Eigenwilliges Haustier Darum haben Büsis ihren eigenen Kopf

tafi/dpa

14.7.2020

Wild und zahm – Katzen haben nicht nur sieben Leben, sondern pflegen auch mindestens ebenso viele Eigensinnigkeiten.
Wild und zahm – Katzen haben nicht nur sieben Leben, sondern pflegen auch mindestens ebenso viele Eigensinnigkeiten.
Silke Heyer/dpa-tmn

Katzen lassen sich nichts vorschreiben. Trotzdem sind sie die beliebtesten Haustiere der Schweizer. Neben Forschenden widmet sich auch eine Ausstellung in Solothurn den Stubentigern. 

Katzen führen ihr eigenes Leben, ihre Bindung an bestimmte Menschen scheint oft locker. Das unterscheidet sie sehr von anderen Haustieren wie Hunden. Liegt es am Ursprung des Miteinanders? Forschende aus Polen haben sich auf Spurensuche begeben, die Ergebnisse ihrer Studie dürften auch viele Schweizer interessieren.

Immerhin gibt es hierzulande 1,6 Millionen Hauskatzen, das Büsi ist damit das mit Abstand beliebteste Haustier (abgesehen von Zier- und Teichfischen). Im Laufe eines Katzenlebens geben die Besitzer etwa 21'000 Franken für Futter, Tierarzt, Katzenstreu etc. aus, heisst es bei SRF.

Dabei sind die Tiere auch nach jahrtausendelanger Domestizierung ziemlich wild, sie lauern Vögeln im Garten auf, jagen Fledermäuse, Eidechsen und Libellen und beschenken ihre Halter als Zeichen der Zuneigung schon mal mit der einen oder anderen Maus.

Eine zufällige Liebesgeschichte

Man wolle beide Seiten der Katze zeigen, die verschmuste und die ungezähmte, erklärt Thomas Briner bei SRF. Der Biologe ist Leiter des Naturmuseums Solothurn, in dem noch bis November die Sonderausstellung «Die Katze. Unser wildes Haustier» zu sehen ist. Die von den Naturmuseen Olten und Thurgau konzipierte Ausstellung will das komplexe Wesen der Katzen näher beleuchten.

Das Büsi braucht Freiheiten: Eine Katze streift vor dem Panorama der Alpen im Sonnenaufgang über eine Wiese.
Das Büsi braucht Freiheiten: Eine Katze streift vor dem Panorama der Alpen im Sonnenaufgang über eine Wiese.
Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Das Büsi und der Mensch – das ist eher eine zufällige Liebesgeschichte, die viel Verständnis erfordert. Denn die Vorfahren der heutigen Hauskatzen waren nicht so eng an den Menschen gebunden wie andere Haustiere. Darauf deutet die Untersuchung von 4300 bis 6200 Jahre alten Katzenfossilien hin, die im Süden Polens gefunden wurden.

Die aus dem Nahen Osten stammenden Katzen sind vermutlich landwirtschaftlich tätigen Menschen gefolgt, haben sich aber auch in freier Wildbahn ernährt, wie Forscher um Magdalena Krajcarz von der Nikolaus-Kopernikus-Universität in Torun (Polen) jetzt im Fachmagazin «Proceedings of the National Academy of Sciences» (PNAS) berichten.

Besondere Stellung unter den Haustieren

Moderne Hauskatzen seien einerseits wild, führen aber anderseits jedoch enge Beziehungen zu Menschen, erläutern die Wissenschaftler. Sie versuchten herauszufinden, wie es zu dieser besonderen Stellung der Hauskatze unter den Haustieren kam. Nach heutigem Forschungsstand stammen alle Hauskatzen (Felis silvestris catus) von der Afrikanischen Wildkatze (Felis silvestris lybica) – auch Falbkatze genannt – ab.

Beide Unterarten sind anhand von genetischen Analysen kaum voneinander zu unterscheiden. Gut unterschieden werden kann hingegen eine weitere Unterart, die Europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris).

Eine Maus als Zeichen der Zuneigung: Ihren Jagdisnstinkt haben Katzen bis heute nicht abgelegt.
Eine Maus als Zeichen der Zuneigung: Ihren Jagdisnstinkt haben Katzen bis heute nicht abgelegt.
Keystone/DPA/KARL-JOSEF HILDENBRAND

Krajcarz und Kollegen fanden in den Überresten von sechs Falbkatzen in Südpolen genügend intaktes Knochenkollagen, um Rückschlüsse auf die Ernährung ziehen zu können. Dazu untersuchten sie die Menge zweier stabiler Isotope: Stickstoff-15 wird vom Körper vermehrt in das Protein Kollagen eingebaut, wenn die Nahrung von Feldern stammt, die mit Dung von Tieren gedüngt worden sind. Kohlenstoff-13 findet sich umso häufiger im Kollagen, je mehr C4-Pflanzen (vor allem Getreide und andere Nutzpflanzen) das Lebewesen in den letzten Monaten und Jahren vor seinem Tod verzehrt hat.

Katzen als Kulturfolger

Die Forscher verglichen die Isotope der Katzen mit denen aus den Überresten von Menschen, Haustieren und Wildtieren aus der Zeit vor 4300 bis 6200 Jahren. Ausserdem zogen sie Hauskatzenfossilien aus der römischen Zeit Polens heran. Die Katzen der späten Jungsteinzeit unterschieden sich demnach in Bezug auf die Isotopenzusammensetzung (und folglich in Bezug auf die Ernährung) deutlich von zeitgenössischen Menschen und Hunden sowie von stark menschengebundenen Katzen aus der Römerzeit.

Die Stickstoff-15- und Kohlenstoff-13-Werte der sechs Falbkatzen lagen deutlich niedriger, wie es in der Studie heisst. Dies deute darauf hin, dass sie weniger Mäuse und andere Tiere frassen, die sich vorwiegend von Nahrungsmitteln von gedüngten Feldern und C4-Pflanzen ernährt hatten. Stattdessen haben sie vermutlich – wie die Europäischen Wildkatzen – vor allem in der Wildnis Tiere gejagt. Den Forschern zufolge waren die Katzen der Jungsteinzeit eher Kulturfolger, die in der Nähe der Lager der Menschen schnelle Beute fanden, als gut integrierte Haustiere.

«Unter den domestizierten Wildtieren waren die Katzenvorfahren aufgrund ihres einzelgängerischen, territorialen Verhaltens einzigartig», schreiben die Wissenschaftler. Wie eng die Beziehung zwischen den Hauskatzen-Vorfahren der späten Jungsteinzeit und den Menschen war, die einst im heutigen Polen lebten, sei noch offen.

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