Luganeser StadtratFilippo Lombardi zweifelt am Nutzen der Ukraine-Konferenz
Swisstxt, gbi
27.6.2022
An der Ukraine-Konferenz im Tessin dürfte kein grosser Wurf gelingen, glaubt der ehemalige Ständerat und Luganeser Stadtrat Filippo Lombardi. Aber im Verhältnis zur EU sieht er für die Schweiz durchaus Chancen.
Swisstxt, gbi
27.06.2022, 15:57
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«Wenn grosse Führer versuchen, miteinander zu reden, werden selten grossartige Ergebnisse erzielt»: Filippo Lombardi erwartet von der Ukraine-Konferenz in Lugano Anfang Juli wenig Substanzielles: Das machte der ehemalige Tessiner Ständerat und heutige Stadtrat von Lugano in einem Interview mit der Zeitung «Le Matin Dimanche» klar. Überhaupt stelle sich die Frage, ob es sinnvoll sei, über den Wiederaufbau der Ukraine zu sprechen, wenn der Krieg im Land noch andauere.
Die Konferenz biete gleichwohl die Chance zum Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die ihre Teilnahme an der Lugano-Konferenz zugesagt hat.
Eine Chance für Cassis
«Es ist eine Gelegenheit zu zeigen, dass Bern und Brüssel etwas weniger weit voneinander entfernt sind, als man denkt», glaubt Lombardi. Die Bemühungen, die die Schweiz mit dieser Konferenz unternehme, müssten anerkannt werden – gleichzeitig müssten Differenzen mit der Europäischen Union in der Sanktionsfrage vermieden werden. Bundespräsident Ignazio Cassis sollte die Gelegenheit nutzen, um einen Schritt weiterzukommen, findet Lombardi.
Regierungsrat Norman Gobbi: «Wir möchten zeigen, dass das Tessin bereit ist»
Die Ukraine-Konferenz wird für Lugano zur Premiere: Ein internationaler Anlass dieses Ausmasses wurde im Tessin noch nie durchgeführt, sagt Regierungsrat Norman Gobbi im Gespräch mit blue News. Dennoch solle der Alltag möglichst normal weitergehen.
20.06.2022
Die Menschen im Tessin würden sich «hauptsächlich für die Logistik und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten interessieren. Sie sprechen über das, was sie direkt angeht, und wagen sich nicht an grosse politische Analysen», sagt der Mitte-Politiker. Dies erkläre sich auch dadurch, dass Lugano im Gegensatz etwa zu Genf keine Erfahrung in der Durchführung grosser internationaler Konferenzen hat.
Seiner Meinung nach wird die Konferenz eine Art kostenlose Marketingkampagne für die Stadt sein.
Als Vermittlerin komme die Schweiz nicht mehr infrage
Und wie sieht es mit dem Image des Bundes aus? «Wir haben bereits am dritten Tag des Konflikts entschieden, auf welcher Seite wir stehen, und die Sanktionen gegen Russland vollständig übernommen. Daran wird die Konferenz nichts ändern, aber das schliesst aus, dass die Schweiz in naher Zukunft die Rolle der Vermittlerin übernehmen könnte. Andere Länder werden es tun», ergänzte Lombardi, der lange Jahre in der Aussenpolitischen Kommission in Bern tätig war.