CS-Übernahme Was kann noch schiefgehen?

mmi

17.4.2023

Die UBS will die Übernahme der Credit Suisse so rasch wie möglich besiegeln – spätestens bis Ende Juni.
Die UBS will die Übernahme der Credit Suisse so rasch wie möglich besiegeln – spätestens bis Ende Juni.
Keystone

Bis Ende Juni soll die Fusion der UBS und der Credit Suisse in trockenen Tüchern sein. Bis es so weit ist, gibt es noch einige Hürden zu überwinden. Welche das sind, liest du in der Übersicht.

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Keine Zeit? blue News fasst zusammen

  • «So schnell wie möglich» – so lautet das Motto der UBS für die Übernahme der Credit Suisse. Konkret soll die Fusion bis Ende Juni in trockenen Tüchern sein. 
  • Bis es so weit ist, gibt es verschiedene Hürden zu überwinden: etwa weitere Geldabflüsse und Abgänge von Mitarbeitenden sowie mögliche Auflagen der Eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko) oder die beschränkte Handlungsfähigkeit der UBS bis zum Abschluss. 

Zwar dürfte der starke Geldabfluss wie vor der Ankündigung der Übernahme am 19. März gestoppt sein. Aber: «Von weiteren Abflüssen auch nach der Ankündigung der Übernahme ist auszugehen», sagt Vontobel-Analyst Andreas Venditti im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Zum einen dürfte es Überlappungen geben beim Geschäft und bei Kunden. «Aus Diversifikationsgründen werden Kunden nicht warten, bis sie UBS-Kunden sind, sondern einen Teil ihrer Vermögen verschieben.»

Hinzu komme, dass die CS in Bezug auf Geschäfte und in Bezug auf Kunden teilweise einen grösseren Risikoappetit hat als die UBS. «Die UBS möchte wahrscheinlich nicht jeden Kunden von der Credit Suisse einfach so übernehmen.» Grosse Kunden seien sich dessen bewusst und würden schon vorzeitig Alternativen am Markt suchen, erwartet der Analyst.

Gerüchte kochen hoch

Ein weiteres Problem für die UBS ist die Verunsicherung unter den CS-Mitarbeiter*innen. Diese sind bis zum Abschluss der Übernahme im Ungewissen, ob sie danach überhaupt noch einen Job haben werden. Und auch die UBS-Mitarbeiter geraten mit der Übernahme der Erzrivalin unter Druck. Schon allein, weil es mit der Rückkehr von Sergio Ermotti als CEO auch zu Veränderungen im Management kommen dürfte.

Klar ist bereits heute, dass tausende Stellen in Gefahr sind. Die CS hatte bereits vergangenen Oktober weltweit einen Abbau von rund 9000 der damals rund 52'000 Stellen angekündigt.

Und nach der Ankündigung der Übernahme wurde in den Medien spekuliert, dass in der kombinierten Bank bei bis zu 30'000 Stellen der Rotstift angesetzt werden könnte. Es dürfte wohl letztendlich eine Zahl irgendwo dazwischen werden. Ende 2022 beschäftigten beide Banken in Vollzeitstellen gerechnet insgesamt 123'000 Menschen.

Gute Mitarbeiter auf der Flucht?

In dieser Situation besteht die Gefahr, dass viele CS-Mitarbeiter die Bank bereits vorher verlassen. Und Wettbewerber dürften ihre Chance wittern, gutes Personal abzuwerben.

Auch die UBS ist offenbar nicht untätig: So soll sich jüngst etwa der Chef der UBS-Vermögensverwaltung, Iqbal Khan, mit CS-Mitarbeitern getroffen und gesagt haben, die UBS könnte die Vermögensverwaltung der Credit Suisse in Indien nach dem Zusammenschluss behalten, wie «Bloomberg» unter Berufung auf anonyme Quellen schrieb. Die UBS selbst ist vor Ort nicht mehr direkt vertreten.

«Man sieht die Dringlichkeit: Die UBS möchte das so schnell wie möglich über die Bühne bringen.»

Angesichts der vielen Unsicherheiten sei es sehr sinnvoll, dass die UBS aufs Gas tritt und ein Closing so schnell wie möglich anpeilt, schreibt Analystin Anke Reingen von «RBC». «Man sieht die Dringlichkeit: Die UBS möchte das so schnell wie möglich über die Bühne bringen», sagt auch Venditti. Wie schnell der Deal abgeschlossen wird, hänge aber davon ab, wann die Aufsichtsbehörden ihr Okay geben – vor allem an bedeutenden Standorten wie Grossbritannien und den USA.

Diverse Länder sagen «Ja» zur Übernahme

Das UBS-Management sprach bei der Ankündigung der Übernahme von insgesamt 58 Ländern. Eine prinzipielle Zustimmung dürfte von sehr wichtigen Ländern bereits eingeholt worden sein, als die Übernahmepläne festgezurrt wurden – wie etwa in den USA.

Die offiziellen Prozesse dauern zwar länger, aber auch diese sollen beschleunigt vonstattengehen, wie die Bank in Aussicht gestellt hat.

Derzeit arbeitet die UBS mit Hochdruck daran, alle nötigen regulatorischen Genehmigungen im Ausland zu erhalten. Die Bank of England hat ihre Zustimmung laut der Nachrichtenagentur Reuters bereits Anfang April erteilt. Und auch die EU-Kommission kommunizierte, dass der Deal aufgrund einer Ausnahmeregelung vollzogen werden darf, obwohl die offizielle Prüfung noch nicht abgeschlossen ist.

Und erst am vergangenen Freitagabend teilte die US-Notenbank mit, sie habe dem Kauf der CS-Tochtergesellschaften in den USA durch die UBS ihren Segen erteilt, sodass die Übernahme bald unter Dach und Fach sein, spätestens aber Ende Juni.

Weko vs. Finma

Bei Firmenfusionen kommt normalerweise die Wettbewerbskommission (Weko) ins Spiel. Fördert ein Zusammenschluss eine marktdominierende Stellung der neuen Firma, kann die Weko die Fusion verbieten oder mit Auflagen belegen.

Doch in Fällen, wo es um die Finanzstabilität geht, greift das Kartellrechtsgesetz, und die Finanzmarktaufsicht (Finma) darf die Fusion vorab genehmigen, auch wenn die Prüfung der Weko fehlt. Die Kommission wird der Finma im Nachgang noch eine Stellungnahme zu den Folgen für den Wettbewerb liefern. 

Dass die Weko noch nachträglich Auflagen anordnen könnte (zum Beispiel Teil-Verkäufe der CS), verneint die Finanzmarktaufsichtsbehörde auf Anfrage der «Neuen Zürcher Zeitung». Die Übernahme sei bewilligt, die Weko könne der UBS nicht im Nachhinein noch in die Geschäftsstrategie reinreden. 

Finanzrechts- und Kartellrechtsexperten indes sehen dies laut dem Bericht der «NZZ» weniger strikt. Die Finma müsse auch bei der Übernahme der Credit Suisse genau hinschauen und wettbewerbsrechtliche Aspekte berücksichtigen. 

Parlaments-Nein soll rechtlich untersucht werden

Für die UBS gibt es keine weiteren Auflagen durch den Bund, vielmehr Staatshilfen in Milliardenhöhe bei allfälligen Verlusten.

Dass der Übernahme-Deal noch im letzten Moment platzen könnte, sei daher kaum vorstellbar, sagt Venditti von Vontobel. Viele Hürden, die man normalerweise bei einem Unternehmenszusammenschluss nehmen muss, wurden bereits im Vorfeld aus dem Weg geräumt. Auch durften etwa die Aktionäre sowohl der UBS als auch der CS nicht mitreden.

Allerdings könnte das Nein des Nationalrats zu den Milliardengarantien des Bundes in einer ausserordentlichen Session vergangene Woche doch noch ein Nachspiel haben. Gemäss Medienberichten soll die Ausgangslage nicht ganz so eindeutig sein. Politiker verschiedener Parteien wollen laut einem Bericht der Tamedia-Zeitungen daher den rechtlichen Graubereich ausleuchten lassen.

Es gibt die übliche Rücktrittsklausel

Und wie bei Übernahmeverträgen üblich, gibt es auch in diesem Fall eine Rücktrittsklausel, die sich im Fachjargon MAC-Klausel nennt. MAC steht für «Material Adverse Change», englisch für «wesentliche nachteilige Veränderung». Der Käufer kann zwischen Unterschrift und Vollzug einen Rückzieher machen, sollte etwas passieren, wodurch er bedeutend benachteiligt wird.

Die UBS hatte nur wenig Zeit, die Transaktion zu prüfen, daher sei die MAC-Klausel wichtig, schreibt Analyst Kian Abouhossein von J.P.Morgan.

Aber: Es müsste schon ein sehr extremes Szenario eintreffen, dass die Bedingung für einen Vertragsrücktritt gegeben wäre, kommentiert gleichzeitig Vontobel-Analyst Venditti. Als Beispiel nennt der Bankenexperte eine extreme geopolitische Situation mit grosser Panik an den Finanzmärkten. Mit der Übernahme habe sich die UBS «natürlich ganz schön Risiken auf die Bücher geholt».

(*mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA)