Halbfinals Schweizer Cup Der Kleine, der Starke, der Gefährdete und der Formschwache

obe, sda

21.4.2022 - 06:00

Im Schweizer Cup spielen am Donnerstag Yverdon und St. Gallen sowie Lugano und Luzern um den Einzug in den Final. Die Voraussetzungen sind für alle vier Mannschaften komplett anders.

Zum zweiten Mal in Folge mischen die erfolgreichsten Teams der letzten Super-League-Jahre schon im Halbfinal nicht mehr mit. Die Young Boys, Basel und der FC Zürich sind früh gescheitert. Dafür steht mit Yverdon ein Klub aus dem Niemandsland der Challenge League unter den letzten vier und kann vom ersten grossen Titel seiner Vereinsgeschichte träumen.



«Im Cup gibt es keine Wahrheiten», sagt Yverdons Trainer Uli Forte. «Es ist ein Wettbewerb, der eigenen Regeln folgt.» Der 47-Jährige muss es wissen. Er hat mit den Grasshoppers und dem FC Zürich den Cup gewonnen und auf dem Weg in die Halbfinals den FCZ und Lausanne, den Leader und das Schlusslicht der Super League, ausgeschaltet.



Forte ist jener Trainer unter den Halbfinalisten, der am stärksten darauf hoffen muss, dass am Donnerstagabend die Fussball-Logik ausser Kraft gesetzt ist. Mit dem FC St. Gallen gastiert die zweitbeste Mannschaft der Super-League-Rückrunde im Stade Municipal. Die Ostschweizer haben sich wie Luzern gegen Unterklassige in die Halbfinals gespielt. Zum richtigen Zeitpunkt scheinen beide nun in guter Form. Anders Lugano, das in Neuenburg, Thun sowie vor allem im letzten Herbst gegen die Young Boys bestehen musste, aber in der Meisterschaft ins Stolpern geraten ist.

Yverdon: Der einsame Höhepunkt

Die Meisterschaft ist für Yverdon seit vielen Wochen schon nur noch Übungsplatz für den Match vom Donnerstagabend. «Seit dem Sieg gegen Lausanne Anfang Februar spricht jeder nur noch vom Halbfinal», sagt Forte amüsiert. Ein Wunder ist das nicht, denn der Aufsteiger aus der Promotion League ist in der Challenge League zwar Zweitletzter, aber längst nicht mehr in Abstiegsgefahr. Am Ostermontag bestritt eine B-Mannschaft das Heimspiel gegen Schaffhausen vor 700 Zuschauern.

Am Donnerstagabend wird das Dekor ganz anders sein. Über 3500 der 5000 zur Verfügung stehenden Tickets wurden bis am Mittwoch abgesetzt. Soviel Unterstützung genoss der Klub, der in seiner Geschichte drei kurze Abstecher in die höchste Liga gemacht hat, seit Jahren nicht mehr. Forte hofft auf eine «epische Partie». «St. Gallen ist der Favorit. Es wird für uns sehr, sehr schwierig mitzuhalten. Aber in einem Match ist alles möglich», erklärt der Zürcher.

Auf dem Weg in den zweiten Cupfinal nach jenem, den Yverdon 2001 gegen Servette verlor, kann der Unterklassige auf viel Erfahrung zählen. Das Team ist gespickt mit Spielern, die schon in der höchsten Liga im Einsatz waren, wie etwa der ivorische Topskorer Koro Koné oder dessen Sturmpartner Steve Belleck, der die letzten drei Cup-Treffer von Yverdon erzielt hat.

St. Gallen: Rückschlag als Warnung

«Da gibt es nichts zu unterschätzen», sagt St. Gallens Captain Lukas Görtler auf Yverdon angesprochen. «Es ist Halbfinal.» Den erfolgsverwöhnten Ostschweizern wurde am Montag mit dem 2:3 in Luzern mit zwei Gegentoren in den letzten knapp zehn Minuten in Erinnerung gerufen, wie rasch auch eine selbstsichere Mannschaft aus dem Takt geraten kann. Die erste Niederlage im 13. Spiel in diesem Jahr ist womöglich eine Warnung zur rechten Zeit – auf dem Weg zum zweiten Finaleinzug in Folge.

Luzern: Ein weiterer Mutmacher

Luzern verhinderte in der vergangenen Saison den ersten St. Galler Titel seit 2000 und beendete vor allem seine eigene, fast 30-jährige Durststrecke. In der laufenden Spielzeit bewegen sich die Innerschweizer auf Messers Schneide. Einen Monat vor Saisonende ist noch alles möglich – vom Cupsieg bis zum Abstieg oder beides zusammen. Dass er für die vielen entscheidenden Matches bereit ist, bewies der FCL in den letzten Wochen mit den vielen späten Toren. Nach dem 3:2 gegen St. Gallen meinte Trainer Mario Frick: «Das ist genau, was wir brauchten im Hinblick auf den Cup und den Rest der Saison.»

Lugano: Zeit für den Umschwung

Luganos Trainer Mattia Croci-Torti sah von seinem Team zuletzt zu wenig Brauchbares. Die Tessiner, die in der Super League knapp hinter dem drittplatzierten YB liegen, haben in den letzten drei Spielen lediglich einen Punkt geholt. Sorgen macht sich Croci-Torti trotzdem nicht: «Wir werden am Donnerstag mit ganz anderer Entschlossenheit antreten.» Im mit 6390 Zuschauern ausverkauften Cornaredo soll der nächsten Schritt Richtung erster Titel seit 1993 gemacht werden.

obe, sda