Dok-Film über Rapper Besko «Lieber geschlossen in der Schweiz als hier in Pristina»

lpe

11.2.2022

Rapper Besko auf dem Weg zum Bezirksgericht Uster im August 2020.  (KEYSTONE/Alexandra Wey)
Rapper Besko auf dem Weg zum Bezirksgericht Uster im August 2020.  (KEYSTONE/Alexandra Wey)
Keystone/Alexandra Wey

Rapper Besko galt als Integrationsfigur und Vorzeigehäftling schlechthin – doch dann wurde er ausgeschafft, nicht einmal, sondern zweimal. Ein Film dokumentiert 20 Jahre seiner turbulenten Geschichte.

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11.2.2022

Der Dokumentarfilm über Rapper Besko entstand eigentlich nur durch einen Zufall. Als Filmemacher Ciril Tscheligi den damals 16-jährigen Besijan Kacorraj 2001 zum ersten Mal traf, war er Schüler einer Realklasse im Schulhaus Feld, die er für einen Dok-Film porträtierte.

Damals sprach Kacorraj davon,  dass er Hochbauzeichner werden will. Gleichzeitig nannte er das Verkaufen von Drogen eine Option, um viel Geld zu verdienen –  die Zerrissenheit zwischen diesen zwei Lebensentwürfen würde Besijan Kacorraj sein Leben lang nicht ablegen können.

Dabei startete sein Leben in der Schweiz in einem behüteten Rahmen: 1985 kam Kacorraj mit sechs Monaten in die Schweiz. Bis er sieben war, lebte er bei einer Pflegefamilie, da seine Mutter wegen ihrer Jobs kaum Zeit hatte für ihn. Diese Zeit bezeichnet er als grosses Glück, er habe Liebe bekommen, Anstand und Respekt gelernt und sich zu einem richtigen «Oberschweizer» entwickelt.

Doch dann erhält seine Mutter das Sorgerecht zurück: Besko zieht vom Zürcher Oberland zur Mutter in den Zürcher Kreis 4 – er wird vom «Oberschweizer» zum «Schwipi», so hätten ihn seine Mitschüler*innen damals bezeichnet. Zu diesem Zeitpunkt erzählt Kacorraj Tscheligi zum ersten Mal von seinen Berufsträumen, und bezeichnet die Schweiz als «seine zweite Heimat».

Was Tscheligi damals noch nicht erahnen kann: Durch Kacorrajs Stiefvater erhascht dieser erste Blick in eine kriminelle Welt, zu Hause gab es Waffen, Bargeld und Drogen. Sein Stiefvater sei «professioneller Dieb» gewesen, sagte er Jahre später über diese Zeit. 

Besijan Kacorraj driftet danach selbst in diese kriminelle Welt ab: Er beginnt mit Drogen zu dealen, ein bewaffneter Raubüberfall auf eine Zürcher Denner-Filiale bringt ihn 2009 für knapp fünf Jahre ins Gefängnis.

Als Rapper wurde er zum Vorzeigehäftling

Im offenen Strafvollzug, zwölf Jahre nach dem ersten Treffen, sieht Tscheligi ihn wieder: Kocarraj macht eine Ausbildung als Koch, arbeitet mit Jugendlichen. Er macht Musik. Aus dem Kacorraj wird zu Rapper Besko und zur Integrationsfigur schlechthin.

Doch über ihm schwebt ein Damokles-Schwert: Die Schweiz hat während seiner Haft die Ausschaffungs-Initiative angenommen. Das hat auch Konsequenzen für Besko, der zwar fast sein ganzes Leben in der Schweiz verbracht hat, jedoch nicht Schweizer Staatsbürger ist.

Die Ausschaffung droht. Derweil heiratet Besko, er erhält einen internationalen Ehe-Schein, seine Ehefrau nicht. Sie sei halt 100 Prozent Schweizerin, sagt die Standesbeamtin. Besko entgegnet: «Ich bin auch 100 Prozent Schweizer», er habe nur den Schweizer Pass nie beantragt.

Berzo: Lieber in der Schweiz in Haft, als in Pristina

2016 muss er die Schweiz endgültig für mindestens fünf Jahre verlassen. Seine Ehe ging in die Brüche, seinen Sohn muss er zurücklassen. In Pristina baut er sich eine neue Existenz auf, ein Callcenter, vom Rapper wird er zum Unternehmer. Doch richtig angekommen ist Besko hier nicht, als ihn Tscheligi 15 Monate nach seiner Ankunft besucht. Er vermisst seinen Sohn, seine Heimat. Lieber sässe er in Haft in der Schweiz, als hier jeden Tag kämpfen zu müssen.

Mit einem besonderen Visum darf Besko zweimal seine Familie in der Schweiz besuchen. Beim zweiten Mal begeht Besko einen Raubüberfall in Dübendorf – wegen einer Auseinandersetzung mit kosovarischen Clans brauchte er Geld, erklärt er Tscheligi, als er ihn im Gefängnis in der Schweiz 2020 besucht.

Hier endet der Dokumentarfilm, der zum ersten Mal am Solothurner Filmfestival und nun auch auf SRF ausgestrahlt wurde. Das neuste Kapitel von Beskos Geschichte begann im Dezember 2021:  Er wurde zum zweiten Mal ausgeschafft: Die nächsten zehn Jahre darf er nicht in den Schengenraum zurückkehren, auch nicht in die Schweiz. Sein neues Leben baut er in Albanien auf. Mit der Schweiz habe er abgeschlossen.