Objekt «2006QV89» Glück gehabt: Massiver Asteroid wird die Erde verfehlen

DPA/gbi

17.7.2019

Die ESA-Forscher haben die Laufbahn des Asteroiden gespannt verfolgt.
Die ESA-Forscher haben die Laufbahn des Asteroiden gespannt verfolgt.
Bild: ESA/Twitter.com

Ein riesiger Asteroid schiesst auf die Erde zu. Lange sind sich die Wissenschaftler im Unklaren: Trifft er unseren Planeten oder fliegt er vorbei? Nun geben sie Entwarnung – er könnte aber wiederkehren.

Tagelang waren die Forscher im Ungewissen. Ein Gesteinsbrocken rast aus dem Dunkel des Alls auf die Erde zu. Das Zerstörungspotenzial des bis zu 50 Meter grossen Brockens ist enorm, sollte er in die Atmosphäre eintreten. Ein Einschlag hätte eine Sprengkraft von rund 100 Hiroshima-Atombomben. 

Erst jetzt scheint die drohende Gefahr eines ist gebannt. Der Himmelskörper mit dem Namen «2006QV89» wird unseren Planeten verfehlen, davon ist Rüdiger Jehn überzeugt. Er ist Leiter des Büros für Planetenschutz im Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Raumfahrtagentur ESA in Darmstadt. 



Mit einem Teleskop in Chile sei Anfang Juli ein möglicher Punkt der Asteroiden-Laufbahn beobachtet worden, sagt Jehn der Nachrichtenagentur DPA. Wäre der Asteroid dort aufgetaucht, wäre er mit der Erde kollidiert. Von «2006QV89» war aber nichts zu sehen. «2006QV89» wird Jehn zufolge in Sichtweite an unserem Planeten vorbeifliegen und kann von der Erde aus beobachtet werden. Gefahr gebannt? Nun: «Der Asteroid könnte sich möglicherweise im September 2023 noch einmal der Erde nähern.»

Wahrscheinlicher als ein Lottosechser

Der Brocken hätte im September dieses Jahres die Erde treffen können. Die Wahrscheinlichkeit für eine Kollision lag vor den Beobachtungen mit dem Teleskop laut Risikoliste der ESA bei 1:7'299. Zum Vergleich: Für einen Lottogewinn mit sechs Richtigen plus Zusatzzahl liegt sie bei 1:140 Millionen.

Gesteinsbrocken aus dem All in dieser Grössenordnung können immense Schäden anrichten. «Die Druckwellen werden mit den gleichen Sensoren ermittelt wie bei Atomwaffentests», sagte der ESA-Experte für Weltraumschrott, Holger Krag, am Internationalen Asteroidentag vom 30. Juni.

Vor sechs Jahren richtete die Explosion eines 20-Meter-Asteroiden in der russischen Millionenstadt Tscheljabinsk Verwüstungen an. Mit einem ohrenbetäubendem Knall raste eine Druckwelle über das Land. Die Explosion des 16'000-Tonnen-Brockens verletzte am 15. Februar 2013 etwa 1'500 Menschen – meist durch geborstene Scheiben. An Tausenden Gebäuden entstanden Schäden.

Erst im Dezember 2018 erlebte die Erde einen kosmischen Streifschuss: Ein Meteorit schoss mit einer Geschwindigkeit von 32 Kilometern pro Sekunde auf uns zu. Den Boden hat er glücklicherweise nicht erreicht: Über dem dünn besiedeltem Gebiet auf der russischen Halbinsel Kamtschatka verglühte der Gesteinsbrocken. 

Millionen Bäume weggefegt

Gut 100 Jahre zuvor hatte es in der einsamen Tunguska-Region in Sibirien einen Feuerball und dann die Explosion eines 40-Meter-Asteroiden gegeben. Die Naturkatastrophe am 30. Juni 1908 fegte Millionen Bäume auf einer Fläche von über 2'000 Quadratkilometern weg. Aufgrund dieses Ereignisses riefen die Vereinten Nationen 2016 den 30. Juni zum Internationalen Asteroidentag aus.

Als Asteroiden bezeichnen Weltraumexperten astronomische Kleinkörper mit einem Durchmesser ab einem Meter, die die Sonne umrunden. Diese Ein-Meter-Objekte treffen regelmässig die Erde. Bei den Objekten bis 100 Meter Durchmesser gehen Schätzungen von rund 40'000 Brocken aus, von denen nach ESA-Angaben erst rund 20 Prozent entdeckt wurden. Die geschätzten rund 1'000 Asteroiden ab einer Grösse von einem Kilometer sind für Weltraumforscher wesentlich einfacher aufzuspüren.

Sollten gefährliche Brocken aus dem All tatsächlich auf Kollisionskurs mit der Erde sein, sehen Wissenschaftler auch die Abwehr mit Raketen als Option. «Kinetischen Impakt» nennen sie das: Objekte mit grosser Masse und höchstmöglicher Geschwindigkeit sollen die Asteroiden rammen und sie so von ihrer Bahn abbringen.

Im Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Raumfahrtagentur in Darmstadt werden derzeit knapp 870 Objekte gelistet, die möglicherweise die Erde in den nächsten hundert Jahren treffen könnten. 

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