Genitalverstümmelung Islamischer Zentralrat verteidigt Variante der Frauen-Beschneidung

uri

19.2.2018

Qaasim Illi, Pressesprecher des IZRS. (Archiv)
Qaasim Illi, Pressesprecher des IZRS. (Archiv)
Keystone

In der Schweiz sind alle Formen der Verstümmelung weiblicher Genitalien verboten. Auch Personen, die im Ausland eine weibliche Genitalbeschneidung durchführen lassen, machen sich hierzulande strafbar. Dennoch hält der Islamische Zentralrat Schweiz IZRS eine bestimmte Variante für legitim.

Wie der Tages-Anzeiger berichtet, hat der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) ein «islamisches Rechtsgutachten» ausgearbeitet, das eine Form der weiblichen Beschneidung rechtfertigen soll. Dabei handelt es sich um die sogenannte «Sunna-Praxis», bei der die Klitorisvorhaut entfernt wird. In einem Text, der der Zeitung vorliegt, schreibt der IZRS, diese moderate Form sei nach Meinung der meisten Gelehrten «islamisch legitim».

Zu den Pflichten für Muslime gehörten demnach «die Beschneidung, das Abrasieren/Entfernen der Schamhaare, das Kürzen des Schnurrbarts, das Schneiden der Finger- und Fussnägel sowie das Auszupfen der Achselhaare.» Naturgemäss gebe es für Frauen nicht die Pflicht des Schnurrbart-Kürzens, was indes die Beschneidung angehe, stelle sich die Frage, ob auch dies eine «Pflicht» sei. Hier gingen die Meinungen auseinander. 

Auf Nachfrage erhielt der «Tages-Anzeiger» von IZRS-Generalsekretärin Ferah Ulucay die Antwort, dass der IZRS zur Sunna-Beschneidung keine Empfehlung abgebe. Es sei jeder Muslimin freigestellt, wie sie das handhaben wollte. 

Eingriff in die körperliche und psychische Unversehrtheit

Anders stellt sich das jedoch in einem Tweet von IZRS-Pressesprecher Qaasim Illi dar, in dem dieser meint, zwischen der Entfernung der Klitorisvorhaut und einer Genitalverstümmelung müsse unterschieden werden. Die «Sunna-Beschneidung» sei zwar keine Pflicht, jedoch empfohlen und erzeuge keine Schäden oder Nachteile.

Als weibliche Genitalverstümmelung gilt gemeinhin die teilweise oder totale Entfernung oder sonstige Verletzung der äusseren weiblichen Geschlechtsorgane aus nicht medizinischen Gründen. Historisch nachweisen lässt sich die Praxis erstmals im alten Ägypten. Sie ist damit älter als das Christentum oder der Islam, wird heute aber vor allem in Afrika und im Mittleren Osten vollzogen. Und hier vor allem unter Muslimen, jedoch auch unter Christen, äthiopischen Juden und Anhängern von Naturreligionen.

In der gesamten Europäischen Union und in der Schweiz ist die Verstümmelung weiblicher Genitalien als Eingriff in die körperliche und psychische Unversehrtheit ein Straftatbestand und kann hierzulande mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bestraft werden. Die Praxis ist als Kindesmissbrauch anerkannt - sowohl die UNO als auch die WHO beklagen bei betroffenen Frauen schwere gesundheitliche und psychische Schäden. Rechtlich wird nicht zwischen mehr und weniger schädlichen Eingriffen unterschieden.

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