Britin auf Heimweg getötet «Solange Frauen auf der Strasse Angst haben, haben wir alle ein Problem»

jka

16.3.2021

Eine junge Frau ist Grossbritannien auf dem Heimweg entführt und getötet worden. Nun berichten Tausende Frauen weltweit von ihren Ängsten und geben Tipps, wie man sich auf der Strasse sicherer fühlen kann. Laut Schweizer Politikerinnen liegt das Problem aber viel tiefer.  

3. März 2021, 21 Uhr: Die Britin Sarah Everard macht sich nach einem Besuch bei einer Freundin auf den Heimweg. Dort kommt sie jedoch nie an. Tage später findet die britische Polizei die Überreste der jungen Frau in einem Waldstück in der südostenglischen Grafschaft Kent. Sie wurde getötet. 

Dringend tatverdächtig ist ein Londoner Polizist. Der Mann soll die 33-Jährige am 3. März abends auf dem Heimweg entführt und anschliessend umgebracht haben. Er befindet sich mittlerweile in Polizeigewahrsam. Eine wegen Beihilfe festgenommene Frau – wahrscheinlich die Ehefrau des Verdächtigen – kam gegen Kaution auf freien Fuss.

Der Tod von Everard bewegt Grossbritannien – und die Welt. Unter dem Hashtag #TextMeWhenYouGetHome teilen Frauen von überall her auf Social Media ihre Erfahrungen und geben Tipps, wie man sicher nach Hause kommt. 

Pfefferspray, Schlüssel und Handy

Die Rede ist davon, auf dem Heimweg ein Telefonat vorzutäuschen, um sich sicherer zu fühlen. Auch das Mittragen eines Pfeffersprays sowie die Schlüssel stets in der Hand zu halten, um sich notfalls damit wehren zu können, werden empfohlen. 

Aber solche Ratschläge gehen nicht weit genug – sie bekämpfen vielmehr die Symptome eines Problems als die Ursache, so die weit verbreitete Meinung unter Expertinnen und Experten. Im Gespräch mit 20 Minuten fordern verschiedenste Politikerinnen deshalb Massnahmen, um Frauen  besser zu schützen. 

SP-Nationalrätin Tamara Funiciello fasst zusammen: Wenn es um Gewalt an Frauen gehe, fänden das alle schlecht – sobald es um konkrete Massnahmen gehe, sei aber niemand bereit, Verantwortung zu übernehmen. Es liege nicht an den Frauen selbst, Sicherheitsmassnahmen zu ergreifen, vielmehr müsse die Gesellschaft etwas unternehmen. 

Thema im Schulunterricht angehen 

Demnach wäre es eine Möglichkeit, das Thema im Rahmen des Schulunterrichts anzugehen. Konkret heisst das laut Julia Baumgartner, politische Sekretärin der SP Basel-Stadt: Bereits während der Schulzeit sollten junge Männer lernen, wie sie sich nachts auf der Strasse und generell im Alltag verhalten sollten. 

Auch Politikerinnen aus dem bürgerlichen Lager sprechen sich dafür aus, mit der Sensibilisierung bereits in der Schule zu beginnen. Gemäss Sarah Bünter, Präsidentin der Jungen Mitte, sollte der Fokus beim Thema künftig eher auf der Prävention statt auf Strafe liegen. 

Für Tamara Funiciello ist klar: Solange Frauen in unserer Gesellschaft Angst hätten, hätten wir alle ein Problem. 


Haben Sie selbst einen sexuellen Übergriff erlebt? Hier finden Sie Hilfe. 

Die Opferhilfe Schweiz hilft Ihnen, die traumatische Erfahrung zu bewältigen und informiert Sie über Ihre Rechte. 

Auch bei der Polizei gibt es Hilfe.