Massenentlassung in Huttwil Der Flyer-Chef wusste nichts von den Plänen der deutschen Eigentümerin

toko

5.11.2024

Bessere Zeiten: Montage von E-Bikes am Produktionsstandort in Huttwil 2021.
Bessere Zeiten: Montage von E-Bikes am Produktionsstandort in Huttwil 2021.
Keystone/Gaetan Bally

Die gesamte Produktion des Schweizer E-Bike-Pioniers Flyer wird ins Ausland verlagert. Ein Medienbericht deutet nun an, wie die deutsche Eigentümerin die Belegschaft an der Nase herum führte.

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  • Der Schweizer E-Bike-Hersteller Flyer, im Besitz der deutschen Firma ZEG, verlagert seine komplette Produktion ins Ausland.
  • Selbst der Chef des Schweizer Standorts wusste nichts vom kommenden Produktions-Aus in Huttwil BE. Das Konsultationsverfahren ist eröffnet.
  • Einem Medienbericht zufolge wurden noch Wochen vor der Entscheidung Durchhalteparolen an die Belegschaft verschickt.
  • Nur wenige Jobs werden in Huttwil erhalten bleiben. Rund 150 Beschäftigte verlieren wohl ihre Arbeit.

Das Unternehmen Flyer AG ist ein Pionier für E-Bikes in der Schweiz und baute bereits 2009 ein Werk in Huttwil BE. 2017 stieg mit der deutschen Kölner Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft (ZEG) dann ein grosser Player der Branche beim Schweizer Unternehmen ein.

Während des E-Bike-Booms im Zuge der Corona-Pandemie profitierte auch Flyer massiv von der hohen Nachfrage. Zu Hochzeiten waren in Huttwil 350 Menschen beschäftigt. Diese Zeiten jedoch sind längst vorbei. Die komplette Produktion von Flyer wird ins Ausland verlagert, wie es in Medienberichten bereits vergangene Woche hiess.

Nun wird klar: Nicht einmal der Schweizer Flyer-Chef Andreas Kessler wusste von dem Stellenabbau. «Der Entscheid zur Verlagerung ist auch für mich völlig überraschend gekommen», sagte der gebürtige Zürcher zu «Blick».

Maulkorb für Flyer-Chef

Sehr viel mehr kann Kessler nicht sagen, denn dem Bericht zufolge bekam er von seiner deutschen Eigentümerin wegen dem laufenden Konsultationsverfahren einen Maulkorb verpasst.

Anstatt also Produktion in Huttwil BE zu managen, ist es nun Kesslers Job, sie dicht zu machen. Der Grossteil der derzeit rund 170 Beschäftigten wird ihren Job verlieren.

Dabei hatten die Ereignisse der letzten Monate eigentlich eher nahegelegt, der Standort in der Schweiz bliebe erhalten. Noch Ende September hiess es in einem Schreiben an die Belegschaft, Flyer bleibe ein «Schweizer Produzent». Und erst vor zehn Tagen sagte Kessler in einem Interview: «Unser Aktionär hält am Schweizer E-Bike-Produktionsstandort fest.»

Nichtmal eine Woche später dann die Hiobsbotschaft für die Belegschaft in Huttwil: Die Mitarbeiter in der Produktion erfahren von ihrer Entlassung. Künftig werden nur noch eine Handvoll Mitarbeiter in Entwicklung und Vertrieb im Oberaargau beschäftigt sein. Die komplette Produktion jedoch wird in bestehende Werke im Ausland integriert.

«Tal der Tränen»

Im «Velojournal» sagte Flyer-CEO Andreas Kessler vor rund einer Woche, dass man zwar Lagerbestände habe abbauen können, sie seien aber noch immer auf einem hohen Niveau. Für 2025 erwarte er kein Wachstum.

Kessler sprach im Interview von einem «Tal der Tränen», das 2025 noch durchquert werden müsse. Konkret von Stellenabbau sprach der CEO aber nicht.

Bereits vor einem Jahr hat Flyer rund 80 Stellen abgebaut. Erste Anfänge von Flyer reichen in die 1990-er Jahre zurück. Damals produzierte die Firma BK Tech eine erste Kleinserie mit E-Bikes namens «Flyer Classic». In den 2000-er Jahren zog die Nachfrage nach Elektrovelos an. Das Unternehmen baute 2009 in Huttwil ein Werk.

Mit Material von Keystone-SDA.