«Besteht Handlungsbedarf» Nationalrat führt aktuelle Debatte zur Gleichstellung

SDA/aka

4.6.2020

Wütende Frauen am Frauenstreik vor einem Jahr in Genf.
Wütende Frauen am Frauenstreik vor einem Jahr in Genf.
Bild: Keystone

Sie ist zwar in der Verfassung verankert, doch um die Gleichstellung steht's nicht gut in der Schweiz. Der Nationalrat hat deshalb zu diesem Thema eine aktuelle Debatte einberufen. 

Gestern die Nachricht, dass die Beratung der Ehe für alle verschoben wird, heute ein weiteres Thema zur Gleichstellung: Gerade die Corona-Krise habe deutlich gezeigt, «dass bei der Gleichstellung und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf enormer Handlungsbedarf besteht», wie die Fraktion der Grünliberalen schreibt.



Das Nationalratsbüro hat die Dringlichkeit von drei Interpellationen der SP-, Grünen- sowie GLP-Fraktion bejaht. Der Nationalrat wird in der dritten Woche der laufenden Sommersession eine aktuelle Debatte zum Thema «Gleichstellung der Geschlechter und Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben» führen. Das teilten die Parlamentsdienste über Twitter mit.

Diskutiert wird am Donnerstag, 18. Juni, auch ein Postulat von Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (FDP/VD) zum Thema. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat in der Corona-Krise und der damit verbundenen Schliessung von Schulen an Brisanz gewonnen.

Verschiedene Vorschläge auf dem Tisch

Laut den Grünliberalen habe der Ausfall von Kindertagesstätten und Grosseltern während der Coronakrise zu massiv höheren Betreuungsaufgaben geführt. Es fehle ganz offensichtlich an Infrastrukturen, die das auffangen könnten.



Der Bundesrat soll aus Sicht der GLP einen Ausbau und bessere Finanzierung der Organisationen der familienexternen Kinderbetreuung ins Auge fassen. Zudem sei eine Verbesserung der Arbeitsanreize für Zweiteinkommen angezeigt.

Hilfe für Hausangestellte

Die Grünen stellen verschiedene weitere Massnahmen zur Diskussion, darunter eine «professionelle, staatlich unterstützte Betreuungsoffensive», die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den systemrelevanten Berufen, die Umsetzung und Durchsetzung der Lohngleichheit und eine «umfassende Prävention vor Gewalt gegen Frauen», wie es in ihrem Vorstoss heisst. Auch über eine spezifische Unterstützung für Flüchtlinge müsse nachgedacht werden.

Die SP-Fraktion fokussiert auf Hausangestellte, die von der Corona-Krise besonders getroffen worden seien. Sie bringt etwa einen Expertenausschuss mit mehreren Interessengruppen aufs Tapet, «um praktikable Lösungen zur Verbesserung der Situation zu finden». Daneben seien strukturelle Lösungen zu prüfen, beispielsweise in Bezug auf Ausbildung, Kontrolle der Löhne und Arbeitsbedingungen.

Bundesrat verneint Handlungsbedarf

Nationalratspräsidentin Moret fordert den Bundesrat mit einem Vorstoss auf, dem Parlament einen Überblick zu geben über die Bedürfnisse und das Angebot hinsichtlich Beratung zur Erleichterung der beruflichen Wiedereingliederung von Frauen. Im Fokus stehen sollen die elf Beratungsstellen, die früher vom Bund mitfinanziert wurden.

Der Bundesrat lehnt das Postulat ab, wie er in seiner schriftlichen Antwort von vergangenem September schrieb. Mittlerweile hätten sechs Beratungsstellen andere Finanzierungsquellen gefunden. Drei Beratungsstellen hätten den Betrieb eingestellt. Bei zwei Stellen sei die Situation noch nicht vollständig geklärt. Analysen zeigten zudem, dass es auf kantonaler Ebene viele Unterstützungsangebote gebe.

Vier Millionen für bedrohtes Gosteli-Archiv

Weiter hat der Nationalrat heute Donnerstag entschieden, dass der Bund das wegen Geldmangels von der Schliessung bedrohte Gosteli-Achiv in Bern in den nächsten vier Jahren mit insgesamt 4 Millionen Franken unterstützen soll. Das verlangt die grosse Kammer mit einer Motion.

Verfasst hat den Vorstoss die Bildungskommission (WBK) der grossen Kammer. Der Nationalrat unterstützte ihn am Donnerstag mit 100 zu 50 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Die Nein-Stimmen kamen vorwiegend aus der Fraktion der SVP, aber auch aus der FDP- und der Mitte-Fraktion.

Seit 1982 archiviert die Gosteli-Stiftung bedeutende Quellen zur Frauengeschichte: Sie sammelt Archivalien von Frauenorganisationen, Frauenverbänden und einzelnen Frauen, die die Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur, Gesellschaft und Familie in der Schweiz wesentlich geprägt haben. Bis heute umfasst das Archiv über 400 Bestände.

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