Im Auto in den Abgrund Er wollte sich und seine Frau töten – und erhält 12 Jahre Haft

red

3.11.2023 - 14:30

Er wollte sich mit seiner Frau im Auto zu Tode stürzen. Sie überlebten wir durch ein Wunder. Jetzt ist der Täter für die versuchte Tötung verurteilt. 
Er wollte sich mit seiner Frau im Auto zu Tode stürzen. Sie überlebten wir durch ein Wunder. Jetzt ist der Täter für die versuchte Tötung verurteilt. 
IMAGO/Peter Schickert

Er entführte seine Frau und fuhr mit ihr im Auto in einen Abgrund. Beide überlebten schwer verletzt. Jetzt hat das Gericht den 55-jährigen Täter der versuchten Tötung schuldig gesprochen worden. 

3.11.2023 - 14:30

«Die Schuld des Angeklagten wiegt schwer und die Art und Weise des Handelns ist grauenhaft «, sagte Gerichtspräsident Alain Rufener bei der Urteilsverkündung am Freitag. Das Gericht ging jedoch nicht von versuchtem Mord aus, sondern nur von versuchter Tötung.

Das Motiv sei egoistisch, aber es gebe keine wirklichen Vorbereitungshandlungen und kein methodisches Verhalten, urteilten die Richter. Eine Verwahrung ordnete das Gericht nicht an.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine unbedingte Freiheitsstrafe von 14 Jahren und sieben Monate für den 55-Jährigen sowie eine Verwahrung wegen des sehr hohen Rückfallrisikos gefordert. «Er hat keinerlei Bewusstsein für die Schwere seiner Taten, kein Einfühlungsvermögen gegenüber dem Opfer und ist für jede Behandlung undurchlässig», erklärte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Nicolas Aubert.

«Wenn er aus dem Gefängnis kommt, wird er mich umbringen wollen. Ich werde fliehen müssen, ich werde nicht mehr sicher sein», erklärte das 53-jährige Opfer. Die Frau leidet seit der Tat im Februar 2022 unter zahlreichen physischen und psychischen Folgen.

Therapie statt Verwahrung

Das Gericht ordnete für den Mann eine institutionelle Therapie anstelle der Verwahrung an. «Der Angeklagte hat zwar kein aufrichtiges Bedauern gezeigt und versucht, seine Schuld zu leugnen», erläuterte der Gerichtspräsident. «Doch auch wenn die therapeutischen Aussichten in weiter Ferne liegen, sind sie nicht inexistent», fügte er hinzu.

Weiter reduzierte das Gericht die Schuldfähigkeit des Angeklagten, der unter schweren Depressionen litt, um ein Viertel. Gemäss einem psychiatrischen Gutachten befand sich der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat «in einem Zustand extremer Eifersucht», wodurch seine Urteilsfähigkeit teilweise beeinträchtigt wurde.

Laut seinem Verteidiger glaubte der Angeklagte zudem, dass seine Frau ihn betrog. Weiter sei er überzeugt gewesen, dass er Opfer eines Hexenzaubers geworden war, da seine Frau eine Kartenlegerin eingeschaltet hatte.

Drohungen, Nötigung und Gewalt

Die Vergewaltigungen, die von der Verteidigung bestritten wurden, wurden vom Gericht anerkannt. «Die Aussagen der Klägerin sind klar und gemessen», erklärte der Gerichtspräsident. Da der Angeklagte seine Frau des Ehebruchs verdächtigte, «hat er die sexuellen Handlungen vervielfacht, mehr aus Provokation als aus Liebe».

Das Gericht stellte auch Drohungen und Nötigung fest. Die Gewalttätigkeiten waren wiederholt und der Angeklagte «ging so weit, dass er seine Frau an ihrem Arbeitsplatz überwachte».

Der Fall hatte den Kanton aufgewühlt, weil der Angeklagte am 15. Februar 2022 seine Frau angegriffen hatte, obwohl er wegen eines Gewaltausbruchs einige Tage zuvor ein Rayonverbot erhielt. Die Behörden erachteten die Schutzvorkehrungen als ausreichend. Zur Tatzeit wohnte das Opfer mit ihrem jüngeren Sohn bei ihrem älteren Sohn.

Während der Anhörung sagte der 55-Jährige: «Ich dachte, wenn ich sterben muss, muss die Person, die ich liebe, mit mir sterben». Er wartete mit einem Messer auf seine Frau, um diese gewaltsam zu entführen. Da einer seiner Söhne anwesend war, verletzte er diesen mit dem Messer.

Wie durch ein Wunder überlebt

Der Angeklagte versuchte anschliessend, sich und seine Frau zu töten, indem er sein Auto in Les Roches-de-Moron, einem Aussichtspunkt mit Blick auf den Doubs, über eine Klippe in den Abgrund lenkte. Das Auto fiel 135 Meter in die Tiefe und kam durch einige Bäume auf einer tieferen Ebene zum Stehen.

Laut Polizei und Staatsanwalt ist es «ein Wunder», dass das Opfer und der Angeklagte mit dem Leben davongekommen sind.

Der Angeklagte muss seiner Ex-Frau ausserdem eine Genugtuung für immateriellen Schaden in Höhe von 70'000 Franken bezahlen. Der Anwalt des Opfers hatte 150'000 Franken gefordert.

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    Refugium: Verein für Hinterbliebene nach Suizid

    Nebelmeer: Perspektiven nach dem Suizid eines Elternteils

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