Rennen um Berset-Nachfolge Politologe sieht Jositsch vor Jans – «nur nicht in der SP-Fraktion»

Von Gil Bieler

23.9.2023

Basler Regierungspräsident Beat Jans will Bundesrat werden

Basler Regierungspräsident Beat Jans will Bundesrat werden

Der Basler Regierungspräsident und frühere Nationalrat Beat Jans (SP) will Bundesrat werden. Er ist damit der vierte Kandidat für die Nachfolge von Alain Berset.

22.09.2023

Jetzt sind es vier: Auch Beat Jans will für Bundesrat Alain Berset nachrücken. Was spricht für, was gegen den Basler? Und wie steht Daniel Jositsch da? Politgeograf Michael Hermann macht den Formcheck.

Von Gil Bieler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Beat Jans will in den Bundesrat. Der Basler Regierungspräsident und alt Nationalrat gab seine Kandidatur am Freitag bekannt.
  • Damit sind es jetzt vier Bewerber um den frei werdenden Sitz von Bundesrat Alain Berset. Neben Jans haben auch der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch, der Berner Nationalrat Matthias Aebischer und der Basler Nationalrat Mustafa Atici ihre Interessen am Bundesratssitz bekundet.
  • Für den Politgeografen Michael Hermann von der Forschungsstelle Sotomo ist klar: Daniel Jositschs grösste Herausforderung wird es sein, die eigene Partei zu überzeugen.
  • Am 25. November wird die Bundeshausfraktion der SP die offiziellen Kandidat*innen ernennen.

Vier Kandidaten haben sich bisher aus der Deckung gewagt, Beat Jans und Daniel Jositsch wird dabei die Favoritenrolle zugesprochen. Einverstanden?

Bei Daniel Jositsch gilt es grundsätzlich festzuhalten: Er wäre in der Bevölkerung und womöglich auch im Parlament der Favorit, aber nicht unbedingt in der eigenen Fraktion. Er hat mit seinem Vorpreschen bei der letzten Vakanz, als er den Frauenvorrang kritisierte, viel Geschirr zerschlagen. Die grösste Hürde für ihn ist es darum, von der Fraktion als offizieller Kandidat aufgestellt zu werden. 

Dennoch: Jositsch geniesst dieses Mal den Rückhalt der Zürcher SP und sitzt im Gegensatz zu Beat Jans noch im Bundeshaus. Ist er trotzdem chancenlos?

Chancenlos ist er sicher nicht, aber es wird sehr schwierig für Jositsch, aufs Kandidatenticket zu kommen. In der SP gibt es grossen Widerstand gegen ihn, und wenn genügend valable Kandidat*innen zur Verfügung stehen – was meiner Meinung nach schon jetzt der Fall ist –, dann wird man ihn verhindern wollen. Schon vor einem Jahr landete Elisabeth Baume-Schneider auf dem Ticket, was für viele überraschend kam. Das zeigt: Hier kommen ganz eigene Regeln zum Tragen.

Angenommen, es kommt dennoch zum Doppelticket Jans/Jositsch. Wer hätte denn bei den anderen Parteien die Nase vorne?

Tendenziell Daniel Jositsch, weil er auch auf der bürgerlichen Seite viel Unterstützung findet. Wobei sein Verhalten vor einem Jahr auch ausserhalb der SP nicht nur Begeisterung ausgelöst hat. Zudem ist Jans 2020 aus dem Parlament ausgeschieden, was ebenfalls für Jositsch spricht. 

Bei der letzten Vakanz, als der Bundesratssitz von Simonetta Sommaruga frei wurde, war die Herkunft der Kandidatinnen ein grosses Thema. Basel wartet seit 50 Jahren auf einen Bundesrat – ein Vorteil für Beat Jans?

Das letzte Mal hat sich schon gezeigt: Es ist ein breit diskutiertes Thema, für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier aber das, was am wenigsten zählt. Da stellen sich erst machtpolitische Fragen oder die Frage nach der Persönlichkeit und dem politischen Profil der Kandidierenden.

Einige bekannte Namen in der SP lassen sich noch nicht in die Karten blicken, unter anderem der SP-Co-Parteichef Cédric Wermuth, die ehemalige Berner Nationalrätin Evi Allemann und der Bündner Nationalrat Jon Pult. Auf wen warten Sie besonders interessiert?

Die drei Namen finde ich alle spannend – zumindest spannender als die Berner Nationalrätin Tamara Funiciello und andere, die ebenfalls als Kandidat*innen gehandelt werden. Aus unterschiedlichen Gründen: Bei Cédric Wermuth würde sehr viel auf dem Spiel stehen, weil er Co-Parteipräsident ist. Daraus könnte sich eine ganz eigene Dynamik ergeben. Bei Evi Allemann käme die Frauenthematik wieder ins Spiel, ausserdem wurde sie bei der Sommaruga-Nachfolge Opfer einer Frontstellung und hätte jetzt, im zweiten Anlauf, sogar besserer Chancen. 

Und was spricht für Jon Pult?

Er vertritt als Bündner eine nochmals andere Region der Schweiz und ist ein besonderes politisches Talent. Aber Talente sind nicht unbedingt die, die am Ende auch in den Bundesrat gewählt werden.