Coronakrise Lockdown, Luftfahrt, Angestellte auf Abruf – die Entscheide des Bundesrats

SDA/gbi

8.4.2020 - 16:55

Der Bundesrat hat ein Ende des Lockdowns skizziert, neue Unterstützung für Arbeitnehmer und Unternehmen beschlossen und Hilfe für die Luftfahrt angekündigt. Zugleich betonte er: Wir sind noch nicht am Ziel.

Über keine Frage wurde in der Schweiz in den letzten Tagen häufiger diskutiert: Wann wird der Lockdown enden? Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga konnte am Mittwoch vor den Bundeshausmedien nun eine Zukunftsperspektive aufzeigen. Ausserdem informierte die Regierung über Hilfe für die angeschlagene Luftfahrtindustrie und diverse Massnahmen, die Arbeitnehmer und Unternehmen entlasten sollen.

Die Covid-19-Epidemie habe sich in der Schweiz stark ausgebreitet, hielt der Bundesrat fest. Die Geschwindigkeit der Ausbreitung habe in den vergangenen Tagen allerdings deutlich abgenommen. Die meisten Menschen hielten sich an die Regeln und schützten ihre Gesundheit und die der Risikogruppen, sagte Sommaruga.



Die meisten Menschen hielten sich an die Regeln und schützten ihre Gesundheit und die der Risikogruppen. Sommaruga zeigte sich sehr zufrieden mit dem Erreichten, warnte aber davor, schon jetzt nachzulassen. «Der Weg stimmt, aber am Ziel sind wir noch nicht», hielt die Bundespräsidentin fest. 

Fragiles Gleichgewicht

Gesundheitsminister Alain Berset erinnerte daran, dass die Zahl der Neuinfektionen und auch der Todesfälle weiter steige, wenn auch langsamer. Das Gleichgewicht sei fragil. Es gelte, die Regeln weiter einzuhalten, damit auch die Gesundheitseinrichtungen nicht unnötig belastet würden. Nur dann sei eine Rückkehr zur Normalität denkbar.

Aufgrund dieser epidemiologischen Entwicklung und gestützt auf Empfehlungen der Wissenschaft hat der Bundesrat beschlossen, die Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie um eine Woche bis zum 26. April zu verlängern. Noch vor Ende des Monats sollen die Massnahmen vorsichtig und schrittweise gelockert werden. Über die einzelnen Etappen dieser Lockerung will er nächste Woche entscheiden.

Laut Berset können zuerst jene Bereiche geöffnet werden, in welchen keine grösseren Menschenansammlungen entstehen und in welchen die Hygiene- und Abstandsregeln gut eingehalten werden können. Konkreter wurde er nicht.



Das Tempo der Lockerung werde von der Entwicklung der Epidemie bestimmt, sagte er. Das Licht am Ende des Tunnels werde sichtbar. Umso wichtiger sei es jetzt, durchzuhalten.

Hilfe für Luftfahrt-Branche

Bundespräsidentin und Verkehrsministerin Sommaruga hat zudem die Wichtigkeit der Luftfahrt für die Schweiz unterstrichen. Deshalb prüfe der Bundesrat Staatshilfen für die durch die Corona-Krise gebeutelte Industrie. Es gälten aber strenge Bedingungen: «Das Geld für die Luftfahrt muss in der Schweiz bleiben.»

Zudem dürften Unternehmen, die Bundeshilfen erhielten, keine Dividenden ausschütten, sagte Sommaruga. «Diese Bedingungen sind für den Bundesrat nicht verhandelbar.»

Die Regierung möchte insbesondere die Landesflughäfen sowie die Airlines vor einem Aus retten. «Zusammen bieten sie für unser Land eine wichtige Infrastruktur», sagte Sommaruga. Auch hingen rund 190'000 Arbeitsplätze indirekt an der Luftfahrtindustrie, die der Bundesrat erhalten wolle. 

Hilfe für Angestellte auf Abruf

Der Bundesrat hat ausserdem neue Massnahmen zur Entlastung der Arbeitnehmenden und Unternehmen beschlossen. Neu erhalten auch Arbeitnehmende auf Abruf Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung.

Das betrifft rund 200'000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsgrad um mehr als 20 Prozent schwankt. Gemäss neuer Regelung können sie in die Anträge einbezogen werden, sofern sie während mindestens sechs Monaten im gleichen Unternehmen gearbeitet haben. So soll verhindert werden, dass ihnen gekündigt wird.

Weiter beschloss der Bundesrat, das Einkommen aus einer Zwischenbeschäftigung während der Kurzarbeit nicht mehr an die Kurzarbeitsentschädigung anzurechnen. Das vereinfache einerseits das Auszahlungsverfahren und soll für Arbeitnehmer einen finanziellen Anreiz bieten, eine Zwischenbeschäftigung anzunehmen. Besonders im Gesundheitswesen, der Landwirtschaft oder der Logistik werde zurzeit Personal gesucht.

Selbstständige müssen weiter warten

Keinen Entscheid hat der Bundesrat zu jenen Selbstständigerwerbenden gefällt, die indirekt von den Massnahmen des Bundesrats betroffen sind und bisher nicht entschädigt werden. Eine Schwierigkeit ist, den Kreis der Anspruchsberechtigten festzulegen. Eine Lösung sei komplex, unter anderem wegen des Missbrauchsrisikos, sagte Volkswirtschaftsminister Guy Parmelin.

Ebenfalls keine Lösung gibt es für die Kitas und für das Problem der Geschäftsmieten, die auch für geschlossene Geschäfte weiterhin geschuldet sind. Der Bundesrat werde sich nicht in die privatrechtlichen Beziehungen zwischen Mietern und Vermietern einmischen, hiess es.

Auch die Medien können nicht auf besondere Hilfe des Bundes zählen.

Arbeitslosigkeit von 7 Prozent droht

Die Szenarien für die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Schweizer Wirtschaft sind gemäss Wirtschaftsminister Guy Parmelin düster: Bis zu sieben Prozent Arbeitslosigkeit könnten Realität werden.

Die Wirtschaft sei von den Massnahmen des Bundesrates enorm betroffen, sagte Parmelin vor den Medien. Bereits sei die Arbeitslosigkeit auf knapp 3 Prozent gestiegen, 30 Prozent der Arbeitnehmer oder 1,5 Millionen Personen befänden sich in Kurzarbeit. Schätzungen gingen bereits jetzt von einem Produktionsausfall von 25 Prozent aus.



«Wir müssen uns auf eine tiefe Krise einstellen, die lange dauert», sagte Parmelin weiter. Die Wirtschaft müsse unterstützt werden, aber gleichzeitig müssten die Ressourcen geschont werden. Deshalb werde sich der Staat auch nicht überall einmischen. Dort, wo gearbeitet werden könne, müsse das auch gemacht werden, damit die wirtschaftliche Wertschöpfung auf einem möglichst hohen Niveau beibehalten werden könne.

Gleichzeitig müssten die Hygienemassnahmen strikt befolgt werden. Das sei vor allem wichtig in den Sektoren, die Ende des Monates Schritt für Schritt wieder geöffnet würden. «Wir können uns keine neuen Infektionsherde erlauben», sagte Parmelin, denn jede Verlängerung der Einschränkungen könnte die Schweiz teuer zu stehen kommen.

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