Mit acht Siegen gelingt Hansi Flick als Joachim-Löw-Nachfolger ein Traumstart als Bundestrainer. Danach geht es nur noch in eine Richtung – bergab. Nach dem 1:4 gegen Japan muss er gehen.
Hansi Flick sollte die deutsche Nationalmannschaft wieder in die Weltspitze führen. Mit dieser Vorgabe trat der einstige Sechs-Titel-Trainer des FC Bayern im August 2021 beim DFB an. An der Aufgabe ist der 58-Jährige gescheitert, am Tag nach dem 1:4 gegen Japan vollzog der DFB die vorzeitige Trennung. Mit acht Siegen gelang Flick ein Rekordstart als Bundestrainer. In den weiteren 17 Partien gab es noch vier Erfolge, aber sechs Niederlagen und das Vorrunden-Aus bei der WM in Katar. Gegen Japan brach das Team am Samstagabend in Wolfsburg am Ende auseinander.
Offen ist noch, wer die DFB-Auswahl zur Heim-EM in neun Monaten führen soll. Ein Trio um Sportdirektor Rudi Völler übernimmt zunächst beim Testspiel am Dienstag (21.00 Uhr) in Dortmund gegen Vize-Weltmeister Frankreich. Flicks Absturz bis zum Aus im Zeitraffer.
August 2021:
Auf dem DFB-Campus, der im Sommer vor zwei Jahren noch eine Baustelle ist, tritt Hansi Flick nach dem frühen EM-Aus beim missglückten Abschiedsturnier unter Weltmeister-Coach Joachim Löw nach seinen Bayern-Erfolgen als Hoffnungsträger an: «Ich werde mein Bestes geben, 'all in' dafür, dass wir wieder begeisternden Fussball spielen.»
März 2022:
Mit acht Siegen bis zum 2:0 gegen Israel zum Start ins WM-Jahr 2022 gelingt Flick ein DFB-Rekordstart. Die Qualifikation für Katar vollendet er souverän, die Fans mögen das Nationalteam wieder. «Wir haben uns als erste Nation nach Katar qualifiziert für Katar. Mit dieser Mentalität ist einiges machbar», äusserte Flick stolz und selbstbewusst.
Juni 2022:
Es wird zäher. In der Nations League ist mit der Siegesserie Schluss. Nach vier Unentschieden gelingt aber zum Abschluss der ersten Flick-Saison immerhin noch ein 5:2 gegen Europameister Italien. Nach dem stimmungsvollen Abend im Gladbacher Borussia-Park dürften seine Spieler «mit einem Supergefühl» in den Urlaub fahren, verkündet Flick.
September 2022:
Der Nations-League-Abschluss und zugleich Start in die WM-Saison missglückt mit einem 0:1 gegen Ungarn und einem 3:3 in England. Die Abwehrschwächen sind inzwischen unübersehbar. Der Lehrgang war schon schlecht losgegangen, denn Kapitän Manuel Neuer und Leon Goretzka mussten vor den Partien wegen eines Corona-Störfalls in ihrem Umfeld abreisen.
Dezember 2022:
Die WM in Katar wird zum Desaster – nicht nur sportlich. Die Debatte um die «One Love»-Binde wird zur Belastung, der selbst verschuldete 1:2-Schock im Auftaktspiel gegen Japan zum Anfang vom frühen Ende. Eigentlich bahnte sich das nächste Vorrunden-Aus nach Russland 2018 schon im Trainingscamp im Oman an. Beim 1:0-Testspielsieg spielt Flick nicht seine WM-Elf ein. An Rücktritt denkt er nach dem wertlosen 4:2 gegen Costa Rica im Stadion von Al Chaur nicht: «Mir macht es Spass. Wir haben eine gute Mannschaft, gute Spieler, die nachkommen. Von daher liegt es nicht an mir.»
März 2023:
Flick darf im Gegensatz zum jahrelangen Teammanager und DFB-Direktor Oliver Bierhoff tatsächlich weitermachen. Die nach dem Katar-Debakel gebildete DFB-Taskforce stellt dem Bundestrainer Ex-Teamchef Rudi Völler als Sportdirektor zur Seite. Flick ruft eine grosse Testphase aus, verzichtet auf etablierte Kräfte wie Rüdiger, Süle, Sané oder Müller. Nach einem 2:0 gegen Peru verpufft der Neuanfang beim entlarvenden 2:3 gegen Belgien.
Juni 2023:
3:3 gegen die Ukraine, 0:1 in Polen, 0:2 gegen Kolumbien – kann es noch tiefer gehen? Statt EM-Vorfreude herrscht Untergangsstimmung vor dem Heimturnier 2024. Flicks Experimente sind «in die Hose gegangen», wie er selbst sagt. Rücktrittsgedanken? Nein! «Ich kann versprechen, dass wir im September eine andere Mannschaft sehen.» Die DFB-Spitze um Präsident Bernd Neuendorf hält weiter am Chefcoach fest. Völler geht auf die Spieler los, wirft die «Qualitätsfrage» auf. Flick sei doch als Trainer «am Ende die ärmste Sau».
September 2023:
Nach der Sommerpause soll der Stimmungsumschwung gelingen. Flick setzt Zeichen bei der Kader-Nominierung, indem er etablierte Kräfte wie Leon Goretzka oder Timo Werner aussortiert. Eine «Kernmannschaft» für die EM will er nun einspielen. Er ernennt Ilkay Gündogan zum Kapitän, versetzt Joshua Kimmich nach rechts. Und wieder wird Japans Team zum Alptraum: Das 1:4 in Wolfsburg vollendet Flicks Absturz. Das 25. Länderspiel war der vorzeitige Schlusspunkt.
dpa/SB10