Dürre im Ferienparadies Drohen in Spanien jetzt Duschverbote und leere Pools?

dpa/uri

25.4.2023 - 15:49

Duschen im Fitnessstudio, nachts kein Wasser: Folgen der Dürre in Spanien

Duschen im Fitnessstudio, nachts kein Wasser: Folgen der Dürre in Spanien

Im Nordwesten Spaniens herrscht die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten. Stauseen trocknen aus, für die Menschen in Katalonien wird das Wasser rationiert. Experten fordern andere Formen des Wassermanagements.

22.04.2023

Wassermangel setzt kurz vor der Sommersaison südeuropäischen Ländern zu. Besonders dramatisch ist die Lage in Katalonien mit der Metropole Barcelona. Die Traumferien könnten hier zum Alptraum werden.

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  • Hitze und Dürre haben Teile Südeuropas im Griff. 
  • In Katalonien wird bereits vor der Sommersaison das Wasser knapp.
  • Trotz Wassersparmassnahmen sinken die Pegel aber rapide.
  • Mit steigenden Touristenzahlen im Sommer ist zu befürchten, dass die Wasserknappheit weiter zunimmt. 
  • Das katalanische Wasseramt gibt aber noch Entwarnung: Bei Einschränkungsmassnahmen seien zu erwartende Touristen-Ströme bereits einberechnet worden. 

Auf Spanien rollt eine extreme Hitzewelle mit bis zu 40 Grad in dieser Woche zu. Bereits jetzt, bei Temperaturen von deutlich über 20 Grad, muss sich aufs Schlangestehen gefasst machen, wer in Barcelona an den Strand geht. Die Hauptstadt Kataloniens hält nämlich pro Strand nur noch eine einzige Dusche in Betrieb. Der Grund: Eine extreme, seit vielen Monaten anhaltende Dürre, die inzwischen sogar zu Einschränkungen des Wasserverbrauchs in über 200 Gemeinden der Region im Nordosten Spaniens geführt hat.

Ähnliche, wenn auch weniger gravierende Probleme hat man in Andalusien sowie in anderen europäischen Ferienparadiesen. Kurz vor Beginn der Sommersaison macht sich daher nicht nur die Tourismusbranche Sorgen. Immer mehr Südeuropa-Fans fragen sich: Muss ich in meinen Ferien mit trockengelegten Pools und Duschverboten rechnen?

Die Sorgen sind nicht unberechtigt: In Katalonien sind die Stauseen im Schnitt nur noch zu 26 Prozent gefüllt. Vor einem Jahr waren es noch 58 Prozent. Schon seit Herbst 2021 regnet es in der Region extrem wenig. Experten sprechen von der schlimmsten Dürre in Katalonien seit Beginn der Erfassungen im Jahr 1914. Die Malaise wird von Forschern zum grössten Teil auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückgeführt.

Klimawandel dürfte mehr Dürren bedeuten

«Wegen des Klimawandels müssen wir damit rechnen, dass die Dürren in den nächsten Jahrzehnten noch häufiger, intensiver und länger anhaltend sein werden», warnt Javier Martín Vide, Professor für Physische Geographie an der Universität Barcelona. Auch kurzfristig sei die Lage nicht rosig. «Ein Ende dieser Dürre ist nicht in Sicht.»

Die Kirche und Überreste eines alten Dorfes im spanischen Vilanova De Sau sind normalerweise vom Wasser des Stausees bedeckt. 
Die Kirche und Überreste eines alten Dorfes im spanischen Vilanova De Sau sind normalerweise vom Wasser des Stausees bedeckt. 
Archivbild: Emilio Morenatti/AP/dpa

Trotz der Ende Februar beschlossenen Wassersparmassnahmen sinken die Pegel weiterhin rapide. Landwirte müssen 40 Prozent weniger Wasser konsumieren, die Industrie 15. Untersagt sind unter anderem die Bewässerung öffentlicher und privater Grünflächen sowie die Strassenreinigung mit Trinkwasser.

Wasserverbote wurden wieder ad acta gelegt

Pläne, das Auffüllen von Hotel-Pools und Schwimmbädern zu verbieten, wurden jüngst ad acta gelegt. Aber die Privathaushalte in den betroffenen Gebieten mit insgesamt sechs Millionen Einwohnern werden ihre Pools unter anderem wegen eines Konsumlimits von 230 Liter pro Kopf und Tag kaum geniessen können.

Wenn es jetzt schon so schlimm ist, wie wird es dann im Sommer sein, wenn es ohnehin weniger regnet, die Touristen in Scharen einreisen und der Wasserkonsum noch einmal drastisch in die Höhe schnellt? Zumal Spanien 2023 einen Besucherrekord erwartet. Im beliebten Lloret de Mar etwa kommen zu den 40’000 Einwohnern im Sommer 100’000 Touristen hinzu. An der gesamten Costa Brava wächst im August die «Bevölkerungszahl» von 265’000 auf circa 1,2 Millionen.

In Italien sorgt man sich vor allem im Norden

Das katalanische Wasseramt ACA gibt Entwarnung – vorerst zumindest: Bei den Einschränkungsmassnahmen seien die Sommer-Touristenströme berücksichtigt worden, sodass das Wasser ausreichen müsste, sagte ACA-Chef Samuel Reyes. Aber spüren dürften die Besucher das Problem auf jeden Fall – etwa in Hotels, die schon jetzt mit Sparduschköpfen den Wasserdruck verringern.

Wie sieht es in anderen beliebten Ferienzielen aus? In Italien macht man sich vor allem im Norden Sorgen. Insbesondere der bei Touristen beliebte Gardasee sowie der Po, Italiens grösster Fluss, leiden unter extrem niedrigen Wasserständen. Doch die Tourismusbranche denkt auch ans Geschäft und beklagt eine «Dürre-Kampagne», die zu einem massiven Imageschaden und einem Rückgang der Besucherzahlen in der Region führen könne. Es gebe «alarmistische Berichte», heisst es.

Dürre schafft neue Attraktionen

«Niemand verschweigt, dass es sich hier um eine aussergewöhnliche Situation handelt, aber der derzeitige Wasserstand des Gardasees gefährdet keine der wichtigsten touristischen oder sportlichen Aktivitäten, die hier stattfinden», zitierte die Zeitung «L’Adige» eine Vertreterin des Tourismusverbandes der Gardasee-Region. Gäste und Mitarbeiter seien jedoch zum Wassersparen angehalten.

Die Dürre schafft derweil sogar neue Attraktionen, die Touristen locken. Die Behörden Kataloniens mussten im vorigen Sommer den Zugang zum Sau-Stausee nördlich von Barcelona beschränken, weil der Andrang der Menschen, die die sonst unter Wasser stehende Kirche Sant Romá aus dem 11. Jahrhundert sehen wollten, zu gross geworden war. Im Gardasee war die Insel San Biagio Anfang des Jahres zur Begeisterung vieler wegen des Wassermangels plötzlich zu Fuss erreichbar.

Dass Tourismus aber den Druck auf Biodiversität und Wasservorräte erhöht, ist unbestritten. Auch in Frankreich kommen die meisten Urlauber genau dann, wenn das Wasser im Sommer am knappsten ist. In einem Teil des Nationalparks Calanques bei Marseille hat das Gedränge von Besuchern zu starker Erosion geführt. Mittlerweile kann die Sugiton-Bucht nur noch mit Reservierung besucht werden.

Branche in Frankreich zuversichtlich

Die Branche zeigt sich aber zuversichtlich. «Bereits im vergangenen Jahr war die Trockenheit besorgniserregend und dennoch wussten sich vor allem die Fachkräfte der Wasseraktivitäten anzupassen. Die Saison war sehr gut», sagte François de Canson, Vorsitzender des französischen Tourismus-Verbands ADN Tourisme, über den Südwesten Frankreichs. Auch dieses Jahr würden die Fachkräfte sich anpassen.

Ohnehin bemüht sich Frankreich, wo einzelne Gegenden stark vom Geschäft mit Urlaubern abhängen, um einen nachhaltigen Tourismus. Man will – wie unter anderem auch die spanische Mittelmeer-Insel Mallorca – den ökologischen Fussabdruck des Sektors verringern und verstärkt in eine nachhaltige Tourismus-Infrastruktur investieren.

Griechenland ist bisher nicht übermässig stark von Dürre betroffen. Die Wasserspeicher, die unter anderem die Hauptstadt Athen versorgen, sind gut gefüllt. Auf manchen Inseln in der südlichen Ägäis hingegen war Trockenheit schon immer ein Problem; zum Teil werden dort mit Photovoltaikanlagen betrieben, die Meerwasser zu Trinkwasser aufbereiten. Die Folgen des Klimawandels beklagen dennoch auch griechische Experten: Wetterphänomene wie Starkregen und extreme Hitzewellen hätten in den vergangenen Jahren zugenommen.

dpa/uri