Kaputte Kläranlagen Wer im Genfersee badet, riskiert Durchfall

Dominik Müller

4.7.2024

Die Walliser Kläranlage Siders-Noës ist nach den Unwettern derzeit ausser Betrieb.
Die Walliser Kläranlage Siders-Noës ist nach den Unwettern derzeit ausser Betrieb.
Staat Wallis

Mehrere Kläranlagen im Wallis wurden vom Hochwasser zerstört. Nun ruft der Kanton dazu auf, kein WC-Papier mehr die Toilette hinunterzuspülen – und warnt vor dem Baden im Genfersee.

Dominik Müller

4.7.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Von den Unwetterschäden im Wallis ist auch die Abwasserreinigung betroffen: Mehrere Kläranlagen sind ausser Betrieb.
  • Abwasser gelangt derzeit ungereinigt in die Gewässer.
  • Der Kanton hat sich nun mit entsprechen Verhaltensempfehlungen an die Bevölkerung gewendet.
  • Es drohen Umweltschäden.

Die jüngsten Unwetter im Kanton Wallis haben in verschiedenen Regionen grosse Schäden verursacht. Sieben Kläranlagen waren zunächst nicht mehr in der Lage, ihren Betrieb aufzunehmen. Das Abwasser gelangt ungereinigt in Flüsse und weiter in andere Gewässer wie den Genfersee.

Kläranlagen nutzen den natürlichen Abbauprozess von organischem Material im Wasser und beschleunigen ihn durch Rühren, Sauerstoffeintrag und Rückführung der Mikroorganismen, die die Schadstoffe abbauen. «Wenn die Kläranlagen ausser Betrieb sind, findet dieser Abbau in der Natur statt, aber es geht langsamer», schreibt die Walliser Dienststelle für Umwelt (DUW) auf Anfrage von blue News.

Auf diese Weise können Probleme mit dem Sauerstoffgehalt des Wassers auftreten – vor allem in Seen, die weniger durch Wasserbewegung belüftet werden. Wenig Sauerstoff im Wasser stellt insbesondere die Fauna vor Probleme.

Die Walliser Behörden geben aber Entwarnung: «Mit den grossen Wassermengen von diesem Wochenende sind die Schadstoffe gut verdünnt und belüftet, von daher ist im Moment kein Fischsterben zu befürchten.»

Kein WC-Papier in die Toilette

Kläranlagen filtern aber auch Materialien heraus, die eigentlich nicht ins Abwasser gehören. So landen derzeit grobe Feststoffe wie etwa Damenbinden in der Natur und werden nach und nach durch das Wetter oder durch mechanische Einwirkung zerkleinert. «Kleine Plastikteile stellen unter anderem ein Problem für manche Tierarten dar, deren Magen sich mit unverdaulichem Material füllt», so das Walliser Umweltamt.

Die roten Punkte markieren die Kläranlagen, die noch nicht wieder in Betrieb sind.
Die roten Punkte markieren die Kläranlagen, die noch nicht wieder in Betrieb sind.
Dienststelle für Umwelt Wallis

Um die Belastung so gering wie möglich zu halten, ruft der Kanton die Bevölkerung auf, möglichst keine synthetischen Stoffe der Kanalisation zuzuführen. So soll Toilettenpapier in den Abfall geworfen oder beim Zubereiten von Nudeln auf Öl im Kochwasser verzichtet werden. Bei der Körperpflege sollen umweltschonende Produkte verwendet werden.

Die Gefahr für die Umwelt ist da – und für den Menschen? «Es sind natürlich grössere Mengen Fäkalbakterien in das Wasser geraten. Es empfiehlt sich also, beim Baden im Genfersee vorsichtig zu sein, wenn man nicht eine Durchfallerkrankung riskieren will», schreibt die DUW. Das Wasser der Rhone sei aber kalt und sinke deswegen im Genfersee ab. Es könne deshalb sein, dass der Einfluss auf die Badewasserqualität gering ist.

Reparaturen dauern an

Die ersten Reparaturen sind schon abgeschlossen und einige der betroffenen Ortschaften sind wieder voll an die Kläranlage angeschlossen, zum Beispiel Zermatt.

In anderen Orten – etwa in Siders – sind die Schäden gemäss DUW grösser: «Dort wurde ein provisorischer Betrieb der Vorreinigung wieder aufgenommen, aber bis alles wieder vollständig funktioniert, dürfte es mehrere Wochen bis Monate dauern.»

Auch bis alle Schäden an den Leitungen repariert sind, dürften mehrere Wochen vergehen – insbesondere in Evolène, wo drei Kilometer Abwasserleitung weggerissen wurden, und in Anniviers, wo erst ein instabiler Hang gesichert werden muss, bevor man überhaupt an der beschädigten Leitung arbeiten kann.


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