Hightech im Hochgebirge Funken statt bimmeln - die Kuh von heute trägt «GPS-Glocke»

Nicolai Morawitz

17.7.2018

An diesen Anblick muss man sich im Alpenraum wohl gewöhnen: Das Internetzeitalter wird auch bei der Kuhglocke eingeläutet (Symbolbild aus Deutschland).
An diesen Anblick muss man sich im Alpenraum wohl gewöhnen: Das Internetzeitalter wird auch bei der Kuhglocke eingeläutet (Symbolbild aus Deutschland).
Keystone/DPA

Laptop und Lederhose, Satellitentechnik und Kuhglocke: Im Alpenraum werden Kühe und Schafe immer häufiger mit GPS-Sendern überwacht, so auch in der Schweiz. Doch sind die smarten Helfer Totengräber der Tradition?

Elektronische Fussfesseln sollen bei Straftätern verraten, wo sie sich herumtreiben. Nun werden Kühe auf ähnliche Weise überwacht. Elektronische Kuhglocken sollen Bergbauern in unwegsamem Gelände die Suche nach den Tieren erleichtern.

In der Schweiz haben mehrere Partner zusammengespannt, um den sogenannten «Alptracker» zu entwickeln. Beteiligt waren die Hochschule ZHAW, die Firmen Sotronik und Tecsag sowie das landwirtschaftliche Forschungsinstitut Agroscope.

Zunächst habe man ein Pilotprojekt in Andermatt durchgeführt, erklärt Christina Umstätter von Agroscope. Dafür seien Schafe mit GPS-Halsbändern und einem speziellen Funkprotokoll ausgerüstet worden. Auf diese Weise lassen sich Daten mit geringen Kosten und tiefem Stromverbrauch übertragen. An der Entwicklung des dafür nötigen «Low Power Network» (LPN) ist massgeblich die Swisscom involviert. 

In der Praxis funktioniert das GPS-System so, dass Alarm geschlagen wird, wenn sich ein Schaf oder die Herde zu weit von der Alp entfernt. Der Schäfer kann so seine Tiere mithilfe des internetfähigen Smartphones überwachen. Mit den Trackern sollen so Herden besser gegen angreifende Wildtiere wie zum Beispiel den Wolf geschützt werden.

Immer mehr «Bergler» setzen auf GPS-Tracker

Eine der Firmen in der Schweiz, die sich auf die Entwicklung von «intelligenten Kuhglocken» spezialisiert hat, ist die Tecsag. Wichtig sei, dass der Tracker nur wenig Energie verbrauche, sagt Herbert Trümper, welcher beim Unternehmen als Business Developer arbeitet. Die derzeitigen Modelle würden mit einer Batterieladung einen ganzen Alpsommer durchhalten.

Auch die dazugehörenden Antennen können durch integrierte Solar-Panels nur mit wenig Strom auskommen. Bislang hat die Firma laut Trümper bereits 1000 GPS-Tracker verkauft. Der Stückpreis liege bei 79 Franken. 

Die Ortung von Tieren ist dabei nur ein Anwendungsbereich: Es sei unter anderem möglich, die Tracker auf Spargel- und Weinfeldern einzusetzen oder um Silos zu überwachen. 

Skepsis bleibt

Trotz des Erfolgs vor allem in den Kantonen Uri und Wallis seien sie auch mit Kritik konfrontiert, so Trümper: Die neue Technologie werde als Bedrohung alter Traditionen angesehen. Ausserdem seien einige Tierhüter nicht bereit, die Infrastruktur zu teilen, um so die Gesamtkosten für alle zu senken. 

In der Schweiz findet die Idee des «Kuh-Trackings» auch in anderen Wirtschaftsbereichen Anklang: Im Tessin und im Thurgau hat ein Landwirt seine schottischen Hochlandrinder mit GPS-Sendern ausgestattet. Mit dem bereits 2015 eingeführten System von Natur konkret sollen Anleger einer «Tier-Aktie» überwachen können, wohin sich ihr «Investment» bewegt.

Die Seite «kuhteilen.ch» wiederum bietet ebenfalls ein GPS-Tracking von Kühen auf der Weide an. Das Versprechen lautet dabei, dass das Tier live auf der Weide geortet werden kann. So lasse sich nachverfolgen, von welchen Grashalmen es sich gerade ernähre. «Kuhteilen.ch» hat es sich zur Aufgabe gemacht, Rindfleisch nachhaltig zu konsumieren, wie die Betreiber auf der Homepage schreiben. Deshalb soll ein Tier erst dann geschlachtet werden, wenn es über den Internetshop komplett verkauft wurde.

Auch auf Almen in Deutschland und Österreich zieht die Technik ein. In Oberbayern beispielsweise tragen einige Kühe in dieser Saison testweise neben der Glocke auch eine elektronische Variante. 

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