«Echt, volksnah, schnörkellos» SP-Doyen Helmut Hubacher ist gestorben

SDA/tjb

20.8.2020

Helmut Hubacher war eine der prägenden Figuren der Schweizer Sozialdemokratie.
Helmut Hubacher war eine der prägenden Figuren der Schweizer Sozialdemokratie.
Bild: Keystone/Gaetan Bally

Helmut Hubacher hat die Sozialdemokraten und die Schweizer Politik über Jahre geprägt, als Gewerkschafter und als Politiker – er sass für mehr als drei Jahrzehnte für die SP im Nationalrat. Nun ist er 94-jährig gestorben.

Die Schweiz verliert einen aussergewöhnlichen Politiker: Der SP-Mann Helmut Hubacher ist im Alter von 94 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit im jurassischen Pruntrut gestorben, wie seine Partei mitteilt. Er war 1963 bis 1997 Nationalrat. Von 1975 bis 1990 präsidierte er die SP Schweiz. Er galt als prägende Figur der Schweizer Sozialdemokratie.

Erst Ende Juni verabschiedete sich Hubacher in einer letzten Kolumne im «Blick» und in der «Basler Zeitung» von seiner Leserschaft.  Viele hundert Male hatte er seine engagierten und weitsichtigen Gedanken zur Tagespolitik mit einer breiten Leserschaft geteilt.

SP-Bundesrat Alain Berset würdigte Hubacher in einem Tweet: Hubacher sei ein stolzer Sozialdemokrat gewesen – «Echt, volksnah, schnörkellos». Er habe nicht nur die Partei geprägt, sondern auch ihn selber, schreibt der Vorsteher des Innendepartements.

Hubacher war SBB-Beamter, Gewerkschaftssekretär, Journalist, Buchautor und Publizist. Einen Platz in der Schweizer Geschichte verschaffte er sich aber in erster Linie als Urgestein der Politik und als Doyen der Sozialdemokratie.

Über drei Jahrzehnte Nationalrat

1963 zog der im bernischen Krauchthal geborene Hubacher für den Kanton Basel-Stadt in den Nationalrat ein. Einen Sitz, der er während 34 Jahre bekleidete. 1975 übernahm er zudem das Amt des Präsidenten der sozialdemokratischen Partei der Schweiz, das er für 15 Jahre ausübte.

Vor seinem Aufstieg auf die nationale Bühne politisierte er auf Kantonsebene. In Basel amtete er von 1956 bis 1968 als Grossrat. Seine Versuche, 1972 und 1976 vom Parlament in die Kantonsregierung zu wechseln, scheiterten jeweils am bürgerlichen Widerstand.

Für viel Aufmerksamkeit sorgte Hubachers Kritik an der Armeepolitik. Er nahm zahlreiche Rüstungsvorlagen unter Beschuss wie etwa jene für den Panzer 68, den Leopard II und das Radarsystem Florida. Zur Armeepolitik verfasste er die Bücher «Schwarzbuch EMD» und «Aktenzeichen EMD».

In seine Zeit als SP-Präsident fiel die Öffnung der Arbeiterpartei für die Generation der 1968er-Bewegung und die Aufnahme neuer sozialdemokratischer Kernthemen wie Umweltschutz, Atomkraft oder Gleichberechtigung. Damit eckte er allerdings nicht nur bei bürgerlichen Politikerinnen und Politikern an, sondern auch beim konservativen Flügel der SP.

Niederlage bei Wahl von Otto Stich

Stark unter Beschuss geriet Hubacher, als er 1982 mit einer Delegation der SP in die damalige DDR reiste und auch mit SED-Generalsekretär Erich Honecker zusammentraf.

Hubacher musste auch auf nationaler Ebene Niederlagen einstecken. Zu den grössten gehörte 1983 sein gescheiterter Versuch, die Zürcher Nationalrätin Lilian Uchtenhagen (1926-2016) als erste Bundesrätin zu portieren.

Die Eidgenössischen Räte wählten an ihrer Stelle den nicht aufgestellten Solothurner Nationalrat Otto Stich. Hubacher stellte nach dieser Niederlage gar einen Austritt seiner Partei aus dem Bundesrat zur Debatte.

Ein Leben für die SP

Hubacher war ein Leben lang der Sozialdemokratie verbunden. In den 1940er-Jahren lernte er bei den Basler Jungsozialisten seine Frau Gret kennen, die er 1959 heiratete und mit der er drei Kinder hatte. Mit ihr zog er sich ins jurassische Dorf Courtemaîche zurück.

Seine Jugend hatte der 1926 geborene Hubacher in Zollikofen bei Bern verbracht. Nach seiner SBB-Beamtenlehre war er zunächst Stationsbeamter, danach aber viele Jahre lang Gewerkschaftssekretär.

Er begann im Eisenbahnerverband, von 1953 bis 1963 war er Sekretär beim VPOD und bis zu seiner Pensionierung 1991 im Sekretariat des Basler Gewerkschaftsbunds tätig.

Leidenschaftlicher Autor

Hubachers Leidenschaft galt stets auch dem Schreiben. 1963, als er als Nachrückender in den Nationalrat einzog, wurde er Chefredaktor der sozialdemokratischen «Basler AZ» und ab 1970 des AZ-Rings.

Ein vielbeachteter Schreiber blieb er auch nach seinem Rücktritt aus der Parlamentspolitik. Sein 1994 erschienenes Buch «Tatort Bundeshaus» besetzte monatelang Platz eins der Schweizer Sachbuch-Bestsellerliste.

Zurück zur Startseite