Offertenfrist abgelaufen So geht es bei den Kampfjets weiter

Von Julia Käser

19.11.2020

Welchen Kampfjet braucht die Schweiz?

Welchen Kampfjet braucht die Schweiz?

16.04.2019

Mit einem hauchdünnen Sieg an der Urne wurde der 6-Milliarden-Kredit für die Beschaffung neuer Kampfjets verabschiedet. Gestern sind die zweiten Offerten eingetroffen. Welchen Flieger-Typ die Schweiz beschafft, ist nach wie vor unklar. Der neueste Stand im Überblick.

Es war eine der knappsten Abstimmungen überhaupt: 50,15 Prozent des Stimmvolks sagten Ende September Ja zum Kauf neuer Kampfjets. Zu reden geben werden die Flieger aber weiterhin. Denn: Nach wie vor ist unklar, welches Flugzeug-Modell mit dem 6-Milliarden-Kredit angeschafft wird. 

Welche Kampfjets beschafft die Schweiz? 

Nachdem der Gripen aus Schweden aus dem Rennen ausgeschieden ist, stehen noch vier Kampfjets von jeweils unterschiedlichen Anbietern zur Debatte: der F-35 von Lockheed Martin, der F/A-18 Super Hornet von Boeing, der Rafale von Daussalt und der Eurofighter von Airbus.



Wie viele Flugzeuge beschafft werden, ist ebenfalls unklar. Expertinnen und Experten des VBS schätzen den durchschnittlichen Preis pro Flieger mitsamt Bewaffnung, Logistik, Systemen, Upgrades und weiteren Kosten auf 200 Millionen Franken. Nach dieser Rechnung könnte die Schweiz 30 neue Kampfjets beschaffen. Das hängt aber auch vom Flieger-Typ ab. In Offerten von Lockheed Martin und Boeing ist die Rede von jeweils 36 bewaffneten und vier leeren Jets. 

Wieso verzögert sich der Auswahlprozess?

Nach dem Eintreffen der ersten Offerte wurden die verschiedenen Kampfjet-Modelle im vergangenen Jahr unter anderem in Payerne VD getestet. Daran anschliessend hat Armasuisse eine neue Offertenanfrage bei den Regierungsstellen der Herstellerfirmen deponiert. Am Mittwoch nun sind die zweiten Offerten der vier Hersteller eingetroffen. Die Frist wurde wegen der Coronakrise nach hinten verschoben – eigentlich wäre sie im August, also noch vor der Abstimmung, verstrichen.

Während die Gegnerinnen und Gegner dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) vorwarfen, Intransparenz zu fördern, begründet die Behörde die Verschiebung mit den Coronamassnahmen. Mit dem neuen Termin reagiere man auf den Umstand, dass auch die Herstellerfirmen von Reisebeschränkungen oder Homeoffice betroffen und physische Gespräche unmöglich seien. 

Gibt es seit der Abstimmung neue Erkenntnisse zum Kauf? 

Anfang Oktober hat die US-Regierung der Schweiz eine präventive Genehmigung für den Kauf der Tarnkappenjets F-35 von Lockheed Martin und der Super-Hornets F/A-18 von Boeing erteilt. Dabei wurden laut einer Mitteilung des Ausseministeriums jedoch auch die Kampfjet-Offerten präzisiert

Demnach ist der F-35 deutlich kostengünstiger als der ältere F/A-18 Super Hornet. Letzterer würde das Budget der Schweiz bei Weitem sprengen: Laut Medienberichten sollen 36 vollständig ausgerüstete Super-Hornets und dazu vier leere Jets rund 7,45 Milliarden US-Dollar kosten. 36 ausgerüstete Tarnkappen-Jets F-35 plus vier leere Flugzeuge würden hingegen 6,58 Milliarden Dollar kosten. Das läge dank des tiefen Dollarkurses im Budget der Schweiz. 

Vor allem die US-Jets stehen vermehrt in der Kritik – warum?

Im Abstimmungskampf wurde moniert, dass sich die Schweiz beim Kauf neuer Jets von den Herstellerländern abhängig machen würde – allen voran von den USA. Gegenüber «blue News» bestätigte ein VBS-Sprecher: «Eine vollständige Unabhängigkeit vom Hersteller bzw. vom Herstellerland ist nicht möglich.» Der Grund: Damit die Schweiz die Flieger auf Dauer selbstständig betreiben kann, müsste viel Wissen aufgebaut werden. Zudem bräuchte es allerlei Ersatzteile. Beides wäre laut VBS viel zu teuer und wirtschaftlich ineffizient. 

Man wolle jedoch so unabhängig wie möglich bleiben, gab Verteidigungsministerin Amherd vor der Abstimmung an. Von einer «Fernsteuerung» aus den USA, wie von Gegner*innen befürchtet wird, wollte die Bundesrätin nichts wissen. Diese sei ausgeschlossen.



Nach welchen Kriterien wird über den Kauf entschieden? 

Ein Evaluationsbericht soll Anfang des nächsten Jahres aufzeigen, welcher der Flugzeug-Typen am geeignetsten ist. Laut VBS erfolgt die Auswahl aufgrund von Kosten-Nutzen-Erwägungen. Dabei werden die zweite Offerte sowie die Testergebnisse vom vergangenen Jahr berücksichtigt. 

Konkret wird der Gesamtnutzen der Jets den Beschaffungs- und Betriebskosten für 30 Jahre gegenübergestellt. Auch eine Risikoanalyse soll in den Evaluationsbericht fliessen. 

Wie geht es bei der Beschaffung nun weiter? 

Der endgültige Typen-Entscheid liegt beim Bundesrat. Dieser will im zweiten Quartal 2021 beschliessen, welche Flugzeuge die F/A-18 ablösen sollen, die nur noch bis maximal 2030 einsatzfähig sind. Die neuen Flieger sollen dann ab 2025 schrittweise geliefert werden. 

Damit ist der Deal aber noch nicht in trockenen Tüchern. Die Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) teilte im Anschluss an die Volksabstimmung mit, dass sie die Lancierung einer Volksinitiative gegen den konkreten Kauf neuer Kampfjets prüfe. Begründet hat die GSoA dies damit, dass fast die Hälfte des Stimmvolks – genauer 49,85 Prozent – den 6-Milliarden-Kredit abgelehnt hat. Die Skepsis gegenüber der Rüstungsbeschaffung sei in der Bevölkerung weit verbreitet. 

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