Astronomie Japanische Forscher lokalisieren blaue Polarlichter

SDA

8.12.2024 - 07:46

Polarlichter sind häufig als grüne wallende Vorhänge sichtbar, auch violette oder rötliche Bänder bekommen Beobachter manchmal zu sehen. (Archivbild)
Polarlichter sind häufig als grüne wallende Vorhänge sichtbar, auch violette oder rötliche Bänder bekommen Beobachter manchmal zu sehen. (Archivbild)
Keystone

Polarlichter sind häufig als grüne wallende Vorhänge sichtbar, auch violette oder rötliche Bänder bekommen Beobachter manchmal zu sehen. Doch nun gelang es erstmals, seltene blaue Polarlichter zu lokalisieren.

Wie zwei japanische Forscher im Fachblatt «Earth, Planets and Space» berichten, entstand dieses blaue Leuchten in einer Höhe von 400 bis 900 Kilometern – was im Widerspruch zu bisherigen Erklärungen für das Phänomen stehe.

Anfang Mai kam es auf der Sonne zu einer ganzen Serie gewaltiger Eruptionen, bei denen energiereiche elektrisch geladene Teilchen ins Weltall ausgestossen wurden. In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai erreichten diese Teilchen die Erde und führten zu einem geomagnetischen Sturm, in dessen Folge Nordlichter bis weit nach Süden hin sichtbar waren.

Das Magnetfeld der Erde lenkt die von der Sonne kommenden Teilchen zwar ab und verhindert dadurch, dass sie direkt in die Atmosphäre eindringen. Doch entlang der magnetischen Feldlinien strömt ein Teil der abgelenkten Teilchen – überwiegend Elektronen – auf Spiralbahnen zu den Polen hinab.

Treffen die Elektronen auf Atome und Moleküle der Atmosphäre, regen sie diese zum Leuchten an: Sauerstoff-Atome in einer Höhe von etwa 300 Kilometern leuchten rot, weiter unten, in einer Höhe von etwa 100 Kilometern dagegen grün. Und unterhalb des grünen Bereichs ist oft auch noch blaues Polarlicht auszumachen, das von angeregten Stickstoff-Atomen stammt.

Wenn Polarlichter weit im Süden sichtbar sind, wie im Mai, dann erscheinen diese zumeist rötlich, da der untere grüne und blaue Teil bereits unterhalb des Horizonts liegt. Umso ungewöhnlicher sind Berichte aus mittleren geografischen Breiten über blaue Polarlichter hoch am Himmel.

Mit der Hilfe von Smartphone-Fotos

Den Wissenschaftlern Sota Nanjo von der Universität für Elektrokommunikation in Tokio und Kazuo Shiokawa von der Nagoya-Universität in Aichi gelang es jetzt, dieses rätselhafte blaue Leuchten genauer zu untersuchen. Dabei halfen ihnen Bilder, die Hobby-Forscher mit ihren Smartphones gemacht hatten.

Insbesondere mit einer Reihe von Aufnahmen zweier Hobby-Forscher von verschiedenen Orten konnten Nanjo und Shiokawa das blaue Polarlicht lokalisieren: Es befand sich in einer Höhe von 400 bis 900 Kilometern und erstreckte sich über eine Länge von 1200 Kilometern. Dabei zeigte es drei streifenförmige Strukturen, die am Verlauf des irdischen Magnetfelds orientiert waren.

Bislang gab es zwei unterschiedliche Erklärungen für das blaue Polarlicht in grosser Höhe, die sich jedoch beide nicht in Einklang mit den Messungen von Nanjo und Shiokawa bringen lassen. So wurde spekuliert, neutrale Atome könnten aus dem All in die Atmosphäre eindringen und dort zum Leuchten angeregt werden. «Doch es ist unwahrscheinlich, dass neutrale Atome Polarlicht mit Strukturen erzeugt, die sich am Magnetfeld orientieren, wie wir es beobachtet haben», so Shiokawa.

Die zweite Erklärung basiert auf der Streuung von Sonnenlicht an Stickstoff in der Hochatmosphäre. Doch das von Nanjo und Shiokawa untersuchte blaue Polarlicht befand sich im Schatten der Erde, konnte also nicht durch Sonnenlicht verursacht worden sein. Das blaue Polarlicht erfordere folglich «eine alternative Erklärung», konstatieren die Wissenschaftler.

Bislang gebe es keine Erklärung für die Existenz von Stickstoff in so grosser Höhe. «Unsere Ergebnisse deuten auf einen bislang unbekannten Prozess hin, der Stickstoff in grosse Höhen transportiert», erläutert Shiokawa. Aber wie die Stickstoff-Moleküle dorthin gelangen, sei noch «von Geheimnissen umgeben», so der Forscher weiter. Die beiden Wissenschaftler hoffen nun auf weitere starke Polarlichter und viele Aufnahmen von Hobby-Forschern, um den rätselhaften Prozess zu verstehen.