Lange Mission«Polarstern» wird für ein Jahr im Packeis fit gemacht
DPA/tjb
7.7.2019
Ein Jahr lang soll das deutsche Forschungsschiff «Polarstern» im Packeis durch die Arktis driften. Eine vergleichbare Expedition gab es bisher nicht. Nun wird das Schiff für die Extrembedingungen ausgerüstet.
Die «Polarstern» mit Heimathafen Bremerhaven zählt zu den leistungsfähigsten Forschungsschiffen der Welt. Mit seinem doppelwandigen Stahlrumpf kann es bis zu 1,5 Meter dickes Eis brechen. Aussentemperaturen von bis zu minus 50 Grad Celsius machen dem Schiff nichts aus. Doch für die am 20. September ab Tromsö in Norwegen beginnende Mosaic-Expedition wird das Schiff zurzeit auf der Lloyd Werft noch besser ausgerüstet.
Von Februar bis Juni ist die zentrale Arktis eigentlich unzugänglich, weil das Eis dann selbst für Eisbrecher wie die «Polarstern» zu dick ist. Für Forscher ist es aber wichtig, dort auch im Winter Messungen vorzunehmen, um mehr über den Klimawandel zu erfahren. Deshalb wird das Schiff mit etwa 100 internationalen Wissenschaftlern und Besatzungsmitgliedern an Bord vom Eis eingeschlossen ohne eigenen Antrieb über die Polkappe driften – so wie es der Forscher Fridtjof Nansen vor 125 Jahren schon mit dem Segelschiff «Fram» vorgemacht hat. «Er hat uns gezeigt, dass das möglich ist», sagt Rex.
Anders als die «Fram» wird die «Polarstern» während der Expedition von anderen Eisbrechern und Flugzeugen versorgt. Auch werden Crew und Forscher alle paar Monate wechseln. Die «Polarstern» allerdings muss das ganze Jahr über zuverlässig Dienst leisten. Damit das klappt, wird sie zurzeit nicht nur regulär gewartet, sondern auch aufgerüstet, etwa mit einer neuen Tankheizung.
Auch ein geheizter Tunnel wird installiert, um Wasserproben und Messgeräte aus dem minus 1,5 bis minus 1,8 Grad kühlen Ozean unbeschadet an Bord zu holen. «Sie würden bei Aussentemperaturen im Winter von bis zu minus 45 Grad sonst schockgefrieren», erläutert Rex.
Gesucht: Stabile Eisscholle
Am Mittwoch wurde auf dem Bug des Schiffes zudem ein zusätzlicher Kran installiert. Der wird benötigt, um von dort aus Messinstrumente bis aufs Eis herunterzulassen. «Wir messen, wie viel Wärme aus dem Ozean durch Rinnen und Risse im Eis an die Atmosphäre abgegeben wird», sagt Rex. Die Ergebnisse sollen in Modelle zu Vorhersagen über den Klimawandel einfliessen. «Je nach Modell geht man davon aus, dass die Arktis bis Ende des Jahrhunderts 5 bis 15 Grad wärmer sein wird», betont Rex. Für konkrete Prognosen sei die Spanne bei den Berechnungen viel zu gross.
Grösste Herausforderung während der Expedition werde in den ersten Wochen sein, eine geeignete Eisscholle zu finden, an der die «Polarstern» andocken wird. Auf ihr wird ein Camp aus Messstationen und Zelten aufgebaut. Sie wird mit dem Schiff mitdriften. «Wir brauchen eine stabile Eisscholle mit einem Durchmesser von 1,5 Kilometern», sagt Rex. Da es wegen der Erderwärmung kaum noch altes Eis gebe, werde die Suche vermutlich länger dauern. «Das wird ein Wettlauf mit der Polarnacht. Ab 20. Oktober wird es durchgehend fast vollständig dunkel sein.» Bis dahin müsse die ganze Ausrüstung auf dem Eis sein.
Erst wenn das geschafft sei, werde er Zeit haben, die Arktis auch zu geniessen. «Das Licht ist dort jeden Tag anders. Das wird nie langweilig», betont Rex. Um die «Polarstern» jedenfalls braucht er sich keine Sorgen zu machen. Sie halte jeden Eisdruck aus. «Sie ist stabil genug», sagt der Expeditionsleiter.
Getrieben vom Eis – Arktis-Expedition soll Klimawandel untersuchen
Das Forschungsschiff Polarstern liegt eingefroren im Eis der Zentralarktis.
Bild: Manuel Ernst/Alfred-Wegener-Institut, Helmhol/dpa
Der Forschungseisbrecher «Polarstern» (links) und der russische Eisbrecher «Akademik Fedorov» (rechts) liegen zwischen arktischen Eisschollen. Bereits nach wenigen Tagen hatten Wissenschaftler der Mosaic-Expedition eine Eisscholle gefunden, auf der sie das Forschungscamp für die einjährige Drift durch das Nordpolarmeer aufbauen wollen.
Bild: Esther Horvath/Alfred-Wegener-Institut/dpa
Der Eisbrecher «Polarstern» auf einer früheren Forschungsfahrt.
Bild: Keystone/dpa/Archiv
Nach dem Vorbild einer Expedition vor 125 Jahren lässt sich das deutsche Forschungsschiff 350 Tage im Nordpolarmeer einfrieren.
Bild: dpa
Die «Polarstern» soll sich ohne eigenen Antrieb von der natürlichen Drift des Eises über die Polkappe treiben lassen. Die Forschungsreise hat fünf Schwerpunkte: die Physik des Meereises und der Schneeauflage, die Prozesse in der Atmosphäre sowie im Ozean, die chemischen, biologischen und physikalischen Kreisläufe sowie das Ökosystem der Arktis.
Bild: Keystone/dpa
Während der Expedition werden an Bord der «Polarstern» jeweils rund 100 Menschen sein, die Hälfte Besatzungsmitglieder, die andere Hälfte Wissenschaftler.
Bild: dpa
Die «Polarstern» ist im September 2019 im norwegischen Tromsø in See gestochen. Die Frauen und Männer an Bord werden von vier anderen Eisbrechern versorgt. Für Versorgungsflüge und zwei Forschungsflugzeuge wird ausserdem eine Landebahn auf dem Meereis gebaut.
Bild: dpa
Er ist womöglich der wichtigste Mann an Bord: Sven Schnieder, Koch auf dem Forschungsschiff Polarstern, steht in der Küche des Schiffes. Schnieder ist für das leibliche Wohl von über 100 Menschen zuständig.
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