Intensivbetten Personal fehlt – und eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht

tafi

19.11.2020

Betreuung eines Covid-Patienten auf einer Intensivstation in Neuenburg.
Betreuung eines Covid-Patienten auf einer Intensivstation in Neuenburg.
Bild: Keystone/Laurent Gillieron

Zertifizierte Intensivbetten sind in der Schweiz knapp. Zwar gibt es Reservebetten, aber nicht ausreichend Personal. Das kann zu Einbussen in der Behandlungsqualität führen, sagt eine Expertin.

Die Intensivbetten in der Schweiz sind knapp. Bereits am Dienstag sagte Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD), dass die etwa 900 zertifizierten Intensivbetten praktisch alle ausgelastet sind. Auch die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin verkündete in einer Medienmitteilung (PDF-Download) die «vollständige Auslastung zertifizierter und anerkannter Intensivbettenkapazitäten».

Allerdings wies Stettbacher auch darauf hin, dass noch 242 Reservebetten frei seien. «Diese Reservebetten können ausgeschöpft werden – und diese Reserve kann auch noch einmal auf 1'400 Betten ausgebaut werden.» Ganz so einfach ist das allerdings nicht, wie Antje Heise, Präsidentin der Ärzteschaft der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin, nun erklärt.



«Der Ausbau der Infrastruktur allein ist nicht die Lösung und kann es auch nicht sein. Denn Infrastruktur ohne Personal hilft nicht», warnt sie in einem Interview mit SRF. Nicht zertifizierte Betten müssten meist ad hoc geschaffen werden, und zwar dann, wenn «sehr viele Patienten in kurzer Zeit eine Intensivbehandlung brauchen». Zwar reiche die Infrastruktur häufig aus, «nicht aber das Fachpersonal».

Notlage vor allem beim Personal

Die Spitäler seien dadurch gezwungen, auf fachfremdes Personal zurückzugreifen: Dabei müsse man, so Heise, «unter Umständen mit gewissen Einbussen in der Behandlungsqualität rechnen». Natürlich sei es das oberste Ziel, dass die Behandlung in ad hoc geschaffenen Intensivbetten möglichst nicht schlechter ist, als in regulären, nach Kriterien bezüglich Ausstattung, Personalbesetzung sowie Aus- und Weiterbildung zertifizierten Intensivstationen.

Die zusätzlich geschaffenen Betten würden «weiterhin unter Führung von ausgebildeten Intensivmedizinern und -pflegenden» stehen , die von fachfremdem Personal nur unterstützt werden. Das solle, so Heise, «die höchstmögliche Behandlungsqualität gewährleisten». Allerdings bestehe im Gesundheitswesen «schon seit Jahren ein Personalengpass nicht nur in Spitälern (...). Fachpersonal zu finden, ist grundsätzlich schwierig», erklärt Heise, die als ärztliche Leiterin der interdisziplinären Intensivstation am Spital Thun wohl selbst vom Fachkräftemangel betroffen sein dürfte.



Die allermeisten Spitäler würden in der aktuellen Notlage daher auf eigenes Personal zurückgreifen, «das frei wird, wenn etwa nicht dringliche Operationen verschoben werden». Der Zivilschutz, der nach einem Bundesratsbeschluss vom Mittwoch wieder zum Einsatz kommt, kann hier zwar helfen, aber eben nicht in fachspezifischen Belangen.

Sinkende Fallzahlen machen Hoffnung

Eine schnelle Lösung für das akute Problem mit den Intensivplätzen könne es laut Heise gar nicht geben. Immerhin funktioniere die Versorgung der Intensivpatienten im Moment trotzdem sehr gut, dies «dank der grossen Solidarität zwischen Spitälern und Intensivstationen». Sorge dafür trage etwa die neu geschaffene nationale Koordinationsstelle, die freie Plätze zwischen den Spitälern vermittelt.

Patienten aus stark ausgelasteten Regionen werden zunehmend in andere Regionen verlegt, hatte Stettbacher am Dienstag bestätigt. Rund 60 Prozent der Patienten auf den Intensivstationen seien Covid-19-Patienten, die Überweisungen auf die Intensivstationen seien weiterhin steigend. Mit den sinkenden Fallzahlen, so seine Hoffnung, würde in rund zwei Wochen allerdings auch die Zahl der Spitaleintritte sinken.

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