Das Wechseltheater um Robert Lewandowski wirkt als Störgeräusch bei den Meisterpartys des FC Bayern. Der Torjäger forciert seinen Abschied schon im Sommer. Der Druck auf die Bosse wächst.
Bayern-Chef Oliver Kahn hat ein Machtwort in der Causa des auf einen Wechsel drängenden Weltfussballers Robert Lewandowski gesprochen.
Der 52-jährige Kahn sagte bei der Meisterfeier der Bayern auf dem Münchner Marienplatz im Bayerischen Fernsehen mit Bezug auf den bis 30. Juni 2023 laufenden Vertrag des Torjägers: «Diesen Vertrag wird er erfüllen – basta!»
Der Vorstandsvorsitzende gab sich gelassen in der Causa Lewandowski. «Das ganze Theater, dieser ganze Alarmismus, das kennen wir aus der Vergangenheit», sagte Kahn: «Das bereitet uns nicht Kopfzerbrechen.»
Man habe jüngst Lewandowskis Berater Pini Zahavi ein Angebot für eine Vertragsverlängerung über 2023 unterbreitet, das dieser «abgelehnt» habe. «Das ist auch sein gutes Recht», sagte Kahn. Er bestätigte indirekt, dass es sich dabei um ein Angebot für eine Verlängerung um ein Jahr handelte. «Wir sind da sehr klar und konsequent», sagte Kahn etwa mit Verweis auf Thomas Müller (32), der gerade um ein Jahr verlängert hatte, und auch Kapitän Manuel Neuer. Der 36 Jahre alte Nationaltorhüter soll auch nur um ein Jahr bis 2024 verlängern. «Es gibt keinen Spieler, der grösser als der Verein ist», betonte Kahn.
Fans feiern Lewandowski
Am Vortag liess sich Lewandowski auf dem Münchner Nockherberg noch einmal ordentlich in einer Lederhose feiern. Mit «Lewy, Lewy»-Sprechchören bejubelten die Fans in dem Biergarten ihren Torschützenkönig bei der nächsten Meistersause der Bayern.
Es könnten Lewandowskis letzte Partytage in München gewesen sein, der Weltfussballer macht nun auch öffentlich Druck für einen schnellen Abschied vom Rekordchampion. «Wenn ein Angebot kommt, dann müssen wir darüber nachdenken – auch für den Verein. Beide Seiten müssen an die Zukunft denken», hatte der 33-Jährige nach dem 2:2 im letzten Bundesliga-Saisonspiel beim VfL Wolfsburg gesagt.
Danach war Lewandowski ganz allein auf die Tribüne mit den Bayern-Fans zugelaufen. Überraschend lange blieb er dort – fast, als wollte er die Situation geniessen, weil es sie demnächst in der Bundesliga womöglich nicht mehr geben wird. «Gut möglich, dass es mein letztes Spiel für den FC Bayern war. Ich kann es nicht hundertprozentig sagen, aber es könnte sein», sagte der Pole.
Bayern-Präsident pocht auf Vertrag
Bayern-Präsident Herbert Hainer pocht unverändert auf eine Vertragserfüllung von Lewandowski. «Er hat bei uns Vertrag bis zum 30. Juni 2023. Und solange wird er spielen bei uns», sagte Hainer im Fussball-Talk «Doppelpass» des Fernsehsenders Sport1.
Der 67-Jährige schloss einen Lewandowski-Abschied in diesem Sommer aber nicht kategorisch aus. «Es kann ja sein, dass sich beide Seiten darauf einigen», sagte der Nachfolger von Uli Hoeness. Beide Seiten müssten «damit einverstanden» sein, betonte Hainer. Er verwies aber ausdrücklich auf die Planungen des Vereins. Die Bayern müssten eine Nachfolgerlösung realisieren. «Es gibt keinen Ersatz für so einen Weltklassespieler wie Robert Lewandowski», sagte Hainer dazu.
Ein zerrüttetes Verhältnis sieht Hainer «auf keinen Fall». Er verwies auch erneut auf die hohen Einbussen des FC Bayern in der Corona-Pandemie, die er mit «150 bis 200 Millionen Euro an Einnahmen» bezifferte. «Trotzdem werden wir den Kader weiter ausbauen und so verstärken, dass wir auch international top spielen können», versicherte der Vereinspräsident.
Bayern-Spitze will Wechsel vermeiden
Vor der Meisterfeier auf dem Münchener Rathausbalkon dürfte die Lewandowski-Personalie vielen Anhängern des Clubs schwer im Magen liegen. Vielleicht auch deshalb bekam Sportvorstand Salihamidzic am Samstagabend beim kleinen Meisterempfang den Frust einzelner Fans ab, die ihn laut «Bild» ausbuhten.
Die Bayern-Spitze scheint sich weiter gegen einen vorzeitigen Transfer von Lewandowski zu stemmen, hatte den Wechselwunsch des Weltfussballers aber vor dem Wolfsburg-Spiel öffentlich gemacht. «Ich habe mit Lewa gesprochen», sagte Salihamidzic. Der habe ihm gesagt, «dass er gerne was anderes machen möchte», ergänzte Salihamidzic. Später liess Lewandowski bei Sky anklingen, dass er selbst gar nicht erst ein Angebot der Münchner bekommen wollte.
Einen vorzeitigen Wechsel des Topstürmers schon in diesem Sommer schloss Salihamidzic erneut aus. Spekuliert wird, dass Lewandowski zum FC Barcelona möchte. Verhandlungen zwischen den Clubs bestritt Salihamidzic. «Lewa hat Vertrag bis zum Sommer nächsten Jahres. Das ist Fakt», betonte er. Auf die Frage, was passieren müsse, damit er seine Haltung ändere, sagte der Bosnier: «Damit beschäftige ich mich nicht, weil unsere Haltung immer klar war.»
Berater und der FC Barcelona angeblich einig
Lewandowskis Berater und der FC Barcelona sind sich einem Bericht von Sport1 zufolge mündlich über einen Wechsel des Stürmers im Sommer einig. Barça warte nun auf einen Hinweis der Bayern über die Höhe der Ablösesumme, berichtete der TV-Sender. Noch sei keine konkrete Abmachung zwischen den Clubs erzielt. Zwischen Lewandowskis Agenten Pini Zahavi und Barcelona sei ein Dreijahresvertrag avisiert worden.
Sadio Mané, der am Samstag mit dem FC Liverpool den FA-Cup gewann, soll ein aussichtsreicher Kandidat auf die Lewandowski-Nachfolge sein. Sky zufolge hat Salihamidzic bereits auf Mallorca mit dem Berater des Senegalesen gesprochen. Auch Sasa Kalajdzic vom VfB Stuttgart soll in den Fokus der Münchener gerückt sein. Der Vertrag des 24-Jährigen bei den Schwaben läuft in einem Jahr aus.
Dass Lewandowski nun zum fünften Mal nacheinander Torschützenkönig wurde und zum siebten Mal insgesamt die Torjäger-Kanone einheimste, rückte bei den ganzen Wechseldiskussionen etwas in den Hintergrund. Die Auszeichnung – diese Saison erzielte er 35 Treffer – holte er mit grossem Vorsprung auf den Leverkusener Patrik Schick. In der vergangenen Saison hatte der Pole mit 41 Torerfolgen einen Rekord aufgestellt. Lewandowskis Torjäger-Regentschaft in Deutschland durchbrach zuletzt der mittlerweile für den FC Barcelona stürmende Pierre-Emerick Aubameyang für Borussia Dortmund 2016/17. Möglicherweise könnte der polnische Nationalspieler in Barcelona Seite an Seite mit Aubameyang spielen.
Von Felix Schröder, dpa