Sion-Präsident Christian Constantin hat eine Idee, wie schon bald wieder vor Zuschauern Fussball gespielt werden kann. Und das trotz Veranstaltungsverbot. Laut Teleclub-Experte Rolf Fringer ist das unmöglich.
In einem «Blick»-Interview erklärt Christian Constantin, warum aus seiner Sicht die aktuelle Super-League-Saison abgebrochen werden sollte und ab wann in der Schweiz Fussball mit Fans wieder realistisch ist.
«Wir verlieren mit Geisterspielen Geld. Zudem ist es eine furchtbare Sache, ohne Fans zu spielen», sagt der Sion-Präsident. Nur gibt es mindestens bis im September wegen des Veranstaltungsverbots keine Alternative. Oder doch? Constantin: «Es gibt eine Alternative. Die alte Saison vergessen und mit der neuen bereits Anfang Juli beginnen. Mit zwölf Teams. Das ist mein Plan, den ich den Klubs und der Liga nun vorstelle.»
Der Sion-Boss will zwölf Teams in der Super League, damit es in der nächsten Saison mehr Spiele gibt und so der aktuelle TV-Vertrag erfüllt werden kann. Weil wegen auslaufender Spieler-Verträge per 30. Juni Rechtsstreite vorprogrammiert wären, macht es für Constantin keinen Sinn, den Spielbetrieb am 8. Juni wieder aufzunehmen – weil die Saison so unmöglich bis zum 30. Juni beendet werden kann.
«Warum sind Museumsbesuche möglich, Fussball mit Zuschauern aber nicht?»
Deshalb will CC der Liga nun seinen Plan vorstellen: Die aktuelle Saison beenden, Lausanne und GC sollen aufsteigen und die nächste Spielzeit Anfang Juli soll mit zwölf Mannschaften angepfiffen werden. Und zwar mit Zuschauern. Wie das gehen soll? «Da muss man Fantasie entwickeln. Wir wollen doch, dass wieder ein bisschen Leben auf die Welt zurückkehrt. Also brauchen wir auch in den Stadien ein bisschen Leben. Mit einer limitierten Zahl an Zuschauern, welche alle die Abstands- und Hygieneregeln einhalten können», erklärt der 63-Jährige.
Und weiter: «Jeder der vier Tribünenteile wird gesondert angeschaut und auch betreten. Im Tourbillon wäre es so, dass pro Seitentribüne maximal 1'000 Zuschauer zugelassen wären. Hinter den Toren jeweils maximal 500. Die Kapazität läge also bei 3'000 statt 12'000 Zuschauern. Es gäbe nur noch Sitzplätze. Und ins Stadion dürften nur Abonnenten, also auch keine Auswärtsfans. Man würde also jeden einzelnen Besucher kennen und könnte so eine Infizierung rückverfolgen. Auf den Tribünen würden die Abstandsregeln analog eines Restaurants eingehalten. Und beim Eingang ins Stadion kann jeder die Hände desinfizieren und auf Wunsch eine Maske kaufen.»
Constantin glaubt, dass er seinen Plan auch bei der Regierung durchbringen könnte. Schliesslich habe er einen guten Draht zu BASPO-Direktor Matthias Remund. «Er müsste das gutheissen und durchbringen. Ich sehe nicht ein, weshalb Museumsbesuche nun wieder möglich sind, der Besuch eines Fussballspiels mit gleichen Regeln aber nicht», so der Sion-Präsident, der bei seiner Idee nur Vorteile sieht: «Die Kosten würden gesenkt, weil es praktisch kein Polizeiaufgebot mehr bräuchte, weil man weder Gästefans noch Hooligans im Stadion hätte. Und man würde ein bisschen Zuschauereinnahmen generieren.»
Fringer: «Spiele im Juli mit Fans? Kannst du vergessen»
Teleclub-Experte Rolf Fringer hält es nicht für möglich, dass Constantin seinen Vorschlag bei der Regierung durchbringen kann. «Fussballspiele im Juli mit Zuschauern kannst du vergessen», sagt Fringer zu «Bluewin». «Warum sollte die Regierung das zulassen, während alle anderen Grossveranstaltungen bis Ende August abgesagt werden müssen? Festivalveranstalter zum Beispiel würden sich vor den Kopf gestossen fühlen. Da ist Solidarität gefragt.»
Ausserdem hätten die Klubs ja ohnehin keine Planungssicherheit. Niemand wisse, ob eine zweite Corona-Welle kommen wird und Fussballspiele mit Zuschauern sogar noch bis Ende Jahr verboten sind – oder noch länger. «Bei einer Liga mit zwölf Teams hätte man ja dann nur noch mehr von diesen unsäglichen Geisterspielen», so Fringer.
Für den früheren Nati-Trainer gibt es deshalb nur eine richtige Lösung: «Wenn es die Hygiene-Massnahmen ermöglichen und der Bund dem Profifussball auch noch etwas mehr unter die Arme greift, sollte der Spielbetrieb ab dem 8. Juni mit Geisterspielen wieder aufgenommen und die aktuelle Saison beendet werden. So könnte die Saison auch fair gewertet werden. Auch im Hinblick auf die nächste Europacup-Saison ist das sehr wichtig.»
Ausserdem sei die Zukunftsplanung mit anderen Rahmenbedingungen nach einer gewerteten Saison viel einfacher: «Stichwort Budget-Anpassungen, Kaderverkleinerungen und Lohnverzichte. Dies könnte dann aber auch wieder eine Chance für junge Spieler in der Schweiz sein.»
Und die Sache mit den auslaufenden Spielerverträgen Ende Juni? «Das ist in der jetzigen Situation das kleinste Problem», meint Fringer. «Auch da ist nun Solidarität gefragt. Viel wichtiger ist, dass der Fussball-Profi seinen Beruf wieder ausüben kann.»