Ukraine-Konflikt «Die Schweiz verurteilt die Verletzung der territorialen Integrität»

red/SDA

22.2.2022

Deshalb ergreift die Schweiz vorerst keine Sanktionen gegen Moskau

Deshalb ergreift die Schweiz vorerst keine Sanktionen gegen Moskau

Die Schweiz ergreift vorerst keine Sanktionen gegen Russland wegen der Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk und schliesse sich somit den Sanktionen von EU und USA nicht an. Sobald die EU ihre neuen Sanktionen ankündigt, werde sie die Landesregierung unter Berücksichtigung wirtschaftlicher, rechtlicher und humanitärer Gesichtspunkte analysieren. Eine Diskussion sei für die Bundesratssitzung vom Mittwoch terminiert, sagte Leu. Die Staatssekretärin führte weiter aus, die Schweiz ergreife zwar keine Sanktionen. Gemäss einer Regelung von 2014 sind gemäss Leu aber Massnahmen in Kraft, die verhindern, dass Sanktionen mit dem Umweg über die Schweiz umgangen werden. Prinzipiell muss die Schweiz Uno-Sanktionen übernehmen, da sie dort Mitglied ist. EU- oder US-Sanktionen schliesst sie sich selten an. Das letzte Mal war dies bei den erweiterten Sanktionen der EU gegen Nicaragua im Januar der Fall.

22.02.2022

Die Schweiz verurteilt Russlands Vorgehen im Ukraine-Konflikt, wird aber keine Sanktionen ergreifen – vielmehr stellt sie ihre guten Dienste zur Verfügung. Das erklärte Staatssekretärin Livia Leu vor den Medien. 

red/SDA

Zwar sei die russische Anerkennung der beiden sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhans in der Ostukraine eine klare Verletzung des Völkerrechts. Die Schweiz ergreift aber vorest keine Sanktionen gegen Russland. Das stellte Staatssekretärin Livia Leu am Dienstag vor den Medien klar. 

Durch die Truppenverlegung in die beiden abtrünnigen Landesteile habe Russland die Integrität und Souveränität der Ukraine verletzt. Die Schweiz anerkenne die beiden Volksrepubliken nicht an, sagte die Chefdiplomatin. Diese Gebiete gehörten weiterhin zur Ukraine. Russlands Botschafter sei ins Aussenministerium bestellt und über diese Haltung informiert worden.

Der Bundesrat schliesse sich allfälligen neuen Sanktionen von EU und USA wohl nicht an. Dies war bereits nach dem russischen Einmarsch der Krim 2014 der Fall – der Bund stellte stattdessen sicher, dass die Sanktionen nicht über die Schweiz umgangen werden können.

Ukraine: Was sind die Folgen für die Schweiz?

Ukraine: Was sind die Folgen für die Schweiz?

Laut Livia Leu, Staatssekretärin des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), hat die Eskalation in der Ukraine auch Folgen für die Schweiz. Wenn die Sicherheit in Europa bedroht sei, dann betreffe das alle. Es handle sich um einen «Rückfall in schwierigere Zeiten».

22.02.2022

Sobald die EU ihre neuen Sanktionen ankündige, werde die Landesregierung sie aber analysieren. Eine Diskussion dazu sei für die Bundesratssitzung vom Mittwoch geplant.

Die Schweiz halte an völkerrechtlichen Prinzipien fest. Seit dem Beginn des Ukraine-Konflikts vor acht Jahren setze sie sich für eine friedliche Lösung ein. Sie beteilige sich auch an der Sonderbeobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im ukrainischen Grenzgebiet. Die Schweizer Beobachter seien weiterhin vor Ort. Und bei Bedarf stünden die guten Dienste der Schweiz allen interessierten Kreisen offen.

Laut Botschafter Hans-Peter Lenz, Leiter des Krisenzentrums im Aussendepartement (EDA), hat der Bund keine Kenntnis davon, wie viele Schweizerinnen und Schweizer sich tatsächlich vor Ort im Krisengebiet um Donezk und Luhansk befinden. Die Botschaft in Kiew arbeite im Krisenmodus, sei aber offen.

EDA ist im Unklaren über Anzahl Schweizer im Krisengebiet

EDA ist im Unklaren über Anzahl Schweizer im Krisengebiet

Laut Botschafter Hans-Peter Lenz, Leiter des Krisenzentrums im Schweizer Aussendepartement, hat der Bund keine Kenntnis davon, wie viele Schweizerinnen und Schweizer sich tatsächlich vor Ort im Krisengebiet um Donezk und Luhansk befinden. Die Botschaft in Kiew arbeite im Krisenmodus.

22.02.2022

  • Liveticker
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  • 15.38 Uhr

    Die Fragerunde ist beendet.

    Das EDA werde laufend weiter informieren, gibt ein Vertreter den Medienschaffenden mit und beendet die Medienkonferenz.

  • 15.37 Uhr

    Gibt es eine «rote Linie», ab wann Sanktionen angewendet werden?

    Das sei von der EU und der Schweiz im Falle von militärischen Eskalationen vorgesehen, so Leu. Was damit genau gemeint ist, sei aber eine politische Frage.

  • 15.36 Uhr

    Was bedeutet die «Rückkehr zum Imperialismus» für die Diplomatie?

    Livia Leu findet diese Prognose zu gewagt. Das EDA wolle den Dialog weiterhin voranbringen. Es habe in den letzten Monaten mehr Dialog gegeben mit Russland als in den Jahren davor. Sie würde nicht ausschliessen, dass der Dialog weitergehe.

  • 15.34 Uhr

    Wie steht es um die russisch-schweizerischen Beziehungen?

    Die Schweiz pflege mit Russland «einen breiten, einen kritischen Dialog» – etwa über Menschenrechte. Staaten seien auch nicht wirklich befreundet, sondern hätten Interessen. Die Schweiz nehme international eine spezielle Rolle ein, sagt sie mit Verweis auf die Tradition der guten Dienste.

  • 15.32 Uhr

    Welche Auswirkungen hat es für die Schweiz, wenn Nord Stream 2 gestoppt wird?

    Livia Leu erklärt, es sei ein Unterschied, ob das Projekt gestoppt wird, oder wenn die in Zug domizilierte Firma, welche das Nord Stream 2 Projekt vorantreibt, sanktioniert werde.

  • 15.31 Uhr

    Sollte die Schweiz von sich aus Sanktionen ergreifen, statt zuzuwarten?

    Unilaterale Sanktionen ergäben für einen so kleinen Akteur wie die Schweiz keinen Sinn, sagt Leu. Es sei daher besser, im Verbund – etwa mit der UNO oder der EU – zu handeln und deren Sanktionen zu übernehmen.

  • 15.30 Uhr

    Was nützt das Völkerrecht im Krieg?

    Livia Leu: Es gebe Grenzen, aber der Polizist des Völkerrechts sei die UNO.

  • 15.29 Uhr

    Sind auch britische Sanktionen mitgemeint?

    Wird die Schweiz auch verhindern, dass Sanktionen von Grossbritannien umgangen werden können? Bisher habe man immer Sanktionen der EU so gehandhabt. Sie ergänzt aber, dass es Vorschriften der Finanzmarktaufsicht Finma gebe.

  • 15.26. Uhr

    Wie lange braucht die Schweiz, um auf EU-Sanktionen zu reagieren?

    Livia Leu antwortet, bei Uno-Sanktionen habe die Schweiz keinen Spielraum, die müsse sie mittragen. Mit EU-Sanktionen müsse sich der BR befassen, wie viel Zeit das brauche, könne sie nicht sagen. Die EU arbeite an ihrem Sanktionspaket, aber sie müsse auch erst noch entscheiden.

  • 15.25 Uhr

    Ist die Schweiz in der Lage, Gelder zu blockieren, falls nötig?

    Livia Leu erklärt, man könne sich nicht auf etwas vorbereiten, das noch nicht gegeben sei. Aber die Schweiz sei gut aufgestellt mit ihren Finanzplatzregelungen. Im Bedarfsfall könne man die Informationen rasch einholen, wem welche Gelder gehörten.

  • 15.24 Uhr

    Was plant die Schweiz, um der Ukraine zu helfen?

    Man wolle die Überwachungsmission der OSZE unterstützen und weiterhin OSZE-Personal stellen.

  • 15.22 Uhr

    Kam die Nichtanerkennung der Ukraine durch Putin für das EDA überraschend?

    Livia Leu antwortet, dass sich die Rhetorik Putins zunehmend verschärft habe. Die Rede von gestern stelle eine neue Tonlage dar.

  • 15.21 Uhr

    Welche Konsequenzen drohen der Schweiz?

    Die Schweiz sei Teil Europas. Wenn die Sicherheit in Europa bedroht sei, betreffe das auch die Schweiz. Die möglichen Auswirkungen könnten Flüchtlingsbewegungen und wirtschaftliche Folgen haben. Man wisse auch nicht, wie lange die Krise andauern könne. Man dürfe nicht vergessen, dass der Konflikt seit 2014 andauere, aber «jetzt ist das ein Rückfall in schwierigere Zeiten».

  • Das humanitäre Völkerrecht

    Direktorin für Völkerrecht des EDA, Corinne Cicéron: Dadurch, dass die Unabhängigkeit anerkannt wurde, bestehe eine Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine. Wie das aufgrund des humanitären Völkerrechts zu beurteilen sei, müsse anhand der Situation vor Ort entschieden werden, also, wer welche Gewalttaten begangen habe.

    Unabhängigkeit anerkannt wurde, dadurch bestehe eine Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine. Wie das aus dem humanitären Völkerrecht beurteilt werde, müsse anhand der Situation vor Ort geschehen.

  • 15.19 Uhr

    Werden sich US-Aussenminister Antony Blinken und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow in Genf treffen?

    «Zumindest haben wir nichts Gegenteiliges gehört», antwortet Leu. Aber man müsse sehen, wie sich die Dinge entwickeln – «on vera».

  • 15.18 Uhr

    Was ist der Unterschied, ob man Sanktionen mitträgt oder verhindert, dass sie umgangen werden?

    Livia Leu gibt an, beides basiere auf dem Embargo-Gesetz. Sanktionen gingen einen Schritt weiter als die Sicherstellung, dass sie nicht umgangen werden. Man müsse Finanzströme überwachen. Aber es gebe einen politischen Unterschied. Wirtschaftssanktionen sind eine politische Aussage. Die Verhinderung der Umgehung sei anderes gerichtet.

  • 15.17 Uhr

    Wird die Schweiz also neue Sanktionen gleich handhaben: nicht mittragen, aber eine Umgehung verhindern?

    Dieser Entscheid liege beim Bundesrat, so Leu. Aber «a priori spricht nichts dagegen», dieses Verfahren beizubehalten.

  • 15.14 Uhr

    Wird sich die Schweiz wieder nicht an den Sanktionen der EU beteiligen?

    Livia Leu antwortet, die Schweiz übernehme die Sanktionen der Uno. Sanktionen der EU habe sie nicht übernommen, aber Massnahmen ergriffen, dass die Sanktionen der EU nicht über die Schweiz umgangen werden könnten.

  • 15.12 Uhr

    296 Schweizer Bürger*innen in der Ukraine

    Zu Schweizer Bürger*innen in der Ukraine: Aktuell seien 296 Personen mit Schweizer Bürgerrecht bei der Botschaft gemeldet, wovon lebten zehn Personen in Donezk. Das EDA kümmere sich um die Betroffenen, aber es gebe keine Verpflichtung, zu einer Ausreise aufzurufen. Die Reisehinweise zur Ukraine würden aber laufend aktualisiert. «Von Reisen in gewisse Landesteile raten wir generell ab.» Für Donezk und Luhansk habe man die Menschen bereits am Samstag dazu aufgerufen, diese Regionen mit eigenen Mitteln vorläufig zu verlassen. 

  • 15.10 Uhr

    Botschaft bleibt offen

    Nun hat Botschafter Hans-Peter Lenz das Wort. Das Personal der Schweizer Botschaft in Kiew sei wohlauf, «die Botschaft ist offen und funktionell». Die Sicherheit des Personals sei dem EDA aber wichtig, deshalb seien vier Personen nach Bern abgezogen worden. Zwei Schweizer OSZE-Botschafter seien weiterhin vor Ort. 

  • 15.08 Uhr

    Sanktionen

    Noch ein Wort zu Sanktionen gegen Russland: Die Schweiz habe sich 2014 entschieden, die damals verhängten Sanktionen der EU nicht zu übernehmen, aber eine Umgehung über die Schweiz zu verhindern. Sobald die EU neue Sanktionen beschliessen sollte, werde man die Position der Schweiz prüfen. Der Bundesrat werde sich auch am morgigen Mittwoch mit dem Thema befassen.

  • 15.06

    Schweiz bietet ihre Dienste an

    In diesen Minuten kläre die Schweiz ab, wie sie die Mission der Organisation für Sicherheit und Entwicklung (OSZE) unterstützt werden könne. Sollte eine Konfliktpartei das wollen, stelle die Schweiz auch ihre guten Dienste zur Verfügung. Man stehe weiterhin im Dialog mit beiden Parteien. 

  • 15.05 Uhr

    Truppen in Bewegung

    Gemäss Informationen des Bundes seien russische Truppen bereits Richtung Donezk und Luhansk aufgebrochen, so Leu weiter. Die Schweiz rufe alle Parteien zum Dialog und zur Einhaltung der Minsker Abkommen auf. 

  • 15.01 Uhr

    Jetzt wird informiert

    Die Medienkonferenz zur Ukraine-Krise ist eröffnet. Als Erstes spricht Livia Leu. «Die Schweiz ist sehr besorgt», sagt die Staatssekretärin. Mit der Anerkennung der Separatistengebiete in der Ostukraine habe Russland eine Verletzung des Völkerrechts begangen. Die Schweiz anerkenne die Unabhängigkeit dieser Gebiete nicht und verurteile diesen Schritt von Moskau. 

Die Ausgangslage

Die Schweiz hat bisher nur in einem Tweet zum Vorgehen Russlands Stellung genommen. Um 15 Uhr erläutern Staatssekretärin Livia Leu des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und Botschafter Hans-Peter Lenz, Leiter des Krisenzentrums EDA, die Position der Schweiz vor den Medien.