Fachkräftemangel Viele Ukrainer*innen finden trotz offener Stellen keine Arbeit

smi

24.1.2023

Die Regionalen Arbeitsvermittlungsstellen unterstützen Ukrainer*innen bei der Stellensuche. Rund 15 Prozent gehen einer bezahlten Arbeit nach, viel mehr hätten gern einen Job.(Symbolbild aus dem RAV Thun).
Die Regionalen Arbeitsvermittlungsstellen unterstützen Ukrainer*innen bei der Stellensuche. Rund 15 Prozent gehen einer bezahlten Arbeit nach, viel mehr hätten gern einen Job.
(Symbolbild aus dem RAV Thun).
KEYSTONE

15 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine haben eine Arbeitsstelle in der Schweiz gefunden. Die Mehrheit will arbeiten, ist gut ausgebildet und spricht zumindest Englisch.

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70'000 Menschen aus der Ukraine haben bisher den Schutzstatus S erhalten und dürfen somit in der Schweiz arbeiten. Zugleich sind in der Schweiz so viele Stellen offen wie noch nie: Auf über 250'000 ist ein Personalunternehmen im Dezember 2022 gekommen, wie im «Blick» zu lesen war

Die Berner Fachhochschule hat eine Umfrage unter 2000 Geflüchteten aus der Ukraine durchgeführt, wie verschiedene Medien berichten, darunter die «NZZ». Sie zeigt, dass 15 Prozent aller Befragten einer bezahlten Arbeit nachgehen. Die Zahl passt zur Erwerbstätigenquote, die das Staatssekretariat für Migration Mitte Januar mit 14,5 Prozent angegeben hat.

Der Befragung hat zudem ergeben, dass 36 Prozent der geflüchteten Ukrainer*innen im arbeitsfähigen Alter auf Stellensuche sind und weitere 36 Prozent an einem Job Interesse haben. Drei Viertel derjenigen, die eine Stelle haben, würden gern mehr arbeiten.

Gut ausgebildet

Vier von zehn Befragten haben angegeben, dass sie gut Englisch sprächen, über 80 Prozent hätten seit ihrer Ankunft einen Sprachkurs begonnen oder bereits abgeschlossen. Die Ukrainer*innen in der Schweiz sind gut ausgebildet. 70 Prozent haben ein Studium abgeschlossen, weitere 25 Prozent eine andere nachobligatorische Ausbildung.

Die am besten vertretenen Berufsfelder sind «Wirtschaft, Verwaltung und Recht», «Ingenieurwesen», «verarbeitendes Gewerbe und Bau». Die Bereiche mit der grössten Zahl an offenen Stellen in der Schweiz sind IT, das Gesundheitswesen und die Gastronomie, wie eine Studie Ende 2022 festgestellte, über die der «Blick» berichtet hat. Eine Schnittmenge besteht also.

Zusammengefasst: Mehrere Zehntausend gut ausgebildete Arbeitswillige finden in der Schweiz keinen Job. Gleichzeitig können viele Schweizer Betriebe ihre offenen Stellen nicht besetzen.

Sprachkenntnis und ukrainisches Diplom sind oft das Problem

Woran liegt das? Gemäss den Resultaten der Berner Befragung kämpfen 40 Prozent der Ukrainer*innen damit, dass ihre berufliche Qualifikation in der Schweiz nicht anerkannt wird. 60 Prozent wünschen sich mehr Unterstützung bei der Arbeitssuche. Einige hindere auch die fehlende externe Kinderbetreuung daran, eine Stelle anzutreten.

Einen Anteil hat auch die Arbeitgeberseite. Das Institut Sotomo hat im Auftrag des Bundes untersucht, was Schweizer Unternehmen davon abhalte, Ukrainer*innen einzustellen. Häufigster Grund waren ungenügende Sprachkenntnisse und die mangelnde Qualifikation.

Immerhin hat in der schon im Sommer 2022 durchgeführten Befragung jedes zehnte befragte Unternehmen angegeben, bereits jemanden aus der Ukraine zu beschäftigen. Gut die Hälfte habe «grundsätzlich Interesse an einer Anstellung von geflüchteten Personen aus der Ukraine», wie es in der Studie heisst.

15 Prozent Erwerbstätige «beachtlich»

Ein Sprecher des Amts für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich hat der «NZZ» zu Protokoll gegeben, angesichts aller Schwierigkeiten, mit denen Arbeitssuchende aus der Ukraine in der Schweiz zu kämpfen hätten, sei die Erwerbsquote durchaus beachtlich.

Wo anzusetzen ist, damit mehr Geflüchtete aus der Ukraine arbeiten können, ist angesichts der Studienergebnisse klar: Sie brauchen mehr Unterstützung in der Stellensuche und müssen ihre Sprachkenntnisse verbessern. Zudem würde ihnen die Anerkennung ihrer Ausbildungen die Suche erleichtern. Dies ist freilich nur sinnvoll, wenn sie die Fertigkeiten tatsächlich mitbringen, die die Betriebe von den jeweiligen Qualifizierten erwarten. 

Das Staatssekretariat teilt mit, bezüglich Spracherwerb und Stellensuche unterstützten die Kantone die Stellensuchenden mit entsprechenden Angeboten. Der Bund helfe nun mit, damit diese ausgebaut würden.

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