Coronakrise Zwangspause drängt Sexarbeiterinnen in die Illegalität

gbi

14.5.2020

Auch an der Zürcher Langstrasse haben Erotikbetriebe in der Corona-Krise geschlossen.
Auch an der Zürcher Langstrasse haben Erotikbetriebe in der Corona-Krise geschlossen.
Bild: Keystone

Im Prostitutionsgewerbe herrscht seit Mitte März ein Berufsverbot – das setzt Sexarbeiterinnen unter Druck, ihre Dienste illegal anzubieten. Ein Zuger Unternehmer-Paar fordert darum die Wiedereröffnung von «Kleinst-Bordellen».

Während in anderen Branchen wieder erste Lockerungen gelten, müssen Berufstägige in der Erotikbranche weiterhin abwarten. Dass die Corona-Krise die Sexarbeiterinnen besonders hart trifft, bestätigte Ursula Kocher, Betriebsleiterin der Zürcher Beratungsstelle Flora Dora, kürzlich in der «Tagesschau» von SRF: Die Frauen hätten keinen Anspruch auf Sozialleistungen, sie könnten einzig 700 Franken Nothilfe pro Monat beantragen.

«Sexarbeitende sind in Not und unter Druck», sagt auch Lelia Hunziker, Geschäftsführerin der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ), zu «20 Minuten». Viele wollten sich zwar an die Vorgaben halten, doch der finanzielle Druck – nicht zuletzt von den Familien in der Heimat – sei gross. Deshalb könne es gut sein, dass Sexarbeiterinnen ihre Dienste weiterhin anböten – einfach illegal.



Dass das Gewerbe in die Illegalität abzurutschen droht, beschäftigt auch Christian Gärtner. Der 53-Jährige betreibt zusammen mit seiner Frau Fatima einen Escort-Service. Rund 200 Sexarbeiterinnen stehen in ihrer Kartei, die erotische Dienste anbieten. Gärtners halten sich an das Berufsverbot, beteuern sie gegenüber dem «Blick», doch finden sie auch, dass «Kleinst-Bordelle» mit maximal zwei Sexarbeiterinnen unter Hygiene- und Schutzauflagen wieder zugelassen werden sollten. Sie haben deshalb eine entsprechende Online-Petition lanciert.

Schutzmasken-Pflicht, kein Oralverkehr

Auch eine Reihe von möglichen Schutzmassnahmen hat das Etablissement-Paar bereits ausgearbeitet: Geschlechtsverkehr sei aufgrund des intensiven Kontaktes natürlich «unmöglich», sagt Fatima Gärtner zum «Blick». «Doch eine Massage mit Happy End, ein reiner Begleitservice oder andere Dienste ohne Körperkontakt sind möglich.» Sie vergleicht das Ansteckungsrisiko bei solchen Diensten mit jenem in einem Tattoostudio, bei Physiotherapeuten oder klassischen Massagen.

Zu den Schutzmassnahmen zählen ausserdem, dass Sexarbeiterinnen sowie Kunden Schutzmasken tragen sollten, dass sich Kunden vor und nach dem Besuch duschen müssten, dass kein Oralverkehr und kein Küssen erlaubt wäre. Ausserdem müssten Kunden ihre Kontaktdaten für zwei Wochen hinterlegen, damit Infektionsketten bei Bedarf nachvollzogen werden könnten.



«35'000 Personen arbeiten in der Schweiz im Erotikgewerbe», sagt Christian Gärtner, doch in Bern fänden sie kein Gehör. Deshalb will der Zuger nun einen Gewerbeverband für die Branche gründen, der sich für die Interessen auf politischer Ebene einsetzt.

«Prostituiere haben keine Lobby» kritisiert auch der Zürcher Anwalt und SVP-Kantonsrat Valentin Landmann gegenüber «20 Minuten». Er fordert, dass auch im Erotikgewerbe ab Juni wieder gearbeitet werden darf: «Erotik ist ein völlig legales Gewerbe, auch für Prostituierte gilt die Handels- und Gewerbefreiheit.» Im Kantonsrat wolle er das Thema zur Sprache bringen.

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