Schuldenstreit in USA Biden und McCarthy besiegeln Deal zur Abwendung des Zahlungsausfalls

dpa

29.5.2023 - 05:38

Einigung im Streit über US-Schuldengrenze

Einigung im Streit über US-Schuldengrenze

STORY: Die US-Regierung hat eine grundsätzliche Einigung mit den Republikanern im Kongress über eine Anhebung der Schuldenobergrenze erzielt. Der führende Republikaner im US-Kongress, Kevin McCarthy, sagte am Samstag vor Reportern auf dem Capitol Hill: «Ich habe gerade mit dem Präsidenten telefoniert. Wir haben heute zwei mal gesprochen. Nach wochenlangen Verhandlungen sind wir zu einer grundsätzlichen Einigung gekommen. Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns, aber ich glaube, dass dies eine Einigung ist, die dem amerikanischen Volk würdig ist. Sie beinhaltet historische Ausgabenkürzungen, konsequente Reformen, die Menschen aus der Armut in die Arbeitswelt bringen, die Zügelung staatlicher Masslosigkeit, keine neuen Steuern, keine neuen Regierungsprogramme, und vieles mehr. Ich gehe davon aus, dass wir den Gesetzentwurf fertig schreiben, mit dem Weissen Haus absprechen, morgen Nachmittag noch einmal mit dem Präsidenten sprechen und dann den Text veröffentlichen werden. Am Mittwoch werden wir dann darüber abstimmen.» US-Präsident Joe Biden twitterte: «Heute Abend haben Sprecher McCarthy und ich eine grundsätzliche Einigung über den Haushalt erzielt.» «Die Einigung ist ein Kompromiss, was bedeutet, dass nicht jeder bekommt, was er will. Das ist die Verantwortung des Regierens.» Der wochenlange Streit über eine Anhebung der Obergrenze von bislang 31,4 Billionen Dollar war mit grossem Interesse an den Finanzmärkten verfolgt worden. Ohne eine Einigung hätten den USA die Zahlungsunfähigkeit gedroht. Experten hatten schwerwiegende Folgen für die Weltwirtschaft befürchtet.

29.05.2023

Eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise scheint durch den Deal im US-Schuldenstreit abgewendet. Eine wichtige Hürde muss der Kompromiss allerdings noch nehmen.

US-Präsident Joe Biden und der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, haben ihren Kompromiss für einen Gesetzesentwurf zur Abwendung der Zahlungsunfähigkeit der Vereinigten Staaten besiegelt. Zuvor war lediglich von einer «vorläufigen Einigung» die Rede gewesen.

«Sprecher McCarthy und ich haben eine parteiübergreifende Haushaltsvereinbarung getroffen, die die schlimmste Krise verhindern wird – einen Zahlungsausfall zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes», teilte Biden gestern (Ortszeit) bei Twitter mit.

Der Deal sei eine «gute Nachricht» für das amerikanische Volk, schrieb Biden weiter. Er forderte den Kongress auf, das Abkommen zur Erhöhung der US-Schuldenobergrenze bis 2025 im Gegenzug zu deutlichen Kürzungen bei den Ausgaben unverzüglich zu verabschieden. Eine Abstimmung in der Kammer ist für Mittwoch geplant.

Kompromiss nach harten Verhandlungen

Der Entwurf muss so schnell wie möglich in beiden Kammern des Kongresses – also dem Repräsentantenhaus und dem Senat – verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet werden, damit der US-Regierung das Geld nicht ausgeht. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte zuletzt gewarnt, das Geld könnte am 5. Juni ausgehen. Vorausgegangen war ein intensiver Streit, der Biden sogar dazu veranlasst hatte, Auslandsreisen abzusagen.

Biden und McCarthy hatten den Kompromiss gepriesen: Biden liess am Samstag mitteilen, es handle sich um einen wichtigen Fortschritt, der die Ausgaben senke und gleichzeitig wichtige Programme für die arbeitende Bevölkerung schütze sowie die Wirtschaft für alle stärke. Ausserdem sichere die Vereinbarung die wichtigsten Teile seiner Agenda. Der 80-Jährige räumte jedoch auch ein, «dass nicht jeder bekommt, was er will.»

McCarthy sprach von einer «Vereinbarung, die des amerikanischen Volkes würdig ist.» Beim Sender Fox News gab er sich zuversichtlich: «Ich denke, dass die Mehrheit der Republikaner für diesen Gesetzentwurf stimmen wird». Auch Präsident Biden stehe hinter dem Text, «daher denke ich, dass auch viele Demokraten dafür stimmen werden».

US-Präsident Joe Biden (r.) und der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy (l.), verhandeln im Weissen Haus über die Schuldengrenze. (22. Mai 2023)
US-Präsident Joe Biden (r.) und der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy (l.), verhandeln im Weissen Haus über die Schuldengrenze. (22. Mai 2023)
Bild: Keystone/AP Photo/Alex Brandon

Weitere Hürde im Kongress

Eine Zustimmung am Mittwoch im Repräsentantenhaus gilt zwar als wahrscheinlich, aber nicht als garantiert. Die Situation in der Kammer ist besonders verfahren, weil die Republikaner nur eine sehr knappe Mehrheit haben. In der Fraktion sitzen auch radikale Abgeordnete, die kein Interesse an einem realistischen Kompromiss zeigen. McCarthy ist zu Beginn des Jahres erst nach einem historischen Wahlchaos von seiner Fraktion zum Vorsitzenden gewählt worden. Das hatte seine Position enorm geschwächt.

Der Streit über die Schuldengrenze ist eine grosse Bewährungsprobe für McCarthy, bei der er für seine Partei Ergebnisse liefern muss. Dabei muss es ihm auch gelingen, einige Radikale hinter der Einigung zu versammeln, um eine möglichst breite Mehrheit in seiner Partei zu haben. Wäre er bei einer Abstimmung auf besonders viele Stimmen der Demokraten angewiesen, weil seine Parteikollegen sich quer stellen, würde ihn das weiter schwächen. 

Streit um Steuern für Reiche

Der nun erreichte Kompromiss soll den Umfang des Bundeshaushaltes, den die Demokraten unter Biden eigentlich vergrössern wollten, nun faktisch einfrieren. Dafür würden die Budgets vieler Bundesbehörden und Ministerien angepasst.

McCarthy sprach von «historischen Ausgabenkürzungen», zu denen keine neuen Steuern oder Regierungsprogramme hinzukämen. Die Demokraten wollten die staatlichen Einnahmen eigentlich durch die stärkere Besteuerung von Reichen erhöhen. Dagegen stemmten sich die Republikaner. Sie hatten Biden bei den Verhandlungen im Gegenzug für eine Erhöhung der Schuldengrenze zu Einsparungen etwa im sozialen Bereich gedrängt.