Manchester City kommt aus der Krise nicht heraus: Nach dem 3:3 gegen Feyenoord pfeifen die Fans ihr eigenes Team aus. Derweil verletzt sich ein frustrierter Pep Guardiola selbst und Nati-Star Manuel Akanji muss Kritik einstecken.
Neuland im Etihad Stadium. Die erfolgsverwöhnten Fans der Citizens können am Dienstag schon wieder nicht jubeln und decken das eigene Team nach dem Schlusspfiff prompt mit Buhrufen und Pfiffen ein. Nach fünf Niederlagen in Folge ist das 3:3 gegen Feyenoord das sechste Spiel in Serie, in der die Himmelblauen nicht als Sieger vom Platz gehen.
«Sie sind enttäuscht, natürlich verstehen wir das. Sie haben absolut das Recht zu zeigen, wie sie sich fühlen», gibt sich Trainer Pep Guardiola verständnisvoll. Der Spanier erlebt derzeit die grösste Ergebnisflaute seiner Trainerkarriere und bangt in der Königsklasse in den verbleibenden drei Partien tatsächlich um das Weiterkommen.
Guardiola verletzt sich selber
Der Spanier trägt von der Partie, die sein Team nach 3:0-Vorsprung noch aus der Hand gibt, sogar physische Verletzungen davon. Nach Schlusspfiff ist eine Wunde auf seiner Nase zu sehen, auch die Stirn des Spaniers sieht übel zugerichtet aus. Doch was ist passiert?
Ab dem Moment des ersten Gegentors fasste sich Guardiola immer wieder frustriert an den Kopf und ins Gesicht und tat dies offenbar derart ungestüm, dass er sich dabei mit den Fingernägeln verletzte. «Ich habe mich mit meinem eigenen Nagel geschnitten», erklärt der 53-Jährige sein Aussehen und scherzt: «Ich wollte mich selbst verletzten.»
Dabei ist die Lage der Citizens nicht zum Lachen. Laut des Statistik-Dienstes Opta hat Guardiola erstmals in seiner Trainerkarriere eine 3:0-Führung verspielt, City war so etwas seit 1989 nicht mehr passiert. Die BBC rechnete vor, dass der Klub erstmals seit 1963 in sechs aufeinanderfolgenden Partien mindestens zwei Gegentore pro Spiel kassierte.
Kritik wird lauter
Insgesamt kassierte ManCity in den letzten sechs Partien 17 Gegentreffer – das sind fast drei pro Spiel und sorgt auf der Insel für mächtig Kritik. England-Legende Alan Shearer etwa wettert gegenüber «TNT Sports»: «Sie sehen schwach aus, sie sehen leicht aus, sie sehen gebrechlich aus.»
Der «Guardian» beschreibt die Citizens am Tag nach dem 3:3 als «notleidendes Schiff, das jeden Moment untergehen kann», der «Mirror» spricht vom «nächsten Albtraum» und die «Daily Mail» stellt vor dem Kracher-Duell am Sonntag gegen Tabellenführer Liverpool gnadenlos in den Raum: «Werden sie jemals wieder gewinnen?»
Problematisch aus Schweizer Sicht: In vier der sechs Partien gab Manuel Akanji in der Abwesenheit des Portugiesen Rúben Dias den Abwehrchef bei den Citizens. In Summe kassierte City in diesen vier Spielen dreizehn Gegentreffer. Da stellt sich unweigerlich die Frage, wie gross die Mitschuld des 29-Jährigen an der aktuellen Misere der Milliardentruppe ist.
Akanji kriegt sein Fett weg
Bislang hält sich die Kritik am Schweizer in der sonst so gnadenlosen englischen Presse bemerkenswerterweise in Grenzen. Das dürfte wohl auch an der langen Verletztenliste der Citizens liegen. Nebst Ballon-d'Or-Gewinner Rodri und Abwehrturm Rúben Dias fehlen aktuell in der Defensive auch Mateo Kovacic und John Stones.
Je länger die Negativserie der Skyblues anhält, desto schneller dürfte Akanjis Ruf jedoch bröckeln. In der beliebten Highlight-Sendung «Match of the Day» musste der Schweizer nach der Pleite am Samstag gegen Tottenham bereits ein erstes Mal als Sündenbock hinhalten.
«Wieso lässt er da den Ball durch, was in aller Welt tut er da?», analysierte Shearer Akanjis Missverständnis mit Teamkollege Grealish kurz vor dem vierten Gegentreffer.
Im Netz finden sich zudem zahlreiche Fans der Citizens, die dem Schweizer fehlende Motivation vorwerfen. «Akanji war in den letzten paar Monaten lächerlich faul», schreibt etwa User «D4» und erhält dafür auf «X» über 1'100 Likes.
Immer wenn ManCity eine schlechte Phase habe, spiele Akanji, als wäre ihm das egal, kritisiert ein anderer User. Insbesondere sein Verhalten beim ersten Gegentor gegen Feyenoord lässt nun die Wellen erneut hochgehen. «Seine Art, wie er einfach zuschaut, als Ederson umrundet wird, ohne etwas zu tun, das war ärgerlich.»
Andere Anhänger befürchten, dass Akanjis aktuelles Formtief ebenfalls mit einer Verletzung zusammenhängen könnte. «Es sieht so aus, als könnte er die Hälfte der Zeit nicht auf vollem Tempo laufen», schreibt ein Fan.
Zum Glück für den Schweizer: Trainer Guardiola hält sich mit Kritik an den eigenen Spielern zurück. Zumindest in der Öffentlichkeit. Für den Spanier ist klar, dass die vielen Verletzungen schuld daran sind, dass die Resultate nicht stimmen. Bereits am Montag ächzte er: «Gib mir einfach meine Spieler zurück. Dann siehst du Man City.»
City in der Königsklasse mächtig unter Druck – «Wird ganz schwierig»
Statt mit einem Sieg in das obere Drittel der Champions-League-Tabelle zu klettern, verharrt der Titelträger von 2023 nach dem 3:3 gegen Feyenoord weiter im Mittelfeld und droht nun gar die Achtelfinal-Qualifikation zu verpassen.
Denn die nächsten Aufgaben haben es in sich: In der Champions League müssen Guardiola und seine Schützlinge im Dezember und Januar zu Juventus Turin und Paris Saint-Germain. Weitere Patzer dürfen sich die Skyblues gegen diese Gegner nicht erlauben. Und auch in der Premier League sieht es bitter aus. Am Sonntag steht das Auswärtsspiel beim souveränen Tabellenführer FC Liverpool an – der Rückstand auf die Reds droht bei einer Niederlage bereits auf elf Punkte anzuwachsen.
«Daran denke ich jetzt noch nicht», lässt Guardiola nach der Feyenoord-Enttäuschung verlauten, sieht die Probleme am Horizont aber durchaus heranbrausen. «Wir müssen uns erholen und auf das nächste Spiel vorbereiten. Wenn wir nicht in der Lage sind, Spiele wie dieses heute zu gewinnen, dann wird es ganz schwierig.»
Mehr Videos aus dem Ressort
tbz