Schleichende Bedrohung Schleimige Plattwürmer breiten sich in der Schweiz aus

jke

20.8.2024

Ein erwachsenes Exemplar des südamerikanischen Plattwurms Obama nungara. Der frisch abgelegte Kokon hat einen Durchmesser von 4,8 Millimetern und ist rötlich gefärbt.
Ein erwachsenes Exemplar des südamerikanischen Plattwurms Obama nungara. Der frisch abgelegte Kokon hat einen Durchmesser von 4,8 Millimetern und ist rötlich gefärbt.
Bild: Pierre Gros/Wikimedia

Die invasive Plattwurmart breitet sich zunehmend in der Schweiz aus und stellt eine ernste Gefahr für heimische Arten dar. Ohne natürliche Feinde vermehren sich die schleimigen Eindringlinge aus Übersee rasant.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Drei invasive Plattwurmarten aus Übersee bedrohen das Gleichgewicht der einheimischen Ökosysteme, indem sie Regenwürmer und andere wichtige Arten dezimieren.
  • Die Plattwurmarten «Caenoplana variegata», «Obama nungara» sowie «Diversibipalium multilineatum» gelangen hauptsächlich durch importierte Topfpflanzen und Erde nach Europa.
  • Plattwürmer sollten sofort bei der kantonalen Neobiota-Fachstelle gemeldet, eingefroren oder getötet werden – zerschneiden verstärkt nur ihre Ausbreitung.

Mit ihrem glatten Körper und schleimigen Erscheinungsbild erwecken Plattwürmer wenig Sympathie. Ihr Spitzname «Killer-Wurm» trägt nicht gerade zur Beliebtheit dieser glitschigen Kreaturen bei.

Diese Würmer gehören zu den invasiven, gebietsfremden Arten, auch Neozoen genannt.

Gefährliche Vertreter dieser Gattung wurden bereits in den Kantonen Thurgau, Basel-Stadt und jüngst auch in Olten entdeckt, wie «20 Minuten» berichtete.

Expert*innen schlagen Alarm und rufen die Bevölkerung auf, bei der Bekämpfung mitzuhelfen.

Plattwürmer fressen einheimische Arten

Europa selbst beheimatet 28 Plattwurmarten. Doch die eigentliche Bedrohung stellen drei invasive Arten aus Australien und Neuseeland («Caenoplana variegata»), Südamerika («Obama nungara») sowie Japan («Diversibipalium multilineatum») dar.

Die fleischfressenden Würmer haben fast keine natürlichen Feinde, ernähren sich bevorzugt von Regenwürmern, Schnecken und Gliederfüssern und «verflüssigen ihre Beute mit einem Enzymbrei», wie die NZZ berichtet.

Und: Da sich die drei Plattwürmer nahezu ungehindert vermehren können, reduzieren sie sowohl die Population als auch die Nahrungsquellen der heimischen Arten erheblich. Diese sind aber essenziell für das Ökosystem und die Bodenqualität.

Invasiver terrestrischer Plattwurm aus Neuseeland: Caenoplana variegata.
Invasiver terrestrischer Plattwurm aus Neuseeland: Caenoplana variegata.
Bild: maroondahcitycouncil/Flickr

Während die drei invasiven Plattwurmarten sich fast unkontrolliert vermehren, dezimieren sie die Populationen der einheimischen Arten und entziehen ihnen die Nahrung.

Die kantonalen Behörden arbeiten intensiv daran, eine unkontrollierte Vermehrung dieser invasiven Arten zu verhindern und ihre Ausbreitung in die Wälder zu stoppen.

Fünf Millimeter grosse Eier

Plattwürmer reisen hauptsächlich durch importierte Topfpflanzen, Gartenpflanzen und abgepackte Erde. Die robusten Würmer können auch überwintern: In der Erde versteckt, überstehen sie den Winter problemlos.

Tagsüber suchen sie dunkle, feuchte Verstecke auf, wie unter Blumentöpfen, Matten oder Folien. Oft fallen ihre eigenartigen, etwa fünf Millimeter grossen Eier auf. Frisch gelegt sind diese rötlich, verfärben sich jedoch nach ein paar Stunden schwarz.

Auch der japanische Plattwurm (Diversibipalium multilineatum) breitet sich in der Schweiz aus.
Auch der japanische Plattwurm (Diversibipalium multilineatum) breitet sich in der Schweiz aus.
Bild: Wikimedia

Ausgewachsene Plattwürmer sind an ihrem glatten, flachen Körper zu erkennen, im Gegensatz zu Regenwürmern, die Rillen aufweisen.

Wurm als Probe einfrieren, aber nicht zerschneiden

Verdachtsfälle sollten sofort bei der zuständigen kantonalen Neobiota-Fachstelle gemeldet werden, unter Angabe von Kauf- und Standortinformationen, heisst es in einem Merkblatt des Kantons Zürich. Neobiota bezeichnet Arten, die sich mit menschlicher Einflussnahme in einem Gebiet etabliert haben, in dem sie zuvor nicht heimisch waren.

Mindestens ein Wurm sollte als Probe eingefroren werden, während die restlichen Würmer und Eier eingesammelt und getötet werden sollten.

Die Eier kann man zerdrücken und die Würmer in ein Seifenwasserbad geben. Wichtig: Die Würmer auf keinen Fall zerschneiden, da dies zu ihrer Vermehrung führt. Sie können sich regenerieren und als zwei separate Teile weiterleben.

Um vorzubeugen, sollten Pflanzen vor dem Kauf gründlich auf Plattwürmer untersucht werden. Auch die Unterseiten von Töpfen, Innenseiten und der Wurzelbereich sollten regelmässig kontrolliert werden.

In der Schweiz und den umliegenden Ländern sind derzeit etwa 50 invasive Neozoen bekannt, von insgesamt über 1000 gebietsfremden Arten. Neozoen sind Tierarten, die in einem Gebiet ursprünglich nicht heimisch waren und unter direkter oder indirekter Mithilfe des Menschen in dieses Gebiet gelangt sind und dort nun wild leben.

Dazu zählen in der Schweiz unter anderem die Asiatische Hornisse, die Asiatische Tigermücke, die Quagga-Muschel und der Laubholzbockkäfer.

Im Vergleich zu anderen invasiven, gebietsfremden Arten konnten die Plattwürmer bislang relativ gut unter Kontrolle gehalten werden.


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