Infektiologe Pietro Vernazza «Pandemiemassnahmen müssen evidenzbasiert aufgearbeitet werden»

SDA/dor

7.3.2023 - 01:02

Bundespräsident Berset ist bereit vom Parlament angehört zu werden

Bundespräsident Berset ist bereit vom Parlament angehört zu werden

Bundespräsident Alain Berset ist bereit, vor dem Parlament zu den Indiskretionen zwischen seinem ehemaligen Kommunikationschef und den Medien während der Corona-Pandemie auszusagen. Dies sagte er in einem Interview mit Keystone-SDA am Rande des WEF in Davos. Es sei legitim, Antworten auf die Fragen der Parlamentarier zu geben auch wenn er keinen Zugang zu den Akten habe. «Die Geschäftsprüfungskommissionen sind der richtige Ort», sagt der Bundespräsident. Aufgrund des laufenden Strafverfahrens äusserte sich Berset nicht konkret zu den Vorwürfen. Die «Schweiz am Wochenende» hatte am Samstag berichtet, Bersets früherer Kommunikationschef Peter Lauener habe dem «Blick»-Verlag Ringier wiederholt vertrauliche Informationen zu geplanten Covid-Massnahmen des Bundesrats übermittelt. Die Zeitung stützte sich nach eigenen Angaben auf Mails und Einvernahmeprotokolle, die der Redaktion vorlagen.

18.01.2023

Der Mediziner Pietro Vernazza kritisiert, dass auch junge Menschen zur Impfung gegen Covid aufgefordert wurden. Der Infektiologe fordert zudem vom Bund eine evidenzbasierte Aufarbeitung der Corona-Pandemie. 

Der Schweizer Infektiologe Pietro Vernazza kritisierte im Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung», dass in der Corona-Pandemie Jugendliche eine Impfung eines bis dahin kaum bekannten Impfstoffes erhielten. Die untere Altersgrenze für Covid-Impfstoffe hätte laut Vernazza zwischen 40 und 60 Jahren liegen sollen. Man könne sich über die Altersgrenze streiten, sie «aber ganz sicher nicht bei 12 Jahren» ansetzen, so Vernazza. Das Risiko für schwere Verläufe bestehe bei älteren Menschen – «also musste man vorwiegend die älteren Menschen impfen», sagt der Mediziner. 

«In einer solchen Situation sollte man grundsätzlich mit neuen Medikamenten zurückhaltend sein», sagte der ehemalige Chefarzt für Infektiologie und Spitalhygiene am St. Galler Kantonsspital in der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Dienstag. Bis heute würden Daten zu den Risiken grösstenteils fehlen.

Vernazza kritisierte zudem, dass der Bund die Massnahmen während der Corona-Pandemie nicht aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse aufarbeiten wolle. «Die Pandemiemassnahmen müssen evidenzbasiert aufgearbeitet werden, und es ist klar, dass der Bund das vermeiden will», sagte Vernazza. «So sei diese Aufgabe ausgerechnet Patrick Mathys übertragen worden, dem für die Pandemievorbereitung verantwortlichen BAG-Mitarbeiter. Auch die Medien hätten wenig Interesse daran, das genau hingeschaut würde.

Der Infektiologe Pietro Vernazza. (Archivbild)
Der Infektiologe Pietro Vernazza. (Archivbild)
Bild: Keystone/Martial Trezzini

Weniger Impfung, mehr Vitamin D und Steroide

Rückblickend würde sich der mittlerweile pensionierte Chefarzt vehementer für die Abgabe von Vitamin D und Steroide einsetzen. Auch er habe die Impfung «euphorisch begrüsst». «Auch da wäre ich heute vorsichtiger und würden den Zulassungsdaten nicht mehr so blauäugig glauben.»

SDA/dor