Sicherheitsmängel im Tauchboot«Ich bin heute heilfroh, damals lebendig rausgekommen zu sein»
Von Andreas Fischer
21.6.2023
Titanic-Tauchboot: Suche läuft weiter
US-Medienberichten zufolge könnten nun allerdings Klopf-Geräusche, die am Dienstag registriert wurden, einen Hinweis darauf geben, wo sich das Mini-U-Boot befindet.
21.06.2023
Bereits vor fünf Jahren haben Fachleute auf mögliche Gefahren für Passagiere des verschollenen Tauchboots «Titan» hingewiesen. Die Betreiberfirma schwieg und zog stattdessen einen Ingenieur vor Gericht.
Von Andreas Fischer
21.06.2023, 17:32
22.06.2023, 06:57
Von Andreas Fischer
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Experten warnten schon 2018 vor gravierenden Sicherheitsmängeln an der «Titan».
Das verschollene Tauchboot ist offenbar gar nicht für Tauchgänge zur «Titanic» zertifiziert.
Es gibt weltweit nur ein U-Boot, dass tief genug tauchen kann, um die «Titan» aufzuspüren: Allerdings ist das Tiefseetauchboot nicht für Rettungseinsätze geeignet.
«Ich bin heute heilfroh, damals lebendig rausgekommen zu sein. Im Rückblick war das schon ein Himmelfahrtskommando», sagt der deutsche Unternehmer und Abenteurer Arthur Loibl in einem Interview mit dem «Spiegel». Loibl war 2021 mit dem verschollenen Touristen-Tauchboot «Titan» zum Wrack der «Titanic» getaucht.
Vor zwei Jahren, sagt Loibl, habe es wiederholt Probleme mit den Batterien gegeben. Einer der vorangegangenen Tauchgänge habe in 1600 Metern Tiefe abgebrochen werden müssen: «Bei uns haben sich zudem beim Ablassen vom Mutterschiff die Ausgleichsgewichte gelöst.»
Experten befürchteten schon 2018 eine Katastrophe
Loibls Bericht deckt sich mit Einschätzungen von Sicherheitsexperten. Schon 2018 hatten Führungskräfte der Tauchboot-Industrie erhebliche Sorgen bezüglich der Sicherheit der «Titan» geäussert. Dies berichtet die «New York Times». In einem Brief hatten sie demnach damals geschrieben: «Wir befürchten, dass der aktuelle experimentelle Ansatz von OceanGate zu negativen Ergebnissen führen könnte (von geringfügig bis katastrophal).»
Auch im Unternehmen selbst hatte es erhebliche Bedenken gegeben. So hatte David Lochridge, bis 2018 Direktor für den Schiffsbetrieb bei OceanGate, mehr Tests für das Boot gefordert, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht, aus denen das Nachrichtenportal «News Republic» zitiert. Lochridge wurde von OceanGate 2018 entlassen, weil er die Sicherheit der «Titan» kritisch hinterfragte. Der Ingenieur und das Unternehmen verklagten sich daraufhin gegenseitig.
Der CEO von OceanGate soll sich gemäss Lochridge auch geweigert haben, die «Titan» für die Tauchtiefe von bis zu 4000 Metern zertifizieren zu lassen. Der Grund dafür geht aus den Gerichtsunterlagen hervor: Das Sichtfenster im vorderen Teil des Tauchbootes war nur für einen zertifizierten Druck von 1300 Metern gebaut worden und entsprach nicht den Normen für Druckschiffe für die menschliche Nutzung. Dies, obwohl OceanGate Passagiere in Tiefen von knapp 4000 Metern befördern wollte. Das Wrack der «Titanic» liegt 3800 Meter unter der Meeresoberfläche.
«Titanic»-Touristen wurden im Unklaren gelassen
Zahlende Passagiere würden von OceanGate über die Sicherheitsbedenken nicht informiert, beschwerte sich Lochridge. Sie würden auch nicht wissen, «dass gefährliche, brennbare Materialien im Inneren des Tauchbootes verwendet werden».
Auch ohne die technischen Mängel zu kennen, haben sich einige Passagiere offenbar geweigert, mit der «Titan» auf Tauchfahrt zu gehen. Bei der Mission des Deutschen Arthur Loibl seien drei Amerikaner dabei gewesen, die beim Anblick des U-Boots sagten: «Da steigen wir nicht ein.»
Für die verschollenen Insassen der «Titan» besteht derweil wenig Hoffnung. Sollte das Tauchboot auf dem Grund des Atlantiks liegen oder am Wrack der «Titanic» festsitzen, könnte es kaum geborgen werden. Weltweit gibt es nur ein U-Boot, das in der Lage ist, so tief zu tauchen.
Dabei handelt es sich um die «DSV Limiting Factor», ein Forschungsschiff, das dem Spieleentwickler und Valve-Gründer Gabe Newell gehört. Doch selbst wenn das Tiefseetauchboot die «Titan» erreichen würde: Für Bergungsarbeiten ist die «DSV Limiting Factor» nicht ausgelegt.