Zwielichtige Angebote Sie locken Frauen auf Yachten – was dort passiert, ist unklar

Lea Oetiker

13.9.2024

Auf den ersten Blick mögen solche Angebote verlockend klingen.
Auf den ersten Blick mögen solche Angebote verlockend klingen.
IMAGO/Westend61

Junge Models und Schauspielerinnen werden bezahlt, um auf Luxusyachten zu feiern. Es ist eine Welt voller Geld, Macht und Missbrauch. Eine Schweizer Schauspielerin spricht mit blue News über solche Anfragen.

Lea Oetiker

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Auf den sozialen Medien trendet ein neues Schlagwort: «Yacht Girls». 
  • Junge Frauen trinken und tanzen auf dem Deck von Luxusyachten. Es sind oftmals junge Schauspielerinnen und Models, die dafür bezahlt werden.
  • Das Problem dabei: Häufig werden die Frauen belästigt, schlimmstenfalls missbraucht.
  • Die Schauspielerin Anja Andersen erzählt von einer solchen Anfrage und erklärt, warum manche junge Schauspielerinnen ein solches Angebot ansprechend finden.

Sie trinken Champagner und tanzen im Bikini auf dem Deck von Luxusyachten. Unter dem Hashtag #yachtgirls findet man in den sozialen Medien unzählige solcher Videos und Bilder. Den jungen Frauen scheint es gutzugehen.

Was viele nicht wissen: «Yacht Girls» sind nicht nur ein Trend auf Instagram und TikTok, die jungen Frauen darin sind oftmals Models und Schauspielerinnen, die dafür bezahlt werden, auf Luxusyachten Party zu machen. Was auf diesen Yachten aber passiert, wenn die Kameras aus sind, bleibt meistens verborgen. 

Begriff tauchte erstmals 2012 am Filmfestival in Cannes auf

Der Begriff «yacht girls» gewann 2012 während des Filmfestivals in Cannes an Bekanntheit. Eine Recherche der amerikanischen Journalistin Dana Kennedy enthüllte, dass junge Models gegen hohe Bezahlung auf Yachten wohlhabender Männer «platziert» wurden, oft spärlich bekleidet und einzig zur Unterhaltung der Gäste.

«Yachting» sei im Grunde nichts anderes als ein gehobenes Wort für Prostitution auf See. Das Problem dabei: Die betroffenen Frauen sind meistens keine professionellen Escorts, sondern junge Schauspielerinnen und Models. Sie werden nicht nur mit Geld, sondern vor allem mit wertvollen Kontakten an Bord gelockt.

Anfragen kommen auch über seriöse Plattformen

Anja Andersen ist freischaffende Schauspielerin in der Schweiz und in Deutschland. Diesen Sommer erhielt sie eine Anfrage von einer unbekannten Produktionsfirma. Auf den ersten Blick scheint es ein normales Angebot zu sein. «Die E-Mail kam auch über eine seriöse Plattform für Schauspieler*innen rein», so Andersen.

Die Schauspielerin Anja Andersen.
Die Schauspielerin Anja Andersen.
zvg

In der E-Mail schreibt die fremde Frau: «Das Ganze wird sich auf einer Yacht von Miami nach Freeport auf den Bahamas und wieder zurück abspielen.» Für den Job werden spezifisch Frauen aus Deutschland, zwischen 18 und 30 Jahren gesucht. 

Die Anfrage erhielt Anja Andersen über eine seriöse Plattform für Schauspieler*innen.
Die Anfrage erhielt Anja Andersen über eine seriöse Plattform für Schauspieler*innen.
zvg

Weiter schreibt sie: «Ein Film wird dabei gedreht und ganz viele Fotos werden gemacht.» Wenn Andersen daran interessiert sei und mehr Informationen haben möchte, solle sie ihr eine E-Mail zurückschreiben.

«Ich musste etwas schmunzeln, als ich die Anfrage erhielt. Sie klang so unseriös», erzählt Andersen. Sie schreibt trotzdem zurück: «Mich nahm Wunder, worum es bei dem Dreh genau geht.»

Teilnehmerinnen müssen «völlig gesund und psychisch stabil» sein

Kurze Zeit später erhält sie eine zweite Nachricht. Sie enthält viele Informationen und Anforderungen, die die Frauen erfüllen müssen. Unter anderem müssen die Teilnehmerinnen «positive und aufgeschlossene Mädchen sein, mit denen es leicht ist, zu arbeiten und angenehm im Umgang sind». Zudem müssen sie «völlig gesund und psychisch stabil sein.»  

Textausschnitt aus der zweiten E-Mail, die Andersen erhielt.
Textausschnitt aus der zweiten E-Mail, die Andersen erhielt.
zvg

Die Frau erklärt, dass auf der Yacht eine Serie gedreht wird. Jede Episode dauert 30–45 Minuten. «Wir erwarten, dass dies ein ‹die Zeit von meinem Leben› Erlebnis wird und wir werden unser Bestes geben, dass es genau so wird.»

Es wird erwartet, dass die Frauen möglichst unkompliziert sind.
Es wird erwartet, dass die Frauen möglichst unkompliziert sind.
zvg

Vier Tage lang werden sie ausserhalb von Freeport ankern und «in dieser Zeit die Lucayas, die Ureinwohner der Bahamas, besuchen». Dort werden sie Fotos von allen Mädchen zusammen mit den Lucayas machen.

Die Reise beginnt in Miami. In den Bahamas werden sie schliesslich vier Tage verbringen.
Die Reise beginnt in Miami. In den Bahamas werden sie schliesslich vier Tage verbringen.
zvg

«Die Episoden werden auf einem Streamingdienst veröffentlicht, der nur zahlenden VIP-Mitglieder zur Verfügung steht», heisst es in der E-Mail weiter. Wie hoch das Gehalt sein wird, kann die Frau zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen, aber sie verspricht, «dass niemand enttäuscht sein wird».

Ganz am Schluss sind verschiedene Vertragsbedingungen aufgelistet. Unter anderem: 

«Alle acht Mädchen müssen einen detaillierten Vertrag unterschreiben. Das ist zu eurer und zu unserer Sicherheit. Der Vertrag wird rechtzeitig vor der Abreise zur Durchsicht verschickt, am Tag der Abreise muss er von allen unterschrieben werden.»
«Alle acht Mädchen müssen einen detaillierten Vertrag unterschreiben. Das ist zu eurer und zu unserer Sicherheit. Der Vertrag wird rechtzeitig vor der Abreise zur Durchsicht verschickt, am Tag der Abreise muss er von allen unterschrieben werden.»
zvg
«Während der gesamten Reise werden Fotos gemacht. Diese Bilder werden meist im Bikini oder in T-Shirt und Shorts aufgenommen. Einmal wird es jedoch ein Oben-ohne-Shooting am pinken Sandstrand auf den Bahamas geben. Es wird viel Aufwand betrieben, diese Bilder gut zu machen, daher werden diese Sessions nur mit jeweils zwei Personen durchgeführt. Die Oben-ohne-Session ist obligatorisch, was bedeutet, dass alle acht Mädchen daran teilnehmen müssen. Es ist also wichtig, dass Sie sich in einer solchen Situation wohlfühlen.»
«Während der gesamten Reise werden Fotos gemacht. Diese Bilder werden meist im Bikini oder in T-Shirt und Shorts aufgenommen. Einmal wird es jedoch ein Oben-ohne-Shooting am pinken Sandstrand auf den Bahamas geben. Es wird viel Aufwand betrieben, diese Bilder gut zu machen, daher werden diese Sessions nur mit jeweils zwei Personen durchgeführt. Die Oben-ohne-Session ist obligatorisch, was bedeutet, dass alle acht Mädchen daran teilnehmen müssen. Es ist also wichtig, dass Sie sich in einer solchen Situation wohlfühlen.»
zvg
«Alkoholische Getränke (Wein und Bier) sind jederzeit auf dem Schiff und bei einigen Gelegenheiten auch an Land erhältlich. Es ist wichtig, dass Sie ein gesundes Verhältnis dazu haben.»
«Alkoholische Getränke (Wein und Bier) sind jederzeit auf dem Schiff und bei einigen Gelegenheiten auch an Land erhältlich. Es ist wichtig, dass Sie ein gesundes Verhältnis dazu haben.»
zvg
«In Bezug auf Drogen und Gewalt haben wir ein Nulltoleranzkonzept, dem alle Teilnehmenden zustimmen müssen. Wir wollen, dass es die ‹Zeit unseres Lebens› wird, und so wollen wir es auch halten. Bei einem Verstoss kriegt man eine Verwarnung. Beim zweiten Verstoss muss die Teilnehmerin die Produktion verlassen.»
«In Bezug auf Drogen und Gewalt haben wir ein Nulltoleranzkonzept, dem alle Teilnehmenden zustimmen müssen. Wir wollen, dass es die ‹Zeit unseres Lebens› wird, und so wollen wir es auch halten. Bei einem Verstoss kriegt man eine Verwarnung. Beim zweiten Verstoss muss die Teilnehmerin die Produktion verlassen.»
zvg

«Mir wurde schnell klar, dass dieser Job auch gefährlich hätte sein können und ich nichts damit zu tun haben möchte», so Andersen. «Verschiedene Punkte in dieser E-Mail sind total skurril. Beispielsweise das Oben-Ohne-Shooting, das Shooting mit den Ureinwohnern und dass man psychisch und physisch gesund sein muss.» Eine solche E-Mail im Spamordner hätte sie niemals beachtet. 

Junge Schauspielerinnen erhoffen sich Karrieredurchbruch

Andersen erklärt, dass sie nachvollziehen kann, dass junge Schauspielerinnen ein solches Angebot erstmals ansprechend finden: «Auf den Bahamas arbeiten zu können, hört sich erstmals sehr verlockend an. Wer würde das nicht gerne tun?»

Junge Schauspielerinnen würden oftmals in unangenehme Situationen geraten: «Alle meine Freundinnen waren bisher in einer Situation, die ihnen nicht geheuer war.» Und: «Man gerät schneller in solch eine Situation, als man denkt oder selbst von sich erwarten würde.»

Wenn man dann noch lese – wie in der E-Mail oben –, dass es sich um eine Serie handle, denke man immer darüber nach, ob das nun der grosse Karrieresprung sei. «Ich hoffe, dass bei der zweiten E-Mail viele realisiert haben, dass es keine seriöse Anfrage ist und abgelehnt haben», so Andersen.