Gesperrter Gotthard-Basistunnel Tessiner fordern Schadenersatz, Urner mehr Tempo 

smi

18.8.2023

Nach der Entgleisung eines Güterzuges im Gotthard-Basistunnel bleibt die Strecke für den Personenverkehr monatelang gesperrt.
Nach der Entgleisung eines Güterzuges im Gotthard-Basistunnel bleibt die Strecke für den Personenverkehr monatelang gesperrt.
SBB/KEYSTONE/DPA

Tessiner und Urner Politiker*innen fordern, dass die SBB den Gotthard-Basistunnel schneller instand stellen. Nationalrat Regazzi (Mitte/TI) will Schadenersatz, Amts- und Parteikollege Romano eine Flugverbindung.

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  • Der Gotthard-Basistunnel bleibt für den Personenverkehr noch monatelang gesperrt.
  • Damit wollen sich Tessiner und Urner Politiker*innen nicht abfinden. Sie fordern eine schnellere Instandstellung.
  • Der Tessiner Nationalrat und Gewerbeverbandspräsident Fabio Regazzi (Mitte) will zudem Schadenersatz für den Tourismus, weil das Tessin wegen der Sperrung Tagesgäste verliere.

«Wir sind doch nicht in einem Drittweltland», lässt sich der Tessiner Mitte-Nationalrat Fabio Regazzi im «Tages-Anzeiger» zitieren. Er kritisiert, wie lange sich die SBB Zeit lassen will, um den Gotthard-Basistunnel wieder vollständig in Betrieb zu setzen. 

Regazzi, der auch Präsident des Gewerbeverbands ist, erinnert an die Sperrung der Autobahn-Röhre nach dem schweren Unfall zweier Lastwagen. Auch der Strassentunnel hatte schweren Schaden genommen, war aber nach zwei Monaten wieder befahrbar. Auch die SBB müssten alles daran setzen, dass die Reparaturen beschleunigt werden, so der Tessiner Politiker. 

Gotthard-Basistunnel bleibt für Reiseverkehr monatelang gesperrt

Gotthard-Basistunnel bleibt für Reiseverkehr monatelang gesperrt

Die Reparaturarbeiten im Gotthard-Basistunnel werden mehrere Monate dauern. Die Schäden sind grösser als angenommen, wie die SBB am Mittwoch mitteilten. Der Güterverkehr soll am 23. August wieder rollen. Der Reiseverkehr wird weiter über die Panoramastrecke umgeleitet. Nach wie vor stehen 16 entgleiste und zum Teil schwer beschädigte Güterwagen im Tunnel. Untersuchungen haben laut SBB gezeigt, «dass das Ausmass der Schäden deutlich grösser ist als nach ersten Schätzungen angenommen».

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Die Verantwortlichen der Bahn geben an, bereits alles zu tun, was in ihrer Macht stehe. Die Arbeiter seien im Mehrschichtbetrieb dabei, die West-Röhre so schnell wie möglich zu räumen und instand zu setzen. Der Güterverkehr wird schon in einigen Tagen wieder aufgenommen. Wie lange es dauere, bis wieder Personen sicher durch den Basistunnel reisen können, lasse sich hingegen nicht voraussagen, so die SBB weiter. Am Mittwoch haben die Verantwortlichen von mehreren Monaten gesprochen

Tessin will Schadenersatz

Das Tessin sorgt sich um den Tourismus, dem Einbussen drohen, weil die Anreise nun wieder so lang dauert wie bis vor sieben Jahren. Besonders die Zahl der Tagesgäste gehe zurück. So gibt der Direktor der Bahn auf den Monte Generoso an, sie hätten statt der bei gutem Wetter üblichen 400 bis 450 Passagiere nur noch 300 bis 350.

Sie seien «dermassen abhängig von diesem Tunnel», betont Regazzi. Seine Schlussfolgerung: Die SBB oder der Bund als Eigentümer des Tunnels müssten dem Tessin Schadenersatz zahlen. 

Auch nördlich des Gotthards ist der Ärger über die lange Sperrung gross. Simon Stadler, einziger Urner Nationalrat und Parteikollege Regazzis, hält fest, die Dörfer in seinem Kanton litten bereits unter dem Ausweichverkehr, der von der Autobahn ausgehe. Sie könnten nicht monatelang die Folgen der Sperrung tragen.

Mitte-Politiker Stadler fordert die Verantwortlichen der SBB auf, sich intelligent zu organisieren, um den Tunnel schneller wieder freigeben zu können als angekündigt.

«Flugzug» für Tessiner Pendler*innen

Einen anderen kostspieligen Vorschlag hat der Tessiner Verkehrspolitiker Marco Romano (Mitte): Er empfiehlt einen «Flugzug», also eine Flugverbindung, für die Pendler*innen vor, die täglich vom Tessin in die Deutschschweiz reisen. 

Da die Fahrt durch den Gotthard eine Stunde länger dauert, ist sie nach Ansicht verschiedener Beteiligter weniger wert. Die SBB solle deshalb den Preis senken, sind sich Politiker*innen von der SP bis zur Lega dei Ticinesi und auch des Verbands Pro Bahn einig. Diese Forderung haben die SBB aber bereits als «nicht vorgesehen» bezeichnet.

Positiv sehen einige, darunter die Urner Ständerätin Heidi Z'Graggen, dass die alte Gotthardstrecke durch den Tunnel von Göschenen nach Airolo nicht stillgelegt worden ist, wie das ursprünglich vorgesehen war. Nationalrat Stadler hebt hervor, dass die Zugreisenden nun wenigstens wieder einmal das «Chileli» von Wassen zu sehen bekämen.