Krisensitzung der WHO Affenpocken haben Frankreich und Deutschland erreicht

Von Philipp Dahm

20.5.2022

Erst gab es nur Fälle in Kanada, den USA, Südeuropa und Grossbritannien. Nun sind die Affenpocken in Deutschland, Belgien und Frankreich angekommen. Die WHO hat ein Krisentreffen anberaumt.

Von Philipp Dahm

Dass Affenpocken ausserhalb Afrikas vorkommen, ist eher ungewöhnlich. Doch nun scheint es kleine Welle von Fällen in Nordamerika und Europa zu geben. Nach Kanada und den USA sowie Südeuropa und Grossbritannien hat die Krankheit Mitteleuropa erreicht: Belgien sowie die Nachbarländer Frankreich und Deutschland melden erste Fälle.

Im Westen soll ein 29-jähriger Franzose in der Region Ile-de-France, zu der auch Paris zählt, betroffen sein. Das haben die Behörden heute mitgeteilt. In Deutschland hat offenbar ein Armee-Labor eine Ansteckung nachweisen können, während in Belgien gleich zwei Fälle vom Mikrobiologen Emmanuel André von der Universität Löwen bestätigt wurden.

In Rom sind inzwischen ebenfalls zwei Personen erkrankt: Obwohl eine Übertragung der Affenpocken zwischen Menschen selten sein sollen, steigt die Zahl der Patienten erstaunlich schnell an. Während am 19. Mai erst 66 Fälle bestätigt waren, sind es einen Tag später bereits 127. Dass das Virus in der Regel milde Krankheitsverläufe nach sich zieht, ist nur ein kleiner Trost, weil die Infektion andererseits leider auch tödlich enden kann.

Spital-Direktor Francesco Vaia erklärt der Presse am 20. Mai in Rom, dass die Affenpocken auch in Italien angekommen sind.
Spital-Direktor Francesco Vaia erklärt der Presse am 20. Mai in Rom, dass die Affenpocken auch in Italien angekommen sind.
Keystone

Während aus Australien und Schweden bisher nur Einzelfälle bekannt sind, es in Spanien, Portugal und Grossbritannien jedoch relativ viele Patienten gibt, greift die Weltgesundheitsbehörde nun ein: Aus Angst vor einem internationalen Ausbruch hat die WHO ein Krisentreffen anberaumt, meldet der britische «Telegraph». Stockholm hat die Affenpocken heute als «allgemein gefährliche Krankheit» eingestuft. 

Beginnt nun ein Run auf Impfdosen?

Rätsel gibt Experten die Tatsache auf, dass sich das Virus anscheinend weltweit ausbreitet. «Darüber bin ich verblüfft», sagt Oyewale Tomori, ein Virologe und ehemaliger Leiter der Nigerianischen Akademie der Wissenschaften und Mitglied in mehreren Beratergremien der Weltgesundheitsorganisation. Täglich seien weitere Länder betroffen. «Das ist nicht die Art von Ausbreitung, die wir aus Westafrika kennen, deshalb geschieht im Westen vielleicht etwas Neues.»

Ausbrüche in Nigeria, wo jährlich etwa 3000 Fälle von Affenpocken auftreten, sind laut Tomori überwiegend auf ländliche Gegenden beschränkt, wo Menschen in engen Kontakt mit infizierten Ratten und Eichhörnchen kommen. Die Krankheit sei nicht leicht übertragbar, viele Fälle würden ausserdem vermutlich übersehen.

Das Affenpocken-Virus unter dem Mikroskop.
Das Affenpocken-Virus unter dem Mikroskop.
AP

«Wenn die Person nicht in einem hoch entwickelten Gesundheitszentrum landet, zieht sie nicht die Aufmerksamkeit des Überwachungssystems auf sich.» Er hoffe, dass das Auftreten von Affenpocken-Fällen im Westen das wissenschaftliche Verständnis der Krankheit voranbringe, sagt Tomori. 

Was bekannt ist: Schon die Impfung gegen normale Pocken immunisiert zu 85 Prozent – und nun ist der seit den 80ern verschwundene Impfstoff wieder relevant. Die USA haben 13 Millionen Dosen bestellt, Grossbritannien soll ebenfalls seine Vorräte aufstocken und weitere Länder werden in Kürze mit Sicherheit folgen.

Mit Material von AP.