. Doch ist er auch wirklich der beste FCB-Trainer seit Urs Fischer? Wir machen den Check.
Juli 2017 bis Juli 2018
Raphael Wicky
Er war der erste Trainer unter der Führung von Bernhard Burgener, der den Klub nach dem Abgang des Erfolgsduos Bernhard Heusler und Georg Heitz übernahm. Trotz der Ankündigung, dass man in Basel nach acht Meistertiteln in Folge wohl wieder etwas kleinere Brötchen backen muss, war man mit Wicky, der zuvor die U21 des FCB coachte, rasch nicht mehr zufrieden. Obwohl die Resultate gar nicht so schlecht waren.
Der FCB wurde mit 2017/18 mit 15 Punkten hinter YB Zweiter und scheiterte im Cup-Halbfinal an den Young Boys. Gleichzeitig spielte Basel die beste Champions-League-Kampagne der Klubgeschichte. Mit zwölf Punkten aus sechs Spielen in einer Gruppe mit Manchester United, Benfica Lissabon und ZSKA Moskau zogen die Bebbi in die Achtelfinals ein und scheiterten da trotz Auswärtssieg im Rückspiel an Manchester City.
Die Siege gegen City und United gingen aber schnell vergessen, so musste Wicky in der darauffolgenden Saison bereits nach dem zweiten Saisonspiel (nach Niederlagen in der Liga und in der Champions-League-Quali) seine sieben Sachen packen.
August 2018 bis August 2020
Marcel Koller
Zahlen und Fakten
- Spiele als FCB-Trainer: 101
- Punkteschnitt: 2,0
- Titel: 1 (Cupsieg 2019)
Es folgte Marcel Koller – und mit ihm die zwei vielleicht turbulentesten Jahre in der jüngeren Vereinsgeschichte des FC Basel. Auch wegen Corona. Koller schaffte es nicht, sich für die Europa League zu qualifizieren, und auch in der Liga musste man YB klar den Vortritt lassen. Diesmal betrug der Rückstand auf den Meister sogar 20 Punkte.
Erstmals seit 17 Jahren verpasste der FCB den Europacup, zudem gab es eine 1:7-Klatsche gegen YB und zu guter Letzt auch noch einen Spieleraufstand gegen den Trainer – und das alles in nur wenigen Monaten. Koller hätte seinen Posten wohl längst räumen müssen, hätte er die Bebbi nicht doch noch einmal jubeln lassen: Er führte den FCB 2019 nämlich zum Cupsieg – es ist der bislang neueste Titel im Trophäenschrank des Klubs.
So durfte Koller seinen Zweijahresvertrag doch noch erfüllen – und wird letztlich wohl doch eher gut als schlecht in Erinnerung behalten. Zwar schaffte er es auch seiner zweiten Saison nicht, den Bernern gefährlich zu werden, aber er führte den FCB in der Europa League bis in den Viertelfinal und im Cup erneut in den Final (Niederlage gegen die Young Boys). Und Koller holte im Schnitt pro Spiel 2,0 Punkte – der höchste Wert aller FCB-Trainer seit Fischers Abgang.
September 2020 bis April 2021
Ciriaco Sforza
Sforza und der FC Basel – ein grosses Missverständnis. Und das von Anfang an. Noch bevor der FCB den neuen Trainer offiziell vorstellte, verkündete der damalige Wil-Trainer am Rande eines Testspiels im «Blick» seinen bevorstehenden Wechsel nach Basel.
Nach einer 1:2-Heimpleite gegen den späteren Absteiger Vaduz war das Abenteuer im April 2021 nach nur sieben Monaten wieder vorbei. In Erinnerung bleibt neben dem Verpassen des Europacups auch die peinliche 2:6-Blamage gegen Challenge-Ligist Winterthur. Und Sforza hat den schlechtesten Punkteschnitt eines FCB-Trainers seit 1997.
April 2021 bis ?
Patrick Rahmen
So durfte Co-Trainer Patrick Rahmen im April dieses Jahres Sforza zunächst interimistisch beerben – und er schaffte es, wieder etwas Ruhe in den Verein und die Mannschaft zu bringen. Der FCB verbesserte sich von Rang 5 auf 2 und bekam so die Chance auf die Europacup-Teilnahme. Und Rahmen erhielt auch das Vertrauen der neuen Klubführung um David Degen und wurde mit einem Cheftrainervertrag bis Juni 2022 belohnt.
Zu Beginn dieser Saison sorgte der FC Basel dann für Furore und wurde wieder zu einem Meisterkandidaten. Auch wenn der Zug in den letzten Wochen etwas ins Stocken geriet, sind die Träume nach dem ersten Meistertitel seit 2017 längst nicht begraben. Und in der neuen Conference League gewann man die Gruppe mehr oder weniger souverän und steht nun im Achtelfinal.
Eine Entlassung von Rahmen wäre für viele Fans und Beobachter – und auch für den Trainer selbst – unverständlich gewesen. So kam auch die Vereinsführung «nach intensiven und konstruktiven Gesprächen» zum Schluss, dass der gemeinsame Weg weitergehen soll.
Fazit
Ist Rahmen der beste FCB-Trainer seit Fischer? Diese Frage lässt sich so einfach natürlich nicht beantworten. Koller hatte zwar (bis jetzt) den etwas besseren Punkteschnitt und auch einen Titel geholt, hatte aber auch mit vielen Nebengeräuschen zu kämpfen. Wicky hatte die undankbare Aufgabe, die Nachfolge von Erfolgscoach Fischer anzutreten und der erste Trainer nach der Ära Heusler/Heitz zu sein. Die magischen Champions-League-Nächte unter seiner Führung bleiben aber unvergessen.
Nur Sforza muss sich sich in diesem Ranking wohl hinten anstellen. Wobei auch nicht zu Vergessen ist, dass auch viele andere Baustellen und Nebengeräusche rund um den Klub für Unruhe sorgten.
Unter Patrick Rahmen hat der FCB nun wieder eine intakte Mannschaft, die in der Lage sein kann, national vorne mitzuspielen und auch in der Conference League weit zu kommen. Träumen ist am Rheinknie jedenfalls wieder erlaubt. Nichtsdestotrotz muss sich Rahmen bewusst sein, dass sein Job wieder am seidenen Faden hängt, sollte er in den nächsten 18 Monaten keinen Titel holen. Der Hunger nach Erfolg ist in Basel wieder gross.