Maskenpflicht ade So steht die Schweiz vor dem Ende aller Schutzmassnahmen da

Von Gil Bieler

28.3.2022

Die vorerst letzte Medienkonferenz auf Expert*innen-Ebene: Taskforce-Chefin Tanja Stadler, Impf-Chef Christoph Berger (Mitte) und BAG-Experte Patrick Mathys am 22. März in Bern.
Die vorerst letzte Medienkonferenz auf Expert*innen-Ebene: Taskforce-Chefin Tanja Stadler, Impf-Chef Christoph Berger (Mitte) und BAG-Experte Patrick Mathys am 22. März in Bern.
Bild: Keystone/Peter Klaunzer

Diese Woche dürften auch die letzten Corona-Massnahmen wegfallen. Wie steht die Schweiz in der Pandemie da, und wie hat sich die Lage seit dem letzten Lockerungsschritt vom Februar entwickelt? Eine Übersicht. 

Von Gil Bieler

Das Ende aller Corona-Schutzmassnahmen naht. Der Bundesrat will in dieser Woche entscheiden, wie es mit der Pandemie weitergeht. Zu erwarten ist, dass nun auch die letzten Vorschriften wegfallen und die Schweiz per 1. April zur «normalen Lage» zurückkehrt.

Normal soll sich ab dann auch der Alltag wieder anfühlen: Im öffentlichen Verkehr und in Gesundheitseinrichtungen soll keine Maskenpflicht mehr gelten, positiv Getestete müssten nicht mehr in Isolation ausharren. Auch die SwissCovid-App wird deaktiviert. So sieht es der Fahrplan vor, den der Bundesrat Mitte Februar vorgestellt hat.

«Es war hart, es war mühsam, es hat uns sehr viel Kraft gekostet», sagte Gesundheitsminister Alain Berset damals über die Pandemie, aber die Schweiz könne nun optimistisch nach vorne blicken. Bereits tags darauf setzte der Bundesrat das Gros der Massnahmen ausser Kraft.

Wie hat sich die epidemiologische Lage seit diesem letzten Lockerungsschritt entwickelt? Eine kurzer Check.

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Fallzahlen

Als der Bundesrat am 16. Februar den Lockerungsplan vorstellte, zählte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 19’180 Corona-Infektionen in der Schweiz und in Liechtenstein. In der Folge gingen diese Zahlen jedoch stark nach oben, Mitte März waren es über 40'700 Fälle innert eines Tages. Mittlerweile zeigt die Kurve wieder nach unten, zuletzt waren es aber immer noch 17'226 Fälle am vergangenen Freitag.

Die täglichen Fallzahlen sind freilich nur eine Momentaufnahme. Etwas breiter abgestützt ist daher der Sieben-Tage-Schnitt: Dieser liegt derzeit bei rund 23’500 Fällen. Das sind fast eineinhalb Mal so viele wie bei den letzten Lockerungen, als es noch 16'159 Fälle waren.

Entwicklung der Corona-Fallzahlen im letzten Monat. Die blaue Linie zeigt den Sieben-Tage-Schnitt an.
Entwicklung der Corona-Fallzahlen im letzten Monat. Die blaue Linie zeigt den Sieben-Tage-Schnitt an.
Grafik: BAG

Die Entwicklung bei den Fallzahlen geht also nach oben. Ein genaues Bild über das Infektionsgeschehen zu erhalten, ist jedoch nicht möglich: «Aufgrund des hohen Anteils positiver Tests ist mit einer erhöhten Dunkelziffer zu rechnen, dies erschwert die Einschätzung der Lage», räumt das BAG ein.

Auch Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass sich derzeit weit mehr Menschen infizieren, als offiziell ausgewiesen wird. Grund ist, dass laut Covid-Taskforce Ende Februar die nochmals ansteckendere Omikron-Variante BA.2 die davor dominante Variante BA.1 überholt hat. «Momentan stecken sich pro Woche rund neun Prozent der Menschen in der Schweiz an», sagte Taskforce-Präsidentin Tanja Stadler bei ihrem letzten Auftritt vor den Medien. Sie rechnet damit, dass sich effektiv viermal mehr Menschen anstecken, als in den offiziellen Fallzahlen ersichtlich.

Spitäler

Die gute Nachricht: Auf den Intensivstationen hat sich die Situation seit den letzten Lockerungen nicht merklich verändert: Am 16. Februar waren noch 26 Prozent der Intensivbetten frei, derzeit sind es 23,8 Prozent. Der Anteil der Covid-Patient*innen ging von 21,7 Prozent auf 18 Prozent sogar leicht zurück. Wenn der Bundesrat – wie er stets betont – den Lockerungsentscheid von der Situation in den Spitälern abhängig macht, wird er also auch die letzten Massnahmen aufheben können.

Die Zahl der Spitaleinweisungen hat sich gleichwohl erhöht: Lag der Sieben-Tage-Schnitt am 16. Februar noch bei 96,7 Hospitalisationen pro Tag, waren es zuletzt 101,14. Und das BAG geht in seinem letzten Wochenvergleich von einer weiterhin steigenden Tendenz aus. Dennoch könnte der Höhepunkt auch hier im März erreicht worden sein.

Taskforce-Chefin Tanja Stadler: «Bis zum Herbst sollten wir uns wappnen»

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Todesfälle

Am häufigsten sterben betagte Menschen in Zusammenhang mit einer Corona-Infektion. Das Medianalter liegt bei 86 Jahren – das heisst: Die eine Hälfte der Verstorbenen war älter als 86 Jahre, die andere Hälfte jünger. Insgesamt zählt die Schweiz bisher 13'018 Corona-Tote.

Die Taskforce ist bezüglich Sterberisiko zuversichtlich. In der Omikron-Welle sei die sogenannte Fallsterblichkeit markant gesunken – nämlich um das 40-Fache, heisst es im jüngsten Bericht. Das bedeute, «jetzt stirbt weniger als eine Person von 1000 Fällen». Grund für diese ermutigende Entwicklung sei die erhöhte Immunität gegen schwere Verläufe, die besonders dank der Impfung erreicht worden sei.

Impfung

Die Impfbereitschaft hat seit den letzten Lockerungen nicht gerade an Schwung gewonnen. Konkret: Der Anteil der vollständig geimpften Bevölkerung kletterte nur leicht an, von 68,8 Prozent auf 69,13 Prozent. Geboostert sind mittlerweile 41,19 Prozent der Gesamtbevölkerung, ein Plus von 0,85 Prozent gegenüber Mitte Februar. Jedoch betreibt der Bund aktuell auch keine Kampagne, um die Bevölkerung zum Piks zu bewegen, wie es auf Anfrage beim BAG heisst.

Bei der Durchimpfung der Bevölkerung gab es zuletzt nur wenig Bewegung nach oben. 
Bei der Durchimpfung der Bevölkerung gab es zuletzt nur wenig Bewegung nach oben. 
Grafik: BAG

Immerhin: Bei den betagten Personen ist die Impfbereitschaft am grössten. 94,3 Prozent der über 80-Jährigen sind vollständig geimpft, 79,30 Prozent haben bereits den Booster erhalten.

Welche Bevölkerungsgruppen zu welchem Zeitpunkt für einen zweiten Booster aufgerufen werden, ist noch offen. Weder das BAG noch die Eidgenössische Imfpkommission empfehlen diese vierte Impfung – in anderen Ländern dagegen wird bereits heute nachgeboostert. 

Taskforce-Chefin Tanja Stadler sagte im Interview mit blue News: «Ich rechne damit, dass beispielsweise für ältere Menschen im Herbst eine vierte Impfung naheliegt.» Und sie erklärte mit Blick auf die Zukunft: «In Innenräumen werde ich weiterhin eine Maske tragen, denn dies ist erwiesenermassen der beste Schutz für sich selbst und die anderen.»

BAG und Ekif empfehlen keinen zweiten Booster

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