Der Gartenschläfer ist in der Schweiz selten geworden. Tierfreunde konnten das Nagetier nun in den Kantonen Solothurn, Bern, Wallis und Schwyz nachweisen – teils sind es die ersten Sichtungen seit Jahrzehnten.
20.04.2022, 13:13
SDA/gbi
Für die Naturschutzgruppe Pro Natura ist es ein «Sensationsfund»: Im solothurnischen Büsserach wurde in einer Hochstammwiese ein kleiner Gartenschläfer nachgewiesen – es sei die erste Sichtung seit 100 Jahren, wie der am Mittwoch veröffentlichte Schlussbericht des Projekts «Heckengeister & Klettermeister» zeigt, das unter Leitung des Naturmuseums Solothurn steht.
Für den Bericht waren vor zwei Jahren die Bevölkerung sowie Natur- und Vogelschutzvereine dazu aufgerufen worden, ihre Beobachtungen in Nistkästen, Dachstöcken, Ställen, Bienenhäusern und Natur mitzuteilen.
Mehr als 2000 Meldungen gingen ein – vor allem zu Siebenschläfern und Haselmäusen. Im Fokus stand jedoch der Gartenschläfer, den Pro Natura zum «Tier des Jahres 2022» erkoren hat.
Verwandt mit dem Siebenschläfer
Das kleine und vor allem seltene Nagetier lebt in Baumhöhlen und Felsspalten, Mauern, Gebäuden und Höhlen. Es kommt nur in Europa vor.
Bis Ende 2021 wurden neun Gartenschläfer gemeldet. Am meisten Meldungen stammten aus dem Berner Oberland – und mitten in Nidau BE wurde ein Gartenschläfer gefangen.
Die Tierspäher*innen entdeckten auch in Blatten VS und in Oberiberg SZ je einen Gartenschläfer. In Oberiberg handelte es sich um den ersten fotografischen Nachweis eines Jungtieres seit mehr als 40 Jahren, wie es im Schlussbericht heisst: «Und wo ein Jungtier ist, hat es noch weitere Tiere.»
Gartenschläfer braucht Wildnis
Im 19. Jahrhundert war der Gartenschläfer gemäss Angaben von Pro Natura noch in allen Regionen der Schweiz vorgekommen und auch häufiger als ihre bekannteren Verwandten gewesen, die Siebenschläfer. Seit Jahrzehnten geht der Bestand dieser Nagetiere, die bis im April jeweils im Winterschlaf sind, stark zurück.
Heute steht der Gartenschläfer deshalb aus globaler Sicht auf der Roten Liste (Kategorie «fast bedroht"), wie Pro Natura festhält. In der Schweiz gelte er noch als «nicht bedroht». Der Wald als naturnaher Lebensraum des Gartenschläfers sei unter Druck.
«Wenn die richtigen Bedingungen bewahrt oder wiederhergestellt werden, kann sich der Gartenschläfer wieder ausbreiten» hält Urs Tester, Kleinsäugerexperte bei Pro Natura, fest. Laubhäufen, Holzbeigen und alte Bäume im Garten, im Kulturland und im Wald sollten vermehrt stehen gelassen werden. So entstehe mehr Wildnis und damit Verstecke für den Gartenschläfer.