Inflation in der SchweizSenioren spüren Teuerung jetzt plötzlich deutlich stärker
Samuel Walder
19.12.2024
Die Inflation bleibt für Schweizer Haushalte spürbar: Laut dem Comparis-Womo-Preisindex sind die Kosten für Wohnen und Mobilität im letzten Jahr um 1,7 Prozent gestiegen – besonders betroffen sind Mieterinnen und Mieter.
Samuel Walder
19.12.2024, 04:30
Samuel Walder
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Der Comparis-Womo-Preisindex zeigt im November 2024 einen Anstieg der Kosten für Wohnen und Mobilität um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Eine durchschnittliche Familie zahlt aufgrund der Teuerung jährlich etwa 755 Franken mehr für Wohnen und Mobilität.
Einpersonenhaushalte ab 65 Jahren verspüren die höchste Teuerung (2,3 Prozent).
Die Romandie verzeichnete die höchste Teuerung im Vergleich zum Vorjahr (+1,8 Prozent).
Die Schweizer Haushalte müssen weiter gegen die Inflation ankämpfen und spüren die Teuerungen. Laut dem Comparis-Womo-Preisindex sind Güter und Dienstleistungen im November 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,7 Prozent teurer geworden. Besonders spürbar ist der Anstieg bei den Mietkosten, die allein in den letzten drei Monaten um 0,5 Prozent zugelegt haben. Über einen Zeitraum von fünf Jahren ergibt sich gar ein Plus von 9 Prozent.
Der seit März 2024 vierteljährlich erscheinende Comparis-Womo-Preisindex in Zusammenarbeit mit der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH zeigt auf, wie sich die Teuerung in den Bereichen Wohnen und Mobilität (Womo) entwickelt hat.
Laut dem Womo-Preisindex sind im November 2024 die Preise für Wohnen und Mobilität in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,7 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) des Bundesamtes für Statistik (BFS), der einen Warenkorb von über 1’000 Waren und Dienstleistungen abdeckt, stieg nur um 0,7 Prozent*.
Gegenüber August 2024 sind die Preise im Schweizer Comparis-Womo-Preisindex gestiegen, nämlich um 0,1 Prozent (LIK: minus 0,6 Prozent*). Allein die Wohnungsmieten haben sich in den letzten 3 Monaten um 0,5 Prozent* erhöht. Gegenüber dem Vorjahresmonat sind es gar 3,4 Prozent*.
Mehrkosten von 755 Franken für eine Familie
«Wohnen und Mobilität machen bei einer durchschnittlichen Familie in der Schweiz rund 40 Prozent des Budgets für den täglichen Konsum aus. Deshalb sind Preiserhöhungen hier besonders schmerzhaft für Konsumentinnen und Konsumenten», sagt Comparis-Finanzexperte Dirk Renkert.
Der Womo-Preisindex erfasst im Sektor Wohnen etwa die Preisentwicklung der Mieten und Energie sowie Güter des Hausrats wie zum Beispiel Möbel. Im Bereich Mobilität sind es etwa die Preise für Benzin oder Diesel, fürs Auto oder die ÖV-Tickets.
Ein Anstieg des Womo-Preisindex um 1,7 Prozent heisst konkret: Hat eine Familie im letzten Jahr für die Wohnungsmiete monatlich 2’500 Franken, fürs Auto 1’000 Franken und für die ÖV-Tickets 200 Franken ausgegeben, sind die Kosten gegenüber Vorjahr um rund 63 Franken monatlich gestiegen. Auf das ganze Jahr gesehen ergibt das allein für Wohnen und Mobilität Mehrkosten von 755 Franken.
Hypothekarischer Referenzzinssatz dürfte 2025 wieder fallen
Die Wohnungsmieten sind in den letzten 5 Jahren um 9,3 Prozent* gestiegen. Im 2-Jahres-Vergleich haben sie sich um 5,9 Prozent erhöht. Darin enthalten sind die Mietpreissteigerungen der Bestandsmieten aufgrund der Erhöhung des hypothekarischen Referenzzinssatzes. Der hypothekarische Referenzzinssatz ermittelt sich aus dem durchschnittlichen Zinssatz der ausstehenden inländischen Hypothekenforderungen bei Banken. Aufgrund stark gestiegener Hypothekarzinsen erhöhte er sich 2023 in zwei Schritten von 1,25 Prozent auf 1,75 Prozent. Damit verbunden waren Mietpreissteigerungen durch die Vermieterschaft.
Seit Anfang 2024 haben sich die Konditionen für Hypothekendarlehen markant vergünstigt, da die Inflation stark gefallen ist und die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins seit März kontinuierlich gesenkt hat. Mit den stark rückläufigen Hypothekarzinsen dürfte der hypothekarische Referenzzins daher bald wieder fallen.
Betroffene Mieterinnen und Mieter haben dann Anspruch auf Mietpreissenkungen. Bei einer Senkung des hypothekarischen Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte bedeutet das 2,9 Prozent Mietzinsreduktion. Jedoch kann die Vermieterschaft 40 Prozent der aufgelaufenen Teuerung sowie pauschal 0,5 Prozent pro Jahr als allgemeine Kostensteigerung gegenrechnen.
«Die erwartete Senkung des Referenzzinssatzes dürfte für vorübergehende Erleichterung bei den Bestandsmieten sorgen. Umgekehrt sind Neumieterinnen und Neumieter aufgrund knappen Wohnraums mit anhaltend steigenden Angebotsmieten konfrontiert. Steigende Mieten sind und bleiben auch in Zukunft ein bedeutender Inflationstreiber», meint Renkert.
Stärkster Preisanstieg in den letzten 3 Monaten
Seit August 2024 sind die Preise für Bodenbeläge und Teppiche gegenüber November 2024 am stärksten gestiegen, um 5,5 Prozent*. Ebenfalls teurer wurden Fahrräder und Elektrofahrräder (plus 5,3 Prozent*) und Material für Wohnungsreparaturen (plus 5,2 Prozent*). Weiter sind die Preise für Wohnzimmer und Büromöbel (plus 2,4 Prozent*) sowie motorbetriebene Werkzeuge für Haus und Garten (plus 1,6 Prozent*) gestiegen.
Stärkster Preisrückgang in den letzten 3 Monaten: Im 3-Monats-Vergleich verbilligte sich Treibstoff am stärksten. Die Preise sind im letzten Monat gegenüber August 2024 um 5,8 Prozent* gesunken. Weiter wurden im gleichen Zeitraum andere Gebrauchsgüter für die Haushaltsführung (minus 2,5 Prozent*) und Energie zum Heizen (Gas, Heizöl, Brennholz und Fernwärme) (minus 1,9 Prozent) günstiger. Auch die Preise für neue Automobile und Occasionsautomobile sind um 1,1 Prozent* respektive 1,0 Prozent* gesunken.
Höchste Teuerung bei Einpersonenhaushalten ab 65 Jahren: Nach Haushaltstypen unterschieden, erlebten Einpersonenhaushalte ab 65 Jahren in den letzten 12 Monaten die höchste Teuerung bei Wohnen und Mobilität. Sie fühlen aktuell eine Teuerungsrate von 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch im November 2024 wurde für sie das Leben verglichen mit August 2024 noch einmal teurer, um 0,1 Prozent.
Rein rechnerisch spüren Paare ab 65 Jahren ohne Kinder prozentual am wenigsten. Mit einem Indexstand von 111,5 hat die gefühlte Teuerung in den Bereichen Wohnen und Mobilität bei Ihnen in den letzten 12 Monaten 1,4 Prozent betragen. Im 3-Monats-Vergleich verringerte sich die Teuerung für sie im November 2024 um minus 0,2 Prozent.
Tiefste Einkommensklasse spürt die Teuerung am meisten: In den Einkommensklassen zeigt sich: Das Leben hat sich im Vergleich zum Vorjahr für die tiefste Einkommensklasse am stärksten verteuert. Der Womo-Preisindex ist für diese Klasse um 2,3 Prozent gestiegen. Verglichen mit August 2024 war die Teuerung unverändert.
Am schwächsten von der Teuerung betroffen war die höchste Einkommensklasse. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Preise für sie um 1,5 Prozent gestiegen. In den letzten 3 Monaten wurde der Konsum für die höchste Einkommensklasse um 0,3 Prozent günstiger.
Höchste Teuerung in der französischen Schweiz: Unterteilt nach Sprachregionen ergibt sich folgendes Bild: Die französische Schweiz verzeichnete mit plus 1,8 Prozent die höchste Teuerung im Vergleich zum Vorjahr. Gegenüber August 2024 sank das Preisniveau um 0,1 Prozent.
Die vergleichsweise tiefste Teuerung gegenüber dem Vorjahr hatten die Deutschschweiz und die rätoromanische Schweiz mit plus 1,7 Prozent. Im Vergleich zu vor 3 Monaten waren die Preise in den Bereichen Wohnen und Mobilität um 0,1 Prozent günstiger.
Travail Suisse will mit mehr Lohn Kaufkraftkrise überwinden
Der Arbeitnehmer-Dachverband Travail Suisse fordert für das kommende Jahr deutliche Lohnerhöhungen von bis zu 4 Prozent. Damit solle die Kaufkraftkrise überwunden werden. Denn steigende Lebenshaltungskosten belasteten die Arbeitnehmenden, so der Verband. Die Kaufkraft der Arbeitnehmenden sei wegen der historisch schwachen Lohnentwicklung massiv geschwächt, teilten Travail Suisse und seine Verbände am Montag anlässlich ihrer Medienkonferenz in Bern mit. Die Reallöhne seien um mehr als 3 Prozent gefallen, obwohl die Wirtschaft seit 2021 real um über 7 Prozent gewachsen sei. «Es besteht deshalb dringender Nachholbedarf bei den Löhnen», wird Thomas Bauer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travail Suisse, in der Mitteilung zitiert.