«Neutral heisst nicht egal» Schweizer Botschafter erklärt den Deutschen seine Heimat

aru

14.3.2023

Der Schweizer Botschafter in Berlin, Paul René Seger, versucht, in einem «Spiegel»-Gastbeitrag das Bild der Schweiz beim nördlichen Nachbarn zu korrigieren.
Der Schweizer Botschafter in Berlin, Paul René Seger, versucht, in einem «Spiegel»-Gastbeitrag das Bild der Schweiz beim nördlichen Nachbarn zu korrigieren.
Bild: Keystone

Weil er den «Spiegel»-Kommentar als ungerecht empfindet, schreibt der Schweizer Botschafter in Berlin einen Gastbeitrag in der Zeitung. Darin räumt er mit alten Klischees auf.

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Die Schweiz sei ein Oligarchen-Paradies, schrieb ein «Spiegel»-Kolumnist im Februar, nun veröffentlicht die Zeitung eine Replik. Und zwar von keinem Geringeren als dem Schweizer Botschafter in Berlin.

In einem Gastbeitrag erklärte Paul René Seger den Deutschen, wie die Schweiz funktioniert. So bedeute neutral nicht egal. «Das Klischee einer neutralen Schweiz, welche sich aus allem heraushält und zu allem schweigt, entspricht genauso wenig der Realität wie die Mär um heute noch bestehende Nummernkonten und das schweizerische Bankgeheimnis», schreibt er.

So habe die Schweiz humanitäre Hilfe geleistet und in Lugano eine Konferenz mit 58 Teilnehmerstaaten organisiert, bei der der Wiederaufbau der Ukraine besprochen wurde. Zudem habe die Schweiz 75'000 Menschen aufgenommen, womit sie im ersten Drittel der Staaten Europas rangiere.

«Von Halbherzigkeit kann keine Rede sein»

In der «Spiegel»-Kolumne wurde der Schweiz auch vorgeworfen, die Sanktionen gegen Russland nur halbherzig mitzutragen. Auch hier verweist der Botschafter darauf, dass die ersten EU-Sanktionen innert vier Tagen von der Schweiz übernommen worden seien. Und alle weiteren auch. «Von Halbherzigkeit kann keine Rede sein.»

Wiederausfuhr-Verbot ist bindend

Auch bietet die Schweiz den Oligarchen offenbar keine Hand, wenn es ums Finanzielle geht. Denn die Höhe der eingefrorenen Oligarchen-Gelder in der Schweiz sei im internationalen Vergleich durchaus respektabel, so Seger. «Die Schweiz allein hat 7,5 Milliarden Schweizer Franken eingefroren. Zur Erinnerung: In der gesamten EU wurden Vermögenswerte in der Höhe von 21,5 Milliarden Euro eingefroren.»

Und bezüglich der Munition und Panzer, die nicht weitergegeben werden dürfen? «Das aktuelle Verbot der Wiederausfuhr in Kriegsgebiete beruht auf einer formell-gesetzlichen Grundlage, welche meine Regierung bindet.» Eine Diskussion im Parlament sei derzeit im Gange.

Kein Land der Welt sei perfekt, betont der Botschafter. «Aber Generalverdachte und Anschuldigungen, die auf längst überholten Tatsachen beruhen, werden weder meinem Land noch der Komplexität der internationalen Politik gerecht», schreibt er abschliessend.