PandemieNationalrat führt Debatte zu ausgelastetem Pflegepersonal
jc, sda
29.9.2021 - 05:30
Der Nationalrat nimmt sich am heutigen Mittwochmorgen Zeit, um in Anwesenheit von Gesundheitsminister Alain Berset über die Situation des Pflegepersonals zu diskutieren. Der Bundesrat liess bereits am Montag seine Position dazu verlauten.
29.09.2021, 05:30
29.09.2021, 08:59
SDA
Die Corona-Pandemie hat deutlich ein Problem aufgezeigt und verschärft, das es schon lange vor der Krise gab: den Personalmangel in den Pflegeberufen. SP, Grüne und GLP haben im Nationalrat nun eine dringliche Debatte zum Thema verlangt, in welcher die wichtigsten Fragen geklärt werden sollen. Am Montag antwortete der Bundesrat auf die eingereichten Fragen.
Die Fraktionen schreiben in den Interpellationen, dass der «seit Jahrzehnten» herrschende Fachpersonalmangel auf demografische Gründe zurückzuführen sei – aber auch darauf, dass die Schweiz zu wenig eigenes Pflegefachpersonal ausbilde und der Beruf kaum mit einer Familie vereinbart werden könne.
Verschärft werde das Problem dadurch, dass viele den Beruf nach wenigen Jahren wieder verliessen. Laut der GLP steigt fast die Hälfte der Ausgebildeten innerhalb der ersten fünf Berufsjahre wieder um oder aus. Rund zehntausend Stellen seien schon heute nicht besetzt. Und bis im Jahr 2030 benötige die Schweiz bis zu 70'000 zusätzliche Pflegekräfte.
Abstimmung über Pflegeinitiative und Gegenvorschlag
Entsprechend will etwa die SP vom Bundesrat wissen, mit welchen Instrumenten er diesen Bedarf an Pflegepersonal in den nächsten zehn Jahren zu decken gedenkt. In ihrer am Montag veröffentlichten Antwort schrieb die Regierung, dass der vom Parlament gutgeheissene indirekte Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative eine Ausbildungsoffensive vorsehe. Über die Initiative «Für eine starke Pflege» und den Gegenvorschlag von Parlament und Regierung stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung am 28. November ab.
Bund und Kantone hätten zudem bereits Massnahmen umgesetzt, die in den vergangenen Jahren zur Erhöhung der Abschlüsse geführt hätten – dies sowohl in der beruflichen Grundbildung als auch in der Intensivkrankenpflege. Zudem werde im zweiten Halbjahr 2022 aufgrund einer Auslegeordnung entschieden, welche weiteren Schritte notwendig seien.
Auch die Betreuungskapazitäten auf Intensivpflegestationen bereiten den Fraktionen Sorgen. Der Bundesrat schreibt, dass diese in der Corona-Pandemie der «neuralgische Punkt» seien. Allerdings könnten die Kapazitäten nicht rasch und in grossem Umfang zusätzlich bereitgestellt werden. Das hoch spezialisierte Pflegepersonal fehle – und eine Zusatzausbildung dauere zwei Jahre. Auch im Ausland könne nicht einfach zusätzliches Fachpersonal rekrutiert werden, da dieses auf dem europäischen Arbeitsmarkt ebenfalls fehle.
Bund bei Vereinbarkeit nicht in der Pflicht
Die Fraktionen verlangen auch eine Verbesserung der Arbeitssituation. Die sogenannte Personaldotation sei massgebend für die Qualität und Sicherheit der Patientinnen und Patienten, aber auch dafür, dass das Personal im Beruf bleibe, schreiben etwa die Grünen. Eine diplomierte Pflegefachperson dürfe – abhängig von ihrem Einsatzbereich – nur für eine maximale Anzahl von Patienten zuständig sein.
Der Bundesrat sagt dazu, dass es das Parlament bei den Beratungen des indirekten Gegenvorschlags zur Pflegeinitiative abgelehnt habe, die Personaldotation bundesrechtlich zu regeln. Der Bundesrat werde aber in einem Bericht Elemente darlegen, die für eine situationsbezogene Personaldotation berücksichtigt werden sollten. Der Bericht soll im Laufe des Jahres 2022 verabschiedet werden.
Entscheidend sei auch, dass etwa die Zeit- und Dienstplanung verlässlich sei, schreiben die Grünen. Das mache den Beruf leichter vereinbar mit der Familienbetreuung. Hier sieht sich der Bundesrat aber nicht in der Pflicht. Stattdessen seien die Institutionen der Gesundheitsversorgung, die Kantone und die Sozialpartner aufgerufen, gemeinsam Lösungen zu finden.
Medizinische Infrastruktur anpassen
Die GLP wollte vom Bundesrat zudem wissen, ob er die drohende Überlastung der medizinischen Versorgung im Zusammenhang der Covid-19-Pandemie insbesondere auf den Fachkräftemangel zurückführe.
Die angespannte Personalsituation sei sicherlich ein Faktor gewesen, schreibt der Bundesrat. Insbesondere am Anfang der Krise sei es aber auch die medizinische Infrastruktur gewesen, welche auf eine Pandemie dieses Ausmasses habe ausgerichtet werden müssen. Bund und Kantone würden evaluieren, wie man sich in Zukunft besser auf ausserordentliche Situationen wie diese vorbereiten könne.
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