Filialen geschlossen Möbelhäuser rüsten sich für den Umzugs-Ansturm

Von Jennifer Furer

21.3.2020

Kisten packen, Wohnung putzen, Möbel schleppen: Wer in nächster Zeit umzieht, muss auf einen Möbeleinkauf in der Filiale verzichten.
Kisten packen, Wohnung putzen, Möbel schleppen: Wer in nächster Zeit umzieht, muss auf einen Möbeleinkauf in der Filiale verzichten.
Keystone

Möbelhäuser haben geschlossen, doch die Umzugszeit rückt immer näher. Eine grosse Herausforderung steht den hiesigen Händlern bevor. Ein Geschäftsführer greift deshalb zu einer ungewöhnlichen Massnahme.

Der Tag, an dem viele Leute im Umzugsstress versinken, rückt näher: Ende März und Anfang April herrscht normalerweise in jedem Möbelgeschäft Dichtestress. Dieses Jahr sieht – wie so vieles – anders aus. Das Coronavirus zwingt Möbelhändler, ihre Tore zu schliessen.

Sofas ausprobieren, Betten Probeliegen und Stühle auf ihre Robustheit testen, das ist dieses Jahr bis mindestens Mitte April nicht möglich. Kundinnen und Kunden müssen auf den Online-Shop der bevorzugten Warenhäuser umschwenken – und sich vollumfänglich auf die Beschreibung und das angegebene Mass stützen.

Bereits jetzt rüsten sich die Möbelhäuser für einen möglichen Ansturm. Denn die Online-Nachfrage nach Möbel, Dekorationsartikel und Umzugskisten sei bereits jetzt gestiegen, sagt Alfredo Schilirò, Sprecher bei Möbel Hubacher und Möbel Pfister.

Lieferung nur auf Wunsch

«Wir werden bei Bedarf die Kapazitäten erhöhen, damit die Bestellungen wie üblich abgewickelt werden können», so Schilirò. Wenn Kundinnen und Kunden Hilfe benötigten, stehe ihnen ein Live-Online-Chat mit Wohnberatern zur Verfügung.

Die Warenausgabe bei einer Selbstabholung und die Auslieferung bestellter Produkte sei bis jetzt sichergestellt, sagt Schilirò. «Der Versand durch die Post und Liefer- beziehungsweise Speditionsdienste ist von den behördlichen Massnahmen – ausser in gewissen Kantonen – vorerst nicht betroffen.»

Die Lieferung und Montage würden aber nur auf expliziten Wunsch der Kundinnen und Kunden erfolgen. «Wir haben bei unseren Mitarbeitenden alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen und Weisungen erlassen, damit der Kontakt mit den Kunden sicher ist und auf das Minimum reduziert wird», sagt Schilirò.



Dieses Vorgehen würde laufend geprüft und bei Bedarf an die neuesten Bestimmungen des Bundes und der Kantone angepasst, sagt Schilirò.

Jürg Schubiger, Geschäftsführer und Verwaltungsratspräsident der Schubiger Möbel AG, sagt, dass auch sein Unternehmen derzeit einen leichten Nachfrageanstieg im Online-Bereich feststellt. «Wir gehen davon aus, dass das in den nächsten Wochen noch zunehmen wird – insbesondere auch deshalb, weil wir nun ausschliesslich noch Werbung für diesen Kanal machen werden.»

Keine Lageraufstockung

Aktuell funktioniere die Logistik und das Möbelabhollager noch einwandfrei – aber auf Hochtouren. Momentan gebe es keine Probleme und Engpässe. «Die Frage ist höchstens, ob künftige Anlieferungen von Kommissionsmöbel in den nächsten Wochen noch zuverlässig funktionieren. Aktuell ist dies bis auf Österreich noch der Fall.»

Schubiger sagt, dass nicht viel getan werden könne, um das Angebot sicherzustellen. «Wir verkaufen Lagerware ab Lager nach dem Motto First Come – First Serve.» Eine Nachlieferung würde in der Regel mehrere Wochen dauern.

Über genügend Personal verfüge man bei Schubiger Möbel. «Das Personal können wir aus den anderen Abteilungen – beispielsweise Hauswart- oder Lagerbereich – umlegen, sodass wir hier keine Engpässe haben werden», sagt Schubiger. Auch würde mit Temporärmitarbeitenden zusammengearbeitet.

Der Zutritt zur Wohnung bei der Auslieferung von Möbel durch die Schubiger Möbel AG erfolgt nur  durch ein explizites Einverständnis. 
Der Zutritt zur Wohnung bei der Auslieferung von Möbel durch die Schubiger Möbel AG erfolgt nur  durch ein explizites Einverständnis. 
Keystone

Für die Auslieferung von Möbel gebe es klare Anweisungen, die die Mitarbeit einhalten müssten. «Vor Jahren haben wir bereits viele Mundschutzmasken für unsere Mitarbeiter eingekauft, die wir nun aktuell den Lieferleuten für die Auslieferung mitgeben können», sagt Schubiger.

Zudem würde der Kunde bereits bei der Lieferavisierung auf das Coronavirus und dessen Ansteckungspotenzial aufmerksam gemacht, damit er bei Bedarf die Lieferung verschieben könne.

Vor dem Wohnungszutritt werde jedem Kunden ausserdem ein Schreiben abgegeben und dessen Einverständnis für den Zutritt eingeholt.

«Ich war persönlich noch letzte Woche einen Tag auf Lieferbegleitung, habe diese Schreiben abgegeben und wollte mir einen Eindruck der Lage vor Ort machen. Die Kunden haben unsere Vorkehrungen sehr geschätzt, und bis dato hatten wir nur wenige Lieferterminabsagen», so Geschäftsführer Jürg Schubiger.

Möbel vor der Tür absetzen

Erfahrungen mit reiner Online-Abwicklung hat die Plattform Home24. Auch dieses Unternehmen hat sich gegen das Coronavirus gerüstet. Sprecherin Anne Gaida sagt, dass die Kundenberater im Home-Office arbeiten würden.

Die Lagermitarbeiter hätten zudem spezifische Hygiene-Auflagen für den richtigen Umgang mit den Produkten, um ihre eigene Gesundheit und die der Kundinnen und Kunden jederzeit zu gewährleisten.

«Wir haben frühzeitig die Hygienerichtlinien in unseren Logistik-Zentren verstärkt und mit unseren Auslieferpartnern Lösungen definiert, die sich eng an den Empfehlungen von Gesundheitsexperten und Behörden orientieren», sagt Gaida. So würden Bestellungen nicht mehr bis in die Wohnung, sondern vor die erste verschlossene Tür geliefert.

Auch Home24 erwartet in den nächsten Tagen und Wochen ein steigendes Bestellvolumen. «Sobald sich unsere Kundinnen und Kunden mit der neuen ungewohnten Situation arrangiert haben und mehr Zeit zu Hause verbringen», sagt Gaida.



Mit den Zulieferern sei man im engen Austausch. «Wir passen unseren Nachbestell-Algorithmen dynamisch auf die veränderte Situation an. Insgesamt können wir als Online-Shop sehr flexibel auf die aktuelle Situation reagieren», so Gaida.

Bereits letztes Jahr habe Home24 in mehr als 70 Prozent zusätzliche Lagerkapazität investiert. Gaida sagt: «Wir sind gut vorbereitet auf zukünftiges Wachstum. Unsere intelligente Software gibt uns die Möglichkeit, Bestellungen, Kapazitäten und Bestände sehr gut aufeinander abzustimmen und präzise Voraussagen zu treffen.»

Auch bezüglich Personal sei man gut vorbereitet. «Aktuell sind wir sehr gut aufgestellt, um zuverlässige und pünktliche Auslieferungen zu gewährleisten», sagt Gaida.

Ikea als grösster Möbelhändler der Schweiz bereitet sich auf die kommende Zeit vor. «Unsere Kundenservice-Heldinnen und Helden arbeiten mit voller Kraft an allen eingehenden Anfragen, um die jeweils beste Lösung zu finden», heisst es auf der Website des schwedischen Unternehmens.

Es könne bei bestehenden Aufträgen aufgrund der aussergewöhnlichen Situation aber zu Veränderungen kommen.

Die Coronavirus-Krise:  Eine Chronologie

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