Murgänge und Felsstürze Die Berge bröckeln – und werden zur Gefahr für Wanderer

uri

15.8.2019

Nach einem Felssturz ist die Kantonsstrasse zwischen Innerferrera und Avers abgeschnitten.
Nach einem Felssturz ist die Kantonsstrasse zwischen Innerferrera und Avers abgeschnitten.
Bild: Keystone

Die extremen Wetterereignisse nehmen in der Schweiz zu. Damit einher gehen Felsstürze, Murgänge und Überflutungen, die zunehmend auch für Wanderer und Ausflügler gefährlich werden.

Das Wallis und das Bündnerland erholen sich langsam von den Folgen des Starkregens am vergangenen Sonntag und Montag. In beiden Bergkantonen war es zu schweren Abgängen und Überflutungen gekommen.

Nachdem sich die Losentse in einen reissenden Strom verwandelt hatte, werden in Chamoson VS noch immer ein sechsjähriges Mädchen aus Frankreich und ein 37-jähriger Genfer vermisst, die in ihrem Auto von den Fluten mitgerissen wurden.



In der Bündner Gemeinde Brienz donnerte am Dienstag ein 100 Tonnen schwerer Felsbrocken direkt an einem Kindergarten vorbei ins Dorf. Und das Avers-Tal ist nach einem Erdrutsch weiterhin von der der Aussenwelt abgeschnitten. Das freilich waren nur die extremsten Ereignisse der letzten Tage. Vielerorts kam es zu ähnlichen, bloss weniger spektakulären Abgängen.

Erst vor wenigen Tagen ging ein Steinschlag auf das Seil nieder, das zum Gipfel des Grand Combin im Wallis führt. Eine Gruppe von Alpinisten aus Italien war zur falschen Zeit am falschen Ort: Eine Person aus Italien und ein Bergführer kamen ums Leben. Leider kein Einzelfall: Rund 50 Personen sterben jedes Jahr in den Schweizer Alpen und im Jura. 

Häufiger grosse Felsstürze

Simon Löw, Professor am Geologischen Institut der ETH Zürich, meint, man könne einen Teil dieser Ereignisse auf teils lokal sehr starke Niederschläge zurückführen, wie er «20 Minuten» sagte. Schliesslich steige bei Regen die Gefahr von Felsstürzen stets drastisch an. Allerdings zeige auch der Klimawandel Folgen: Die Gletscher gingen zurück und Permafrostböden würden auftauen, was dazu führe, dass die Berge instabil würden. Zudem beeinflusse der Klimawandel auch die Dynamik und Intensität der Niederschläge ungünstig.

Laut Löw dürfte es in den Alpen künftig noch gefährlicher werden. So zeige eine aktuelle Forschungsarbeit zwar, dass es in den letzten 300 Jahren nicht häufiger zu Bergstürzen gekommen sei. Doch in den letzten Jahrzenten sei es immer häufiger zu grossen Felsstürzen von bis zu mehreren 100'000 Kubikmeter Volumen gekommen.

Laien können Gefahren nicht einschätzen

Der Wissenschaftler meint, dass in der Schweiz zwar generell viel tue, um die Risiken zu minimieren. Doch auf Wanderwegen im Gebirge lebten Laien nun gefährlicher, weil sie die «Gefährlichkeit einer Situation nur schlecht einschätzen» könnten.



Arthur Sandri von der Abteilung Gefahrenprävention beim Bundesamt für Umwelt (Bafu) appellierte deshalb gegenüber «20 Minuten» an die Eigenverantwortung des Einzelnen: Man schütze sich am besten, wenn man «die Gefahrenkarte beachtet und sich während Starkniederschlägen nicht in exponierten Gebieten aufhält».

Manche Bergführer halten das nicht überall für ausreichend. Erst kürzlich forderten örtliche Alpinisten nach dem Absturz eines Bergführers und seines Gasts am Matterhorn, dass der Berg gesperrt wird. Laut «Tages-Anzeiger» hielten sie das Matterhorn inzwischen als «zu instabil und deshalb zu gefährlich, um als Touristenattraktion herzuhalten».

Bilder aus der Schweiz
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