Überflüssige Rochade Die Akademie-Trainer Hütter, Marsch, Glasner und Rose in der Krise

Von Syl Battistuzzi

6.12.2021

Marco Rose hat gegen Rivale Bayern eine bittere Pleite kassiert.
Marco Rose hat gegen Rivale Bayern eine bittere Pleite kassiert.
Bild: Keystone

Wer beim österreichischen Brause-Klub RB Salzburg mal als Trainer angestellt war, galt in der Bundesliga unweigerlich als heisse Ware. Die bisherige Saison zeigt: Auch die vermeintlichen Heilsbringer kochen nur mit Wasser. 

Von Syl Battistuzzi

6.12.2021

RB Leipzig erlebte diese Saison ein Auf und Ab: Phasenweise zeigten die Sachsen ansprechende Spiele, nur um kurz darauf wieder schlechte Leistungen abzuliefern. In seinem sechsten Jahr in der Bundesliga hat der Vizemeister seine erste richtige Durststrecke – mit 18 Punkten liegen die Bullen nur auf Rang 11. Seit dem Aufstieg 2016 hatte der ambitionierte Klub – immerhin die dritthöchsten Gehaltskosten der Liga – zu diesem Zeitpunkt immer mindestens 25 Zähler auf dem Konto. Die Achterbahnfahrt kostete Trainer Jesse Marsch am Wochenende den Kopf. 

Dabei hat man den US-Amerikaner erst im Sommer als Nachfolger von Julian Nagelsmann aus Salzburg geholt. Nach nur fünf Monaten ist die geplante Rückkehr zur RB-DNA (Stichwort: Hochgeschwindigkeitsfussball) damit krachend gescheitert.

Noch keine Konsequenzen will Borussia Mönchengladbach ziehen. Dabei gab es in zwei Partien in einer Woche zehn Gegentore. Acht Tage nach dem 1:4-Derby-Debakel beim 1. FC Köln präsentierten sich die inferioren Fohlen zu Hause gegen Freiburg kopf- und emotionslos. Bereits nach 37 Minuten lagen Sommer & Co. mit 0:6 in Rücklage. «In erster Linie gilt es sich zu entschuldigen für unseren Auftritt heute, der auch nicht zu akzeptieren ist», musste Trainer Adi Hütter öffentlich zu Kreuze kriechen. Auch Gladbach hat nur 18 Punkte und rangiert auf Platz 13. Bis jetzt fällt die Bilanz des ehemaligen YB-Trainers bescheiden aus. Dies, obwohl man einen Kader hat, der zu den besten der Liga gehört. 



Heilsbringer ohne Rezept

Der 51-jährige Österreicher, der auch ein Jahr in Salzburg verbrachte, hat man im Sommer für 7,5 Millionen Euro von Eintracht Frankfurt abgeluchst. Zu der unpopulären Massnahme sah sich der sonst so besonnene Gladbach-Manager Max Eberl gezwungen, nachdem Marco Rose eine Ausstiegsklausel in Höhe von 5 Millionen Euro nutzte und bei Konkurrent Borussia Dortmund unterschrieb. 

Mit seiner neuen Mannschaft ist Rose in der Meisterschaft zwar Zweiter, doch auch der 45-Jährige scheint es nicht hinzukriegen, Bayern München ihren zehnten Meistertitel in Folge streitig zu machen. Das mit Spannung erwartete Direktduell ging am Samstag an die Gäste aus München, während im BVB-Lager wieder mal der Frust regiert (den vor allem Schiedsrichter Felix Zwayer abbekommt).



Der in Leipzig geborene Rose, der von 2017 bis 2019 auch zwei Lehrjahre in Salzburg absolvierte, will damit vielleicht auch etwas vor dem frühzeitigen Scheitern in der Königsklasse ablenken. Trotz zweier Siege zum Start brachte man es fertig, sich nicht für die K.o.-Phase in der Champions League zu qualifizieren. Damit ist auch das Geschäftsmodell der Schwarz-Gelben, sprich hochbegabten Talenten wie Erling Haaland oder Jude Bellingham eine grosse Fussballbühne zu bieten, dieses Jahr bereits passé. Kurzum: eine finanzielle und sportliche Katastrophe für den Klub, der sich zur europäischen Spitze zählt.

Auch in der Schweiz ist der Trend gestoppt

Auf Rang 12, genau zwischen Leipzig und Gladbach, liegt aktuell Frankfurt. Die einzige Konstante bei den Hessen ist die Unkonstanz. Zuletzt schien am Main die Trendwende eingeleitet – von den vergangenen elf Spielen gewann Eintracht sieben und verlor nur zwei. Gegen Hoffenheim fiel man aber wieder ins alte Muster zurück, die in den letzten Jahren so stolzen Adler zeigten sich flügellahm. Coach Oliver Glasner kam ebenfalls im Sommer aus Wolfsburg – immerhin ablösefrei. Der Österreicher war zwar nie Cheftrainer in Salzburg, aber als Co-Trainer und Sport-Koordinator angestellt. Ein passendes Rezept für den Umschwung scheint aber auch er nicht in der Hinterhand zu haben. In Deutschland hat die Trainer-Rochade bislang für alle Parteien also nicht wirklich gefruchtet.

Auch in der Schweiz gibt es einen Vertreter, der die berühmte Trainer-Kaderschmiede aus der Mozartstadt durchlief. St. Gallens Peter Zeidler befindet sich mit den Ostschweizern aktuell tief im Abstiegssumpf. Der 59-jährige Deutsche, der 2015 in Salzburg an der Seitenlinie herumtigerte, würde gerne seine Spieler wieder wie in der Meisterschaft 2019/20 herumrennen sehen, als man mit Powerfussball knapp am Titel vorbeischrammte. Inzwischen scheint man aber des Öfteren das Rad zu überdrehen. Die Folge: fünf Platzverweise in 16 Partien. Die Gegner sind seit längerem gut eingestellt auf die Art und Weise, wie der FCSG Fussball spielt (oder spielen will). 



Konkurrenz ist aufgewacht – gibt's einen Rangnick-Effekt?

Der Einfluss des Energydrink-Riesen auf das Fussballbusiness ist seit ihrem Einstieg vor 16 Jahren stetig gewachsen. Mit ihrem innovativen Konzept, basierend auf Tempo- und Umschaltspiel, welches im Red-Bull-Kosmos durch alle Stufen hindurch stringent durchgezogen wurde, hat der Brausekonzern die Konkurrenz lange durchgeschüttelt.

Zudem blieben dank des hervorragenden Netzwerks viele Talente im Netz hängen, welche man später gewinnbringend verkaufen konnte. Das erfolgreiche System zog man auch bei den Trainern durch. Ein Angestellter, welcher im Lebenslauf Stationen wie Salzburg (oder Partnerklubs wie New York oder Liefering) drin hatte, bekam automatisch ein Qualitätsgütesiegel.

Der Wissensvorsprung scheint in den letzten Monaten bei den «Red-Bull-Klubs» geschmolzen zu sein. Dies ist einerseits beruhigend für viele Traditionalisten, die auf Red Bull sowieso nicht gut zu sprechen sind. Andererseits hat Manchester United kürzlich mit Ralf Rangnick das Mastermind der Philosophie verpflichtet. Wenn der deutsche Fussballprofessor seine Stars wie Cristiano Ronaldo & Co. auf seine Linie bringen kann, darf sich die Fussballwelt warm anziehen. Es drohen Rote Teufel mit Flügeln.

Ralf Rangnick will ManUtd wieder auf die Erfolgsspur führen.
Ralf Rangnick will ManUtd wieder auf die Erfolgsspur führen.
Bild: Keystone