Corona-Pandemie Erste Länder kämpfen bereits mit der zweiten Welle

uri/Agenturen

24.6.2020

Nach einem Covid-19-Ausbruch auf einem Grossmarkt in Peking haben Beamte ein Test-Zentrum eingerichtet. (Archiv)
Nach einem Covid-19-Ausbruch auf einem Grossmarkt in Peking haben Beamte ein Test-Zentrum eingerichtet. (Archiv)

Während die Schweiz weitere Lockerungen der Corona-Massnahmen erfährt, warnen Experten in Grossbritannien eindringlich vor einer zweiten Infektionswelle. Andere Länder hat sie bereits erfasst.

Der Begriff der «zweiten Welle» ist nicht scharf definiert. Gemeinhin versteht man darunter jedoch, wenn sich die Ansteckungsdynamik in einer Pandemie nach einer niedrigen, aber konstanten Infektionsrate wieder deutlich erhöht.

Fatal wirkte sich ein solcher Infektionsschub etwa bei der Spanischen Grippe im Herbst 1918 aus. Obwohl damals in der ersten Welle bereits viele Menschen eine partielle Immunität erlangt hatten, starben nun vor allem viele an sich gesunde Personen zwischen 15 und 40 Jahren, weil das Virus mutiert hatte und aggressiver geworden war.

Inwiefern das Coronavirus SARS-CoV-2 bereits gefährlich mutiert ist, darüber wird derzeit geforscht. Wissenschaftler des amerikanischen Scripps Research Institutes hatten zuletzt aus Genomanalysen geschlossen, dass eine Mutation mit der Bezeichnung D614G das Virus infektiöser gemacht haben könnte. Allerdings wurde die entsprechende Preprint-Veröffentlichung bislang noch nicht begutachtet.



Auch ist noch nicht geklärt, ob sich das neuartige Coronavirus ähnlich anderen Erregern, etwa den Influenza-Viren verhält, die in der kalten Jahreszeit für eine Grippewelle sorgen, die dann aber im Frühjahr abebbt. Bislang gehen viele Wissenschaftler aber davon aus, dass auch SARS-CoV-2 in den Sommermonaten abtaucht, um ab Herbst wieder zuzuschlagen.

Südkorea

In Südkorea musste man nun jedoch zugeben, dass man mit dieser Erwartung daneben lag. Jeong Eun-kyeong, Direktorin der Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention, erklärte am Montag, man habe eine zweite Welle im Herbst oder Winter erwartet, die Prognose habe sich indes als «als falsch» erwiesen. «So lange Menschen engen Kontakt zu anderen haben, glauben wir, dass die Infektionen weiter anhalten werden», zog Jeong Resümee.

Die Gesundheitsdirektorin vermutet, dass der Anstieg der Infektionen durch die Ferien im Mai verursacht wurde und weiterhin andauern wird. Das Land, dass die erste Infektionswelle rasch eindämmen konnte und dafür international viel Lob für seine Nachverfolgungs- und Test-Strategie bekam, registrierte am vergangenen Samstag 67 neue Fälle, am Sonntag 48 und am Montag 17. Forscher prognostizieren wieder bis zu 800 neue Fälle täglich, wenn die Übertragungsgeschwindigkeit nicht verringert werden kann.

In der Hauptstadt Seoul, wo bislang die meisten Ansteckungen festgestellt wurden, will man nun die Social-Distancing-Massnahmen wieder hochfahren, sobald innert den nächsten Tagen die Zahl der Infektionen über 30 liegt und Auslastung der Spitalbetten die 70-Prozent-Marke überschreitet.

Iran

Eine zweite Welle erfasst derzeit mit grosser Wucht den Iran. Nach einem zwischenzeitlichen Rückgang der Ansteckungszahlen Ende Mai, hatte das Land seine Anti-Corona-Massnahmen drastisch gelockert und in fast allen Branchen wurde die Arbeit wieder erlaubt. Nach Ansicht von Experten ist das auch der Hauptgrund für den erneuten Anstieg der Fallzahlen.

Nach aktuellen Angaben des Gesundheitsministeriums sind allein in den vergangenen 24 Stunden 133 Corona-Patienten ums Leben gekommen. Im selben Zeitraum soll es mehr als 2'500 Neuinfektionen gegeben haben. Damit liege die Zahl der Todesopfer aktuell bei 9'996 und die der Infizierten bei 212'501, sagte die Ministeriumssprecherin Sima Lari.

Wie das iranische Gesundheitsministerium weiter darlegte, hätten die Lockerungen auch dazu geführt, dass nur noch rund zehn Prozent der Bevölkerung die Hygienevorschriften ernstnehmen. Nun plant man die Einführung einer Maskenpflicht.

Israel

Ebenfalls mit einem hohen Anstieg bei den Ansteckungen hat Israel zu kämpfen. Das Land hatte zu Beginn der Pandemie sehr schnell mit rigorosen Massnahmen reagiert und konnte nach einem vergleichsweise glimpflichen Verlauf schon im Mai schrittweise lockern. Seit Ende Mai ist auch hier die Zahl der Neuinfektionen wieder deutlich gestiegen. Die Regierung mahnt die Bevölkerung, Masken zu tragen und Abstandsregeln einzuhalten.

Zudem hat das Land mehrere Orte zur Sperrzone erklärt. Sowohl die zentrale Stadt El'ad sowie einzelne Wohnviertel der nördlichen Stadt Tiberias sollen ab diesem Mittwoch sieben Tage lang nur eingeschränkt zugänglich sein, entschied das zuständige Komitee am Dienstag.

Erst am Sonntag hatten die Spitäler des Landes wegen der steigenden Infektionszahlen ihre Corona-Stationen wieder geöffnet. Einschränkungen für weitere Orte würden in Erwägung gezogen, teilte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mit.

China

In China ist es vor knapp zwei Wochen auf einem Grossmarkt in Peking zu einem neuen Covid-19-Ausbruch gekommen, nachdem das Land länger nur noch Erfolge im Kampf gegen die Pandemie meldete. In der Hauptstadt hatte es daraufhin insgesamt mehr als 200 neue Fälle gegeben.

Am Dienstag wurden landesweit noch 22 neue Coronavirus-Fälle registriert. 13 davon seien in Peking festgestellt worden, wie die Nationale Gesundheitskommission mitteilte. Am Montag konnte die Stadtverwaltung immerhin mitteilen, dass die Massnahmen zur Eindämmung eines neuen Ausbruchs in der Hauptstadt Wirkung zeigen würden.

Weitere neun Fälle sind der Gesundheitskommission zufolge von chinesischen Reisenden aus dem Ausland ins Land gebracht worden, darunter sieben an Bord einer Maschine aus Riad (Saudi-Arabien), die in Lanzhou, der Hauptstadt der Provinz Gansu landete, wie die dortige Regierung mitteilte. Neue Todesfälle teilte die Gesundheitskommission nicht mit.

In Behandlung waren in China zuletzt angeblich 359 Fälle. 114 Menschen seien in Isolation und würden beobachtet, weil sie mutmassliche Fälle seien oder positiv getestet worden seien, ohne Symptome zu zeigen, hiess es. China hat seit Entdeckung des Virus in der Stadt Wuhan Ende vergangenen Jahres offiziell 4'634 Todesfälle mit dem Virus und 83'418 Infektionen gemeldet.

Starke Zunahme noch in der ersten Welle

In mehreren Ländern hat die Zahl der Corona-Infektionen zuletzt deutlich zugenommen. Indien verzeichnete am Mittwoch mit fast 16'000 Neuinfektionen und 465 Toten neue Rekordwerte, ebenso Mexiko mit mehr als 6'200 Infizierten. Dort stieg die Zahl der Toten zudem um 793. Südafrika meldete am Mittwoch ebenfalls die bisher höchste Zahl an Toten innerhalb eines Tages, und zwar 111. In den USA kamen nach Zählung der Johns Hopkins University von Montag auf Dienstag 34'700 Neuinfektionen dazu, der dritthöchste Wert seit Beginn der Pandemie und der höchste seit dem 24. April.

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