Patientenstreit in der InnerschweizHausärztin stellt private Telefonate und Mails in Rechnung
tgab
15.11.2024
Ein Patient beschwert sich wegen fragwürdiger Abrechnungen seiner Hausärztin bei seiner Krankenkasse, der Ombudsstelle und der Gesundheitsdirektion. Erst einmal ohne Erfolg.
tgab
15.11.2024, 16:14
15.11.2024, 16:38
Gabriela Beck
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Ein Mann wundert sich über die Rechnung seiner Krankenkasse. Darin sind E-Mails und SMS seiner Hausärztin aufgeführt, die kaum einen medizinischen Inhalt hatten.
Der Mann beschwert sich und bringt seine Krankenkasse nach vielem Hin und Her schliesslich dazu, die Sache zu untersuchen.
Die Krankenkasse kommt zu dem Ergebnis, dass die Abrechnungen der Ärztin nicht gerechtfertigt seien.
Die stellt sich stur und lässt die Sache nun ihrerseits rechtlich überprüfen.
Ärzt*innen können Beratungsleistungen in «Tarmed», dem Abrechnungssystem für ambulante ärztliche Leistungen in der Schweiz, als «telefonische Konsultation» eintragen. Auch die Verrechnung von E-Mails oder SMS ist über diesen Punkt möglich, sofern die Kommunikation mit einer «medizinischen Beratung oder Diagnose» verbunden ist.
Eine Ärztin aus der Innerschweiz hat diese Definition recht grosszügig interpretiert und einem ihrer Patienten über Monate E-Mails, SMS und Telefonate in Rechnung gestellt, die kaum einen medizinischen Inhalt hatten.
Die Inhalte hätten sich hauptsächlich um seine private Lebenssituation gedreht, berichtet der Mann dem «Beobachter». Er hatte demnach eine schwierige Zeit durchgemacht, war arbeitslos, auf Wohnungssuche und häufig krank.
Von seiner Hausärztin habe er sich kompetente medizinische Betreuung erhofft. «Mit der Zeit wurde mir aber bewusst, dass viel über Privates gesprochen wurde. Das Medizinische kam dagegen viel zu kurz», so der Patient.
Die Krankenkasse wird doch noch aktiv
Auf eine Überweisung zu einem Hautspezialisten wartete er vergebens und auch die Auflösung des Arzt-Patienten-Verhältnisses – der Mann war inzwischen in den Kanton Zürich umgezogen – gestaltete sich langwierig. Auf ein umfassendes Patientendossier wartet er bis heute.
Mehrfach beschwerte sich der Mann bei seiner Krankenkasse, der Ombudsstelle und der Gesundheitsdirektion. Lange passierte gar nichts. Schliesslich reagierte die Krankenkasse doch noch und überprüfte die Abrechnungen über einen Zeitraum von vier Monaten.
In einem Schreiben an die Ärztin hält die Krankenkasse anschliessend fest: «Es ist kaum eine medizinische Behandlung ersichtlich.» Thematisch gehe es «fast ausschliesslich um soziale Indikationen» und «solche Leistungen können der Krankenversicherung nicht in Rechnung gestellt werden».
Die Ärztin will nun rechtlich abklären lassen, ob sie die Leistungen nicht doch verrechnen kann.