Benkos Signa-Holding ist pleiteDer tiefe Fall des Tiroler Immobilientycoons
sda/toko
29.11.2023 - 16:02
Der Tiroler Immobilientycoon René Benko schaffte es aus einfachen Verhältnissen zu einem der reichsten Menschen Österreichs. Nun ist seine Signa-Holding insolvent. Wer ist der Mann?
29.11.2023, 16:02
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Die Signa-Holding des österreichischen Immobilientycoons René Benko ist insolvent.
Das Leben des Tirolers ist geprägt von einem stetem und sagenhaften Aufstieg. Aus einfachen Verhältnissen und ohne Schulabschluss wird er zunächst zu einem der reichten Österreicher.
Der Aufstieg des Immobilientycoons René Benko klingt zunächst wie aus dem Bilderbuch: Aus einfachen Verhältnissen und ohne Schulabschluss schaffte es der Tiroler zu einem der reichsten Unternehmer Österreichs zu werden. Nun ist seine Signa-Holding insolvent. Wer ist der Mann, der diesen tiefen Fall erlitt?
Mit 40 Euro-Milliardär
Das Immobilien-Imperium hat der 46-Jährige aus Innsbruck bereits mit 22 Jahren aufzubauen begonnen. Jüngsten Angaben auf der Konzernhomepage zufolge erreicht die Signa Real Estate AG einen Bruttovermögenswert von 27 Milliarden Euro (rund 26 Milliarden Franken). Hinzu komme ein Entwicklungsvolumen von 25 Milliarden Euro (rund 24 Milliarden Franken).
Laut «Wirtschafts-Compass» hält die Familie Benko Privatstiftung direkt und indirekt rund 66 Prozent an der nun insolventen Signa Holding GmbH. Weitere 15 Prozent hält die Familienstiftung um den Industriellen und Ex-Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner.
Bereits mit 20 Jahren soll Benko seine erste Schilling-Million gehabt haben, mit 40 war er Euro-Milliardär und seither einer der reichsten Österreicher.
Schon als Schüler erregte der Sohn eines Gemeindeangestellten und einer Kindergärtnerin Mitte der 1990er-Jahre Aufsehen. Als 17-Jähriger organisierte er für einen befreundeten Innsbrucker Baumeister den Ausbau von Dachböden in bester Stadtlage.
Benko galt in seinem Umfeld als «Blitzgneisser» mit gutem Geschäftsinstinkt, als «super Netzwerker» und vor allem als sehr arbeitswillig – nach eigenen Angaben stand er jeden Tag um halb fünf in der Früh auf und arbeitete bis kurz vor Mitternacht.
Benko gelang es früh, Reiche und Prominente von seinen Geschäftsideen zu überzeugen. Kurz nach der Gründung der Immofina, aus der später die 1999 gegründete Signa-Gruppe hervorging, traf er auf den Stroh-Tankstellenerben Karl Kovarik, der sich 2001 in Benkos Unternehmen einkaufte.
Mit Kovariks Geld, einem zweistelligen Millionenbetrag, wuchs die Signa Holding zu einem der grössten österreichischen Immobilienunternehmen heran, das seine Fühler längst auch ins Ausland, vor allem nach Deutschland, ausgestreckt hat.
Durchbruch mit Kaufhaus Tyrol
Der erste grosse Deal, mit dem der Tiroler 2004 auf sich aufmerksam machte, war die Übernahme des Kaufhauses Tyrol in Innsbruck. Später kamen Immobilien in der Wiener Innenstadt wie das «Goldene Quartier» inklusive dem Hotel Park Hyatt, das Bank Austria Kunstforum Wien sowie im Ausland beispielsweise das Hotel Bauer Palazzo in Venedig, eine Hälftebeteiligung am Chrysler Building in New York und am Nobelkaufhaus Selfridges in London. 2020 übernahm er mit der thailändischen Central Group je die Hälfte der Anteile der Warenhauskette Globus von der Migros.
Benko ist auf Diskretion bedacht, wenn es um sein Privatleben geht. Der mit einem Ex-Model verheiratete mehrfache Familienvater beschränkte seine öffentlichen Äusserungen und Auftritte auf ein Minimum.
Seine Verschwiegenheit galt auch für seine Geschäftsergebnisse – in die Bücher seiner bewusst nicht börsennotierten Beteiligungsgesellschaft Signa Holding liess er Aussenstehende in der Regel nicht blicken, insbesondere Gewinn- und Reservezahlen behielt er lieber für sich.
2012 erlitt Benko einen Rückschlag, als er wegen versuchter verbotener Intervention vor Gericht stand. In der Folge zog sich Benko zwar operativ aus seiner Signa Holding zurück, verfügte aber über seine Familienstiftungen über die Mehrheit der Stimmrechte und galt weiterhin als zentraler Entscheidungsträger.
Aufbau eines Handelsimperiums
Der umtriebige Tiroler beliess es nicht beim Immobiliengeschäft, sondern baute nach und nach auch ein Handelsimperium mit teils recht attraktiven Immobilien in zentraler Lage auf. 2012 übernahm er gemeinsam mit dem israelischen Diamantenhändler Beny Steinmetz das berühmte Nobelkaufhaus KaDeWe in Berlin.
Europaweit bekannt wurde er 2014 mit dem Kauf der angeschlagenen deutschen Warenhauskette Karstadt. Nachdem sich Benko 2019 auch den Karstadt-Konkurrenten Kaufhof einverleibt hatte, fusionierte er die beiden Kaufhäuser unter dem Dach der «Galeria Karstadt Kaufhof GmbH». Was folgte waren Zahlungsschwierigkeiten, zwei Schutzschirmverfahren, Filialschliessungen und die Kündigung Tausender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
2023 häufen sich die Probleme
2023 war kein gutes Jahr für Benko, denn die Probleme häufen sich. Die EU-Bankenaufsicht unterzog die Kredite von Banken an die Signa-Gruppe einer Sonderprüfung. Der Abschwung am Immobilienmarkt traf die Signa Holding hart.
Hohe Abwertungen auf das Immobilienportfolio drückten das Ergebnis der Signa Prime Selection AG im vergangenen Jahr tief ins Minus. Die Signa Sports United, der Online-Sportartikelhändler rund um Benko, ist zahlungsunfähig und musste im Oktober Insolvenz anmelden, die deutsche Tochter Signa Real Estate Management Germany GmbH eröffnete den Pleiten-Auftakt im November.
Auf wachsenden Druck von Gesellschaftern kündigte Benko im November an, sich von der Spitze des Beirats der Signa Holding zurückzuziehen und die Position an den deutschen Sanierungsexperten Arndt Geiwitz zu übergeben. Geiwitz war zuvor schon als Restrukturierungsberater ins Boot geholt worden und kannte bereits die kriselnde Warenhauskette Galeria Kaufhof Kaufstadt als Sanierer im Signa-Reich.
Ende November 2023 war die übergeordnete Beteiligungsgesellschaft Signa Holding zahlungsunfähig. Was folgte, war ein Insolvenzantrag beim Handelsgericht Wien. Angestrebt wird eine Sanierung mit Eigenverwaltung.
Das Imperium bestehend aus über 1000 ineinander verschachtelten Gesellschaften, Untergesellschaften und Einzelimmobilien. Der Milliardär hätte kurzfristig eine Finanzspritze von rund 500 Millionen Euro gebraucht, um das hochverschuldete Signa-Konstrukt in der bisherigen Form am Leben zu erhalten.