Experten informieren «Einige Patienten können nicht mehr aufrecht stehen»

lmy/uri

19.10.2021

Bund stellt negative Entwicklung in der Pandemie fest

Bund stellt negative Entwicklung in der Pandemie fest

Es brauche deutlich mehr Geimpfte, um die Massnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie aufzuheben, erklärt das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Die Situation verschlechtere sich.

19.10.2021

Die epidemiologische Lage ist relativ gut – mit dunklen Wolken am Horizont. Die Experten von Bund und Kantonen haben an ihrer wöchentlichen Medienkonferenz auch neue Forschung zu Long-Covid vorgestellt.

lmy/uri

Die epidemiologische Lage sei momentan zwar «relativ gut», aber Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) sieht dunkle Wolken am Horizont aufziehen. In vielen Kantonen nehmen die Fallzahlen wieder zu, und die Covid-Patient*innen auf Intensivstationen sowie die Todesfälle stagnieren.

«Nach wie vor sehen wir einen Trend hin zu einer Verschlechterung des epidemischen Geschehens», betonte Mathys. Mittlerweile sind 75 Prozent der Bevölkerung über 12 Jahre mindestens einmal geimpft. Doch die Impfgeschwindigkeit reiche momentan nicht aus, um die Lage dauerhaft zu entspannen.

Erkenntnisse zu Long-Covid

Milo Puhan von der Universität Zürich und Mayssam Nehme vom Universitätsspital Genf stellten neue Erkenntnisse zu Long-Covid – oder Post-Covid-19-Erkrankung – vor. Rund 20 Prozent der Erwachsenen und 3 Prozent der Kinder sind davon betroffen.

Die Symptome und Verläufe können sehr unterschiedlich sein, man wisse aber noch zu wenig, um wirksame Therapien zu entwickeln. Wichtig sei eine Begleitung der Erkrankten mit Spezialisten aus verschiedenen Fachbereichen, wie es in entsprechenden Sprechstunden geschehe.

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  • 15.02 Uhr 

    Wie viele doppelt Geimpfte landen im Spital?

    Mathys sagt, er könne nicht sagen, wie viele der doppelt Geimpften derzeit konkret im Spital landen würden. Allerdings seien 90 Prozent der Hospitalisierten nicht geimpft.

  • 15.01 Uhr

    Guter Blick auf epidemiologische Lage

    Ob die Anzahl der Tests noch weiter zurückgehe, werde man sehen, sagt Mathys. Man habe momentan aber noch einen guten Überblick auf die epidemiologische Lage, auch dank der Abwasseruntersuchungen.

  • 14.58 Uhr 

    Wann werden weitere Massnahmen aufgehoben?

    Mathys sagt, es gebe hier eine Strategie des Bundesrats und Massnahmen würden demnach dann aufgehoben, «wenn die Situation es erlaubt». Derzeit sei die Situation zwar nicht schlecht, aber man könne bereits sehen, dass es eine Trendwende geben wird. «Insofern ist es vermessen zu sagen, wir öffnen jetzt.» Man müsse eine Explosion der Fallzahlen weiter verhindern. Es gebe in der Schweiz immer noch zu viele ungeimpfte Personen, weshalb die Lage in den Spitälern schnell wieder schlecht werden könne. «Es macht keinen Sinn: Öffnen, schliessen, öffnen, schliessen.»

  • 14.56 Uhr

    Pfizer für unter 18-Jährige

    Der Kanton Waadt verimpft an unter 18-Jährige nur noch Pfizer, weil es bei Moderna bei Kindern und Jugendlichen zu Herzmuskelentzündungen gekommen sei. Diese träten gerade in diesen Altersgruppen mit einem wesentlich höheren Risiko auch bei einer Covid-Erkrankung auf, betont Mathys. Diese Nebenwirkung habe es bei der Impfung gegeben, sie sei aber meistens sehr mild verlaufen. Der Verzicht sei – etwa auch in den skandinavischen Ländern – eine reine Vorsichtsmassnahme. Es gäbe aber keinen Grund, diese gesamtschweizerisch durchzusetzen.

  • 14.54 Uhr 

    Was hat die Zertifkatspflicht gebracht?

    Mathys sagt, man könne nicht wirklich quantifizieren, wie sich die Zertifikatspflicht auf die Fallzahlen ausgewirkt habe. «Ich bin aber überzeugt, dass wir ohne sehr viel mehr Fälle hätten.»

  • 14.53 Uhr

    Grippesaison fängt erst an

    «Ob die Grippe wie die letzten beiden Saisons praktisch ausfällt, kann ich nicht sagen», so Mathys. Man werde sehen, ob das Massnahmendispositiv auch die Ausbreitung der Grippe verhindere, die Saison habe erst gerade angefangen. Man höre in der Ärzteschaft von vermehrten Erkältungen, aber nicht von der Grippe, die Lage sei relativ ruhig, ergänzt Hauri.

  • 14.50 Uhr 

    Keine Zertifikate bei den Bergbahnen? 

    Mathys sagt, es verwundere ihn schon, dass die Bergbahnen die Entscheidungen zu Masken und Zertifikat verkünden würden und nicht der Bundesrat. 

    Puhan erklärt, er habe das Communiqué dazu noch nicht gesehen, aber die Viruslast sei derzeit nicht sehr hoch und viele seien geimpft. Derzeit sei es also wohl vertretbar, wenn die Leute Masken tragen und Abstand halten würden, aber man könne noch nicht sagen, wie sich das letztendlich entwickle.

  • 14.48 Uhr

    Therapien für Long Covid

    Eine Journalistin fragt konkreter nach den Therapien für Long Covid. Es komme versuchsweise einiges zum Einsatz, sagt Milo Puhan, zum Beispiel Cholesterinsenker oder Mittel, die allergische Reaktionen unterdrücken. Es gäbe mittlerweile viele Stellen, an die man sich wenden könne.

  • 14.47 Uhr 

    Sind die Kantone auf die dritte Impfung vorbereitet?

    Hauri sagt, in den Kantonen würden bereits Menschen mit Immundefizienzen geimpft. Grundsätzlich seien die Kantone also für die Booster-Impfungen bereit und das könne dann auch sehr schnell gehen. Man müsse aber noch die Entscheidungen dazu abwarten.

  • 14.46 Uhr

    Bundesrat entscheidet wegen Bergbahnen

    Rudolf Hauri kann sich zur Entscheidung der Bergbahnen zum Einsatz des Covid-Zertifikats nicht äussern: «Wie sich das entwickelt, kann man noch nicht abschätzen.» Man habe eine andere Ausgangslage als letzten Winter, aber man werde die Situation nochmals neu beurteilen müssen.

    Patrick Mathys ergänzt zum gleichen Thema auf eine Nachfrage, dass es gute Gründe gäbe, auf das Zertifikat zu verzichten. «Am Schluss werden nicht das BAG oder die Bergbahnen entscheiden, sondern der Bundesrat», sagt er. Die Titel in den Online-Medien halte er für vermessen.

  • 14.42 Uhr 

    Die Fragerunde beginnt

    Für wen gibt es eine Booster-Impfung? Das will ein Journalist wissen.

    Mathys sagt, Swissmedic prüfe dafür die Zulassungsgesuche von Moderna und Biontech/Pfizer. Danach werde entschieden, wie es mit der Booster-Impfung und auch für wen weitergehe. «Ich kann aber nicht sagen, wann das so weit ist», so Mathys.

  • 14.42 Uhr

    Impfung auch gegen Long Covid wirksam

    Wenn eine geimpfte Person infiziert wird, ist das Risiko von Long Covid nur halb so gross wie bei Ungeimpften. Auch fallen die Symptome milder und weniger hartnäckig aus. Die Impfung erweise sich auch hier als sehr wirksam, betont Nehme.

    Die beste Behandlung seien die Reha und weitere Präventionsmassnahmen. Wichtig sei auch, dass man die Forschung weitertreibe und das Wissen vermehre.

  • 14.39 Uhr

    Zwei klinische Fälle

    Nehme stellt zwei klinische Fälle vor, die typisch sind für die Post-Covid-19-Erkrankung. Ein gesunder 35-Jähriger habe sich im März 2020 infiziert und leide im Januar 2021 immer noch unter Müdigkeit und Muskelschmerzen. Die Ärzte besprechen in ihrem Kolloquium den Fall und stellen eine Diagnose, aufgrund der dem Mann eine Behandlung vorgeschlagen werden kann.

    Ein zweiter Fall betrifft eine 35-Jährige, die im November 2020 krank wurde und im Februar 2021 in die Sprechstunde kam. Sie litt unter Kurzatmigkeit und Husten. Auch sie wird angemessen behandelt und dabei begleitet. Nach der Impfung hätten sich die Symptome verbessert.

  • 14.31 Uhr

    Post-Covid-Sprechstunde am Unispital Genf

    Mayssam Nehme berichtet von den Erfahrungen mit der Post-Covid-Sprechstunde des vom Universitätsspitals Genf. Seit März 2020 biete man diese an und begleite unter dem Stichwort Covid-Care Personen, die an Covid erkrankt seien. Schnell habe sich gezeigt, dass einige Erkrankte auch Monate nach der Erkrankung Symptome hatten. Einige Long-Covid-Patienten könnten nicht mehr richtig aufrecht stehen, erklärte Nehme. Sie würden unter starken Schmerzen leiden.

    Mayssam Nehme, Klinikleiterin Abteilung für Innere und Allgemeine Medizin am Universitätsspital Genf.
    Mayssam Nehme, Klinikleiterin Abteilung für Innere und Allgemeine Medizin am Universitätsspital Genf.
    Screenhsot
  • 14.27 Uhr

    Angebote zur Hilfe bei einer Erkrankung

    In der Schweiz gäbe es für Betroffene, Angehörige und Fachpersonen Angebote zur Hilfe bei einer Erkrankung mit Long Covid. Wichtig sei, dass man allen eine Unterstützung bietet, die sie brauchen. Man müsse eine Unterversorgung genauso verhindern wie eine Überversorgung, es müssten nicht alle Erkrankten gleich zum Spezialisten rennen. Zu den Therapien gäbe es aber fast keine Studien, darum versuche man von den Erfahrungen der Betroffenen zu profitieren.

  • 14.24 Uhr

    Long Covid wirkt sich nicht nur im Gesundheitswesen aus

    Zur Häufigkeit von Long Covid gäbe es sehr unterschiedliche Ergebnisse aus den Studien, führt Puhan aus. Es zeige sich, dass etwa 20 Prozent der Erwachsenen und 3 Prozent der Kinder Symptome haben nach einer Erkrankung, wobei die Verläufe teils sehr mild seien. Nach schweren Verläufen seien diese deutlich häufiger. 

    Die Auswirkungen der Post-Covid-Erkrankung zeige sich nicht nur im Gesundheitswesen. Viele der Beschwerden manifestieren sich dann im Bereich der Arbeit oder der Schule. Viele Betroffene seien über längere Zeit nicht voll arbeitsfähig oder könnten nicht zur Schule gehen.

  • 14.19 Uhr

    Neue Forschung zu Post-Covid-Erkrankung

    Milo Puhan von der Universität Zürich stellt neue Forschungsergebnisse zu den Langzeitfolgen einer Covid-Erkrankung vor. Die WHO hat hier Definitionen einer «Post-Covid-19-Erkrankungen» vorgenommen. Diese tritt drei Monate nach einer Erkrankung mit Beschwerden, die anders nicht erklärt werden können. Die Symptome können unterschiedlich sein, wie eine Befragung bei 4000 Erkrankten ergab. Einige Beschwerden wie Erschöpfung oder «brain fog» hielten dabei hartnäckig an, während etwa Kurzatmigkeit schneller zurückgehe.

    Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich spricht auf dem Point de Presse.
    Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich spricht auf dem Point de Presse.
    Screenshot
  • 14.12 Uhr

    Impfen weiter stärken

    Der oberste Kantonsarzt Rudolf Hauri spricht nun über die Bemühungen der Kantone, die Impfrate zu steigern. Wenn sich die Lage weiter verschlechtere, sei es möglich, dass statt einem Abbau von Massnahmen diese wieder verschärft werden müssten.

    Man müsse das Impfen als wichtigsten Pfeiler der Pandemie-Bekämpfung weiter stärken, so Hauri. «Es kursieren viele Falschinformationen», sagt Hauri, die man unbedingt richtigstellen müsse. Er zählt einige davon auf.

    Die breite Verabreichung von Zusatzimpfungen sei möglich, wenn die Zulassung von Swissmedic und eine Empfehlung der Impfkommission da seien.

    Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug und Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte VKS, spricht an einem Point de Presse zu Covid-19. (Archiv)
    Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug und Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte VKS, spricht an einem Point de Presse zu Covid-19. (Archiv)
    Bild: Keystone
  • 14.09 Uhr

    Ungünstige Lage

    71 Prozent der impfbaren Bevölkerung habe einen vollständigen Schutz, die Impfgeschwindigkeit sei ähnlich wie in den letzten Wochen. 

    «Nach wie vor sehen wir einen Trend hin zu einer Verschlechterung des epidemischen Geschehens», fasst Mathys zusammen. Das kälter werdende Wetter und der Schulbeginn dürften das weiter fördern.

    Die Impfgeschwindigkeit könne dem wenig entgegensetzen, man müsse mehr impfen. «Die Situation bleibt weiter angespannt, die epidemiologische Lage ist als ungünstig einzustufen», schliesst Mathys.

  • 14.07 Uhr

    Weniger Tests

    Die Anzahl Tests habe in den letzten Tagen stark abgenommen, die Positivitätsrate dagegen zugenommen. Die Tageswerte seien deutlich in die Höhe geschossen, so Mathys. Mittlerweile seien über 10 Prozent der PCR-Tests und 2 Prozent der Antigen-Tests positiv.

    Der R-Wert nähert sich wieder 1 an, in einigen Kantonen liegt er schon darüber. Der Trend gehe zu einer Plafonierung, wahrscheinlich zu einer erneuten Zunahme der Fälle.

  • 14.05 Uhr

    Auslastung der Intensivstationen bleibt hoch

    Bei den Hospitalisierungen habe die Abnahmegeschwindigkeit ebenfalls nachgelassen, auch hier dürfte sich eine Tendenz zur Plafonierung der Zahlen zeigen, so Mathys. Die Gesamtauslastung der Intensivplätze verändere sich nicht, auch nicht die Zahl der Covid-Patient*innen – das sind rund 120 Personen oder 14 Prozent der IPS-Plätze. Das Medianalter der Covid-Patient*innen auf der IPS liegt bei 57 Jahren. Eine Entlastung sei nicht zu erwarten, die Fälle dürften auf dem gleichen Niveau bleiben.

  • 14.03 Uhr

    Mathys sieht dunkle Wolken am Horizont

    Patrick Mathys macht wie üblich eine Einführung zur aktuellen Lage. «Einige dunkle Wolken ziehen am Horizont auf», sagt er. In einigen Kantonen nehmen die Fälle wieder zu – in den grossen Kantonen Bern und Zürich nehmen sie noch ab, andernfalls wäre der Trend auch national wieder am Steigen. In den Kantonen mit tiefen Durchimpfungsraten in der Zentral- und Ostschweiz sind die Inzidenzen am höchsten.

Das Impftempo hat in den letzten Tagen zugenommen – aber nur leicht. Gleichzeitig steigt der Druck, bald eine Booster-Impfung zu ermöglichen. Wie sehen die Experten von Bund, Kantonen, Medizin und Wissenschaft die aktuelle Corona-Lage?

Stammgast an den wöchentlichen Medienkonferenzen: Patrick Mathys vom BAG. (Archiv)
Stammgast an den wöchentlichen Medienkonferenzen: Patrick Mathys vom BAG. (Archiv)
Keystone

Neben Patrick Mathys vom BAG und dem obersten Kantonsarzt Rudolf Hauri nehmen Mayssam Nehme vom Unispital Genf und Epidemiologe Milo Puhan teil.

An der Medienkonferenz nehmen teil:

  • Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, Bundesamt für Gesundheit (BAG)
  •  Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte (VKS)
  • Mayssam Nehme, Klinikleiterin Abteilung für Innere und Allgemeine Medizin, Universitätsspital Genf
  • Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention, Universität Zürich